Von Volker Knab
Hockenheim. Sowohl der Fachwerkbau als auch der Name "Güldener Engel" weisen auf die uralte Tradition des 1690 erbauten Gebäudes in der Innenstadt hin. Mit Mario Böhm hat ein gebürtiger Hockenheimer zum Jahresbeginn die Leitung des Gasthauses mit gutbürgerlicher deutscher Küche übernommen.
Allerdings ist der "Güldene Engel" wie die übrige Gastronomie im ganzen Land seit Anfang November für den regulären Publikumsverkehr geschlossen. In der Woche vom 11. Januar wollte Böhm eigentlich seine offizielle Geschäftsübernahme und die Wiedereröffnung feiern. Die Schließung im November aufgrund der Corona-Pandemie war noch unter der Leitung seiner Vorgänger, der Familie Greis, erfolgt. Doch mit der Verlängerung des Lockdowns – erst bis Ende Januar, dann bis zum 14. Februar – platzte auch die geplante Wiederaufnahme des Betriebs. Inzwischen liefert Böhm jedoch Speisen und Getränken aus. "Damit die Gäste uns kennenlernen", erklärt er. "Schließlich hatten wir seit November geschlossen."
Böhm ist gelernter Koch. In den vergangenen 13 Jahren hat er als stellvertretender Küchenchef im Marienhof in der Pfalz gearbeitet. Restaurantleiterin Christiane Hagen, die seit 13 Jahren zur Kernmannschaft des "Güldenen Engel" gehört, ist weiterhin Teil der Belegschaft. Besitzer des zweitältesten, denkmalgeschützten Fachwerkhauses in Hockenheim ist der Architekt Volker Grein.
Böhms Vorgänger, Christian Greis, hatte das Gasthaus vor 13 Jahren übernommen und sich nun altersbedingt entschieden, zum Jahresende 2020 aufzuhören. Als Böhm im März vergangenen Jahres davon erfuhr, machte er "gleich Nägel mit Köpfen", wie er berichtet. Seinen Vorgänger Christian Greis kannte der gebürtige Hockenheimer noch aus früheren Tagen. Mit dem Eigentümer des Hauses, Volker Grein, habe er sich schnell gut verstanden. "Wir waren uns auf Anhieb sympathisch", erzählt Böhm. Im August wurden dann die Verträge unterzeichnet.
Bei seinen Bemühungen bekam der 33-jährige Böhm, der aus einer alteingesessenen Gastronomie-Familie stammt, tatkräftige Unterstützung von seinen Eltern Jolanda und Franz-Jürgen Böhm, die einen Catering-Betrieb und vier Kioske am Hockenheimring betreiben. Auch Böhms Großvater ist in der Rennstadt kein Unbekannter: Kurt Böhm saß in den 1960er-Jahren über zwei Legislaturperioden hinweg im Hockenheimer Gemeinderat. "Während des Lockdowns haben wir auch schon kleinere Renovierungsarbeiten vorgenommen", erzählt der neue Chef des Gasthauses. So ließ er zum Beispiel die Küche nach seinen Bedürfnissen umgestalten. Tische und Wände erstrahlen in frischem, farblichem Glanz, und das Innere der Gaststätte wurde frisch verfugt.
Böhm will den Restaurantbetrieb weiterentwickeln und hegt große Pläne. Allerdings ist er in letzter Zeit wegen der pandemiebedingten Verzögerungen etwas vorsichtig geworden. "Ich hoffe auf eine richtige Eröffnung im späten Frühjahr", sagt er. Später will Böhm im "Güldenen Engel" auch Lehrlinge ausbilden – sowohl in der Küche als auch im Service. "Aber erst, wenn der Laden läuft", betont er. Die fachliche Kompetenz für die Erweiterung zum Ausbildungsbetrieb haben sowohl er als gelernter Koch als auch Restaurantleiterin Christiane Hagen. Sie ist ausgebildete Restaurantfachfrau für den Servicebereich.
Im unteren Teil des "Güldenen Engel" befindet sich ein historischer Gewölbekeller, der Platz für rund 40 Personen bietet. "Der Raum eignet sich gut für Familien- und Betriebsfeiern oder Themenbuffets", erzählt Böhm. Der Gewölbekeller ist über einen kleinen Treppenaufgang erreichbar und mit einem eigenen Thekenbereich sowie Toiletten ausgestattet. Nachdem sich die Eröffnung des Gasthauses nun weiter verzögert, will Böhm auch in diesem Bereich renovieren.
Das geschichtsträchtige Haus ist das Stammhaus der Familie Engelhorn. Es wurde 1690 von dem Kronenwirt Johann Georg Engelhorn für seinen Sohn Johann Jakob Engelhorn errichtet, steht auf einer von der Stadt Hockenheim am Gebäude angebrachten Tafel. Unter den Persönlichkeiten, die der Familie Engelhorn entstammen, gehört der Begründer der BASF, Friedrich Engelhorn. Außerdem wohnte im Jahr 1736 für kurze Zeit der kaiserliche General Prinz Eugen in dem Haus. Könnten die Gemäuer sprechen, hätten sie bestimmt einiges zu erzählen.