Von Sophia Stoye
Region Wiesloch/Walldorf. "Von etwa 100 Maßnahmen im erarbeiteten Katalog wurden bisher 27 Prozent umgesetzt, weitere 58 Prozent sind in ihrer Umsetzungsphase", zog Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Mittwoch Halbzeitbilanz des Mobilitätspakts Walldorf/Wiesloch, der 2018 von Land, Kommunen, Unternehmen und Verkehrsbetrieben unterzeichnet wurde. "Ziel dabei ist, die Attraktivität des Wirtschaftsraums Wiesloch/Walldorf zu steigern, gleichzeitig aber den Autoverkehr zu reduzieren und nachhaltige Mobilität zu fördern", erklärte Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder nach der vierten Steuerkreissitzung.
Seit 2018 wurde gemeinsam mit den Projektpartnern, zu denen Unternehmen wie SAP, MLP, Rewe und Heidelberger Druckmaschinen oder auch der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) gehören, ein Maßnahmenkatalog erarbeitet. Um auch die Öffentlichkeit mit einzubeziehen, wurde außerdem 2019 eine Online-Beteiligung initiiert, bei der über 1000 Hinweise eingegangen sind, die so weit wie möglich berücksichtigt wurden.
So erhielt beispielsweise die Verbesserung des Radwegs entlang der L 546, zwischen St. Leon-Rot und Malsch, großen Zuspruch, woraufhin eine umfassende Überprüfung des Radweges durch den Landkreis und den Fahrradclub ADFC erfolgte. Im Rahmen des Mobilitätspakts wird nun weiter nach Lösungen gesucht, den Radweg zu verbreitern.
Zudem habe die Online-Umfrage 2019 gezeigt, dass über die Hälfte der Befragten, 58 Prozent, das Auto auf dem Weg zur Arbeit nutzen. "72 Prozent wären allerdings dazu bereit, auf umweltfreundliche Verkehrsarten – vor allem ÖPNV oder Fahrrad – umzusteigen, wenn sich die Bedingungen verbessern würden", so die Regierungspräsidentin.
Im Bereich des Nahverkehrs werden im Zuge des Mobilitätspaktes laut Felder beispielsweise an einigen Haltestellen des Stadtgebiets Echtzeitanzeigen für Busse eingerichtet, die Umsetzung soll bis Mai dieses Jahres erfolgen. Zudem werden der Regierungspräsidentin zufolge auf der S-Bahn-Strecke zwischen Heidelberg und Karlsruhe seit Anfang 2020 zusätzliche Wagen eingesetzt und vier Mal am Tag fahren zu den Hauptverkehrszeiten Regional-Expresse.
Walldorfs Bürgermeisterin Christiane Staab betonte die erfolgreiche Einrichtung der Regio-Buslinie von Walldorf über Wiesloch nach Sinsheim. Zudem sind weitere Regiobuslinien nach Schwetzingen und Speyer geplant, so die Bürgermeisterin. Eine positive Entwicklung, die sich sehr kurzfristig ergeben habe, sei die Kooperation der Städte Wiesloch und Walldorf mit der Elektro-Roller-Firma Zeus. Derzeit läuft eine dreimonatige Testphase.
Im Gebiet Wiesloch/Walldorf staut sich vor allem auf der L 723 zwischen Walldorf und Rauenberg der Verkehr: Dort muss der Zeitplan des vierspurigen Ausbaus aufgrund schwieriger Baugrundverhältnisse und der Auswirkungen der Corona-Pandemie überarbeitet werden. Die Entwurfsplanung soll erst Mitte 2021 fertiggestellt werden.
Im Bereich des Radverkehrs gibt es laut der Regierungspräsidentin vor allem auf konzeptioneller Ebene Fortschritte: "Die Kooperationsvereinbarung für den Radschnellverkehr Mannheim – Schwetzingen – Walldorf/Wiesloch wurde schon unterzeichnet, erste Ergebnisse der Machbarkeitsstudie werden im ersten Halbjahr 2021 erwartet", erklärte Felder. Auf innerörtlicher Ebene sind Wiesloch und Walldorf gerade dabei, jeweils ein Radverkehrskonzept zu erstellen. So sollen beispielsweise in Zusammenhang mit der Sanierung der Brücke am Bahnhof Wiesloch/Walldorf die Radwege auf beiden Seiten ausgebaut und attraktiver gemacht werden, erklärte Wieslochs Oberbürgermeister Dirk Elkemann. Auch der Radweg hinter dem Dämmelwald soll verbessert werden, zudem sollen weitere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder geschaffen werden, so der OB.
Eine Maßnahme, die im Straßenverkehr erreicht wurde, sprach Verkehrsminister Hermann an: "Wir haben die Ortsumfahrung Altwiesloch als Land wieder in den Maßnahmenkatalog aufgenommen. Das heißt, dass bis spätestens 2025 mit der Planung begonnen werden muss." Weil das Projekt bereits vor einigen Jahren im Generalverkehrsplan des Landes aufgelistet war, handle es sich um "ein altes Problem mit einer neuen, umweltfreundlichen Lösung". Ziel dabei sei, den Ortskern Altwieslochs vom Durchgangsverkehr deutlich zu entlasten.
Ein weiteres Projekt für Pendler sticht heraus: Damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SAP schneller und stressfreier an ihren Arbeitsplatz gelangen, entwickelt das Unternehmen ein Parkleitsystem für die Standorte in Walldorf und St. Leon-Rot. Bereits bei der Einfahrt ins Industriegebiet soll man über eine Anzeigetafel informiert werden, wo noch Stellflächen frei sind.
Auch auf dem Sektor des betrieblichen Mobilitätsmanagements sind laut Regierungspräsidentin Felder diverse Projekte geplant und in Umsetzung, um das Pendeln mit dem Fahrrad für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter attraktiver zu machen. "Zum Beispiel stehen sichere Abstellflächen, Duschen und Umkleiden zur Verfügung", so Felder mit Blick auf vier große Unternehmen. Außerdem werden Lademöglichkeiten für E-Bikes und E-Autos angeboten und die Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens ausgeweitet. Wie Matthias Grimm, SAP Head of Global Real Estate & Facilities, ausführte, tragen Unternehmen wie SAP, MLP und Heidelberger Druckmaschinen auch durch Angebote wie das Jobticket oder den Ausbau der Elektro-Mobilität zu den Zielen des Mobilitätspaktes bei. So führe MLP beispielsweise noch dieses Quartal das Rad-Leasing ein.
"Ab Februar wird die Arbeit nun in den jeweiligen Arbeitskreisen fortgesetzt und intensiv an der Maßnahmenliste weitergearbeitet", blickte die Regierungspräsidentin in die Zukunft. Außerdem soll der Fokus des Mobilitätspaktes mehr in Richtung Fußverkehr gelenkt werden.