Es war das fußballerisch bisher beste Spiel dieser EM: Belgien und Italien lieferten sich ein bemerkenswertes Match. Mit einem Wermutstropfen: Leonardo Spinazzola hat sich wohl schwer verletzt.
Manch einer bezeichnete die Begegnung zwischen Italien und Belgien vor der Partie als "vorgezogenes Finale". Und wer die erste Halbzeit der beiden Mannschaften anschaute, der konnte diese Formulierung durchaus nachvollziehen: Italien begann spielfreudig, zweikampfstark, konsequent und wirkte einmal mehr wie der große Favorit auf den Titel dieser Europameisterschaft. Belgien hatte mit diesem bärenstarken Auftritt massive Probleme – wehrte sich aber dennoch nach Kräften. Weshalb die ersten 45 Minuten das Attraktivste waren, was man an fußballerischer Qualität bei diesem Turnier bisher gesehen hat.
Entsprechend früh durften die Italiener jubeln. Und freuten sich doch zu früh. Denn der vermeintliche Führungstreffer durch Kapitän Giorgio Chiellini wurde nach einem VAR-Einsatz wegen einer Abseitsstellung aberkannt. An Nicolo Barellas Treffer in der 31. Minute gab es jedoch nichts auszusetzen – 1:0 für Italien in der Arena in München. ZDF-Experte Per Mertesacker war in der Halbzeitpause hörbar beeindruckt, denn: "Dass sie die Führung nicht verwalten, dass sie voll auf das 2:0 gingen, das war schon stark."
Noch stärker war jedoch der Abschluss, der zum 2:0 führte. Lorenzo Insigne erzielte ein Traumtor aus knapp 20 Metern – absolute Weltklasse. Doch wer in der 44. Minute glaubte, die Partie sei vorentschieden, wurde in der Nachspielzeit eines Besseren belehrt. Denn Schiedsrichter Slavko Vincic pfiff Elfmeter für Belgien nach einer Berührung von Giovanni Di Lorenzo an Jeremy Doku. Offenbar keine klare Fehlentscheidung – denn der VAR griff nicht ein. Aber zumindest eine harte Entscheidung. Romelu Lukaku sagte brav Danke. 2:1 zur Pause.
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Nach dem Seitenwechsel versuchten die Belgier, ein wenig mehr Druck zu machen. Doch echten Zugriff bekamen sie zunächst nicht. Zu gut gestaffelt war die italienische Defensive, zu clever verschob der Gegner im Pressing – bis zur 61. Minute. Denn da hätte das 2:2 fallen können, wenn nicht fallen müssen: Dokus Hereingabe landete bei Lukaku, der zwei Meter vor dem Tor stand. "Den macht er eigentlich, wenn du ihn um drei Uhr nachts weckst", kommentierte Sandro Wagner am Mikrofon des ZDF. Doch von Lukaku prallte der Ball ans Bein von Leonardo Spinazzola. Beeindruckend in dieser Phase: Die Belgier steckten nicht auf, sie gaben Gas, sie glaubten an sich. Und Italien kam zu keinem Zeitpunkt auf die Idee, sich hinten einzuigeln, sondern sorgte weiter mutig für Entlastung auf der Jagd nach dem entscheidenden Tor zum 3:1. Es war eine hochklassige, offene Partie. Von beiden Seiten beeindruckend geführt. Auch wenn keine weiteren Treffer fielen.
Am Dienstag um 21 Uhr kommt es nun zum nächsten "vorgezogenen Finale". Dann trifft Spanien auf Italien. Fehlen wird den Italienern dann Spinazzola. Einer der besten Spieler der Partie hat sich wohl schwer verletzt und wurde zehn Minuten vor dem Ende der Partie mit der Trage vom Feld gebracht.