Von Nikolas Beck
Heidelberg. Es mag brutal klingen. Aber gerade dann, wenn der Gegner am Boden liegt, darf man kein Erbarmen kennen. Es gilt nachzusetzen, wenn der Boxer ins Taumeln gerät. Und weil genau das die MLP Academics Heidelberg heute Abend taten, durften die 908 Zuschauer im Olympiastützpunkt am Ende über einen deutlichen 78:57 (39:33)-Erfolg gegen Phönix Hagen jubeln.
Den Grundstein des ersten Sieges des Jahres 2018 und nach zuvor drei Niederlagen hintereinander legten sie dabei in den letzten 30 Sekunden des dritten Viertels: Jaleen Smith zog zum Korb, wurde krachend geblockt, sicherte sich den Offensivrebound, bekam den Ball von Evan McGaughey zurück und jagte ihn für drei Punkte durch die Reuse. Nach einem Fehlwurf der Gäste revanchierte sich Smith bei seinem US-amerikanischen Landsmann, der mit der Sirene ebenfalls für Drei verwandelte. Sechs Zähler in einer halben Minute kassiert, die Academics-Führung auf 14 Punkte angewachsen (64:50) - ein Niederschlag, von dem sich Hagen nicht mehr erholen sollte. Da half auch alle Unterstützung der zahlreichen und lautstarken Phönix-Fans im Gästeblock nichts mehr. Mickrige sieben Pünktchen brachten die Gäste im anschließenden Schlussabschnitt nur noch auf die Anzeigetafel.
"Wir wussten, dass sie große Verletzungssorgen haben und mit einer kleinen Rotation spielen müssen", berichtete McGaughey. Der "Power Forward", mit jeweils 14 Punkten und Rebounds sowie starken sechs Vorlagen an diesem Abend einer der besten "Akademiker" erklärte die Marschrichtung: "Immer weiter attackieren, dann war klar, dass wir den längeren Atem haben."
Unzählige Steine seien ihm vom Herzen gefallen, war Academics-Trainer Branislav Ignjatovic erleichtert, dass wieder einmal ein Sieg geglückt war. Freilich kein ganz unbedeutender: Gegen den Tabellennachbarn sprach man im Vorfeld von einem "Vier-Punkte-Spiel". Weil Heidelbergs beste Basketballer, aktuell auf Rang fünf in der 2. Basketball-Bundesliga, einen direkten Kontrahenten im Kampf um die Playoff-Plätze erst einmal auf Distanz hielten. Aber auch, weil der Sieg Balsam für die zuletzt doch etwas angeknackste Academics-Seele war. "So ist das mit dem Selbstvertrauen", sagte Ignjatovic: "Wenn es läuft, dann läuft es - bei drei Niederlagen fangen dagegen die Zweifel an."
Dabei war es auch am heutigen Sonntag gegen die nur mit sieben Mann spielenden Südwestfalen gerade zu Beginn eine zähe Angelegenheit. Vor allem die Arbeit seiner Schützlinge am defensiven Brett brachte den serbischen Basketballlehrer ein ums andere Mal aus der Fassung. Zwölf Offensivrebounds sammelte Hagen, ergatterte sich so immer wieder zweite Wurfchancen. "Gegen eine Mannschaft, die nicht so dezimiert hier antritt, liegen wir zur Halbzeit wahrscheinlich mit zehn Punkten zurück", legte Ignjatovic den Finger in die Wunde. Offensiv war der 51-Jährige mit seinen großen Spielern, die in den vergangenen Wochen in die Kritik geraten waren, aber diesmal zufrieden. Martin Seiferth (neun Punkte) vor allem vor und Niklas Ney (14) nach der Pause hielten gegen den starken Phönix-Center Alex Herrera, der am Ende auf 18 Punkte und elf Rebounds kam, mächtig dagegen.
Die zweite Hälfte sei sehr gut gewesen, fand Ignjatovic. Wenngleich die Messe vor dem Schlussabschnitt, den die Heidelberger mit 14:7 für sich entschieden, bereits gelesen war. "In der ersten Halbzeit haben wir aber wieder alle unsere Probleme aufgezeigt bekommen", sagte "Frenki", der für seinen Gegenüber aufbauende Worte übrig hatte. "Solch eine Situation, solch ein Verletzungspech wünscht man niemandem", so Ignjatovic. Wohlwissend, dass sein Team darauf keine Rücksicht nehmen durfte.
Stenogramm: 8:8 (5.), 21:18 (1. Viertel), 30:21 (15.), 32:28 (18.), 39:33 (Halbzeit), 42:42 (23.), 53:48 (28.), 64:50 (3. Viertel), 69:51 (35.), 78:57 (Endstand).
Heidelberg: Kuppe 16 (2 Dreier), McGaughey 14 (2), Ney 14, Ely 11 (1), Seifferth 9, Smith 5 (1), Würzner 5 (1), Palm 4, Steffen, Rosenbohm, Schöppe.
Hagen: Herrera 18 (1), Grof 15 (2), Brooks 6 (2), Lodders 6, Aminu 6, Hollersbacher 6, Günther, Bredt, Fouhy.