In den 1990er-Jahren kämpfte der FC Bayern mit einem großen Problem: Interna gelangten an die Öffentlichkeit. Lothar Matthäus rückte auf der Liste der Verdächtigen nach ganz oben. Die Vereinsgeschichte des FC Bayern ist geprägt von Titeln, großen Namen – und auch vielen Schlagzeilen. Medien verpassten dem Rekordmeister daher einst den Spitznamen "FC Hollywood". Eine Dokumentation des ZDF hat nun die Zeit der Unruhe in München näher beleuchtet. In "FC Hollywood – Der FC Bayern und die verrückten 90er" kommen unter anderem die ehemaligen Spieler Thomas Strunz , Markus Babbel, Mehmet Scholl , Thomas Helmer und Lothar Matthäus zu Wort – und erinnern sich an die gemeinsame Zeit. t-online hat die Dokumentation vorab gesehen und gibt einen Einblick in ein Jahr, das von Verrat, Misstrauen und einer besonderen Freundschaft geprägt war. Der FC Bayern hatte sich in den 1990er-Jahren hohe Ziele gesetzt. Neben nationalen Erfolgen wie der Deutschen Meisterschaft wollte der Verein auch international wieder angreifen. Die Mannschaft von Meistertrainer Giovanni Trapattoni bestand aus Ausnahmekönnern wie Lothar Matthäus, Mario Basler und Jürgen Klinsmann . Doch im März 1997 standen die Münchner vor einem großen Problem, das Klub und Team belastete: Immer wieder drangen Interna aus der Kabine an die Öffentlichkeit. Es gab offenbar einen Maulwurf im Team. Der Kapitän rückt in den Fokus Ein Vertrauensproblem entstand. Die Spieler selbst waren verwirrt: "Ich wusste nicht, dass es eine Kabine auf diesem Planeten gibt, wo die Wände Ohren haben", sagte nun Mehmet Scholl in der Dokumentation. Details wie das "Donnerwetter" von Manager Uli Hoeneß , weil hoch bezahlte Spieler angeblich spätabends in München noch gesichtet wurden, standen plötzlich in der Zeitung. Auch die Beschimpfung von Präsident Franz Beckenbauer "Ihr seid a Scheißmannschaft" gelang an die Öffentlichkeit. Die Bayern wurden misstrauisch, Verteidiger Thomas Helmer erinnerte sich: "Was konnte man wem sagen? Man wurde immer vorsichtiger." Für den Klub war klar: Das Problem muss behoben werden. So kam es zu einer Krisensitzung im "Hotel Limmerhof" – von der natürlich auch die Medien wussten. Mittelfeldakteur Markus Babbel weiß noch heute: "Wir haben eine Sitzung und das steht wortwörtlich in der Zeitung. Da bekommst du natürlich ein Problem." Es dauerte nicht lange, bis das Team einen Übeltäter ausgemacht hatte. Der frühere Verteidiger Thomas Strunz verrät: "Und da hatten wir halt Lothar im Verdacht." Der damalige Kapitän Lothar Matthäus, der für seine vielen Interviews mit den Medien bekannt war, rückte in den Fokus. Weil die Mannschaft von ihrem Verdacht überzeugt war, sollte der einstige Mittelfeldmann seine Kapitänsbinde abgeben. Hoeneß bestätigte damals den Wunsch der Mitspieler und erzählte von der Sitzung. Das Ergebnis: Matthäus blieb zwar weiterhin Kapitän der Münchner, doch etwas hatte sich verändert. Strunz erklärt: "Es gab eine klare Distanzierung. Weil wir als Mannschaft nicht das Gefühl hatten, uns auf ihn verlassen zu können." Matthäus selbst beteuerte damals – ebenfalls in einem Interview – nichts an die Öffentlichkeit preisgegeben zu haben. Das sei seiner Meinung nach Hochverrat. Eine spezielle Freundschaft ließ Teamkollegen jedoch an seinen Worten zweifeln. Eine Freundschaft mit Folgen Nach dem deutschen WM-Triumph 1990 lernte Matthäus Wolfgang Ruiner kennen. Der damalige Chefreporter der "Bild"-Zeitung und Matthäus entwickelten ein Vertrauensverhältnis. Matthäus besuchte Ruiner sogar zu Hause, spielte mit seinen Kindern. Eine Freundschaft, die für die Bayern-Stars von damals ein Problem darstellte. Denn im Sommer 1997 veröffentlichte Matthäus ein Tagebuch – geschrieben von einem Journalisten der "Bild"-Zeitung. Darin zu finden: interne Informationen aus der Mannschaft. Ein Beispiel: "Beim Training fehlte Helmer. Gestern war er schon nicht da, Montag klagte er über Magenschmerzen. Masseur Freddy Binder erzählt mir von der Gallenoperation. Ich bin geschockt, rufe sofort bei Dr. Müller-Wohlfahrt an." Helmer ärgert sich noch heute darüber: "Wenn ich es erzählt hätte, von mir aus, dann ist es meine Sache, dann ist es in Ordnung und liegt in meiner Hand." Damals habe es aber ein Ausmaß angenommen, "das war relativ schlimm". Auch beim Rest der Mannschaft kam das Buch schlecht an. "Da war die Grenze für uns alle überschritten." Auch Babbel legt nach: "Das ist ein No-Go." Thomas Strunz spricht sogar von einem Tabubruch: "Das war ein Vertrauensverlust und das hat nicht dazu beigetragen, dass es ein besseres Verhältnis in der Kabine gegeben hat." Manager Uli Hoeneß kritisierte daraufhin die Führungsqualität des Kapitäns: "Das ist nicht das, was wir uns vorstellen." Die Konsequenzen sollten bald folgen. "Stimmt aber nicht" Lothar Matthäus wurde als Kapitän abgesetzt, Helmer übernahm die Binde. Folgen, die den einstigen Superstar ruhiger werden ließen und zum Nachdenken anregten. "Du denkst, er (Wolfgang Ruiner, Anm. d. Red.) ist ein Freund, aber im Endeffekt hat er natürlich nur auf seine Arbeit, seine Schlagzeilen geschaut. Es wäre besser gewesen, hätte ich ihn nicht kennengelernt", sagt Matthäus heute und stellt fest: "Er hat mir geschadet. Ich hätte häufiger Nein sagen müssen oder diplomatischer mit den Antworten umgehen sollen." Seine Medienpräsenz und das Tagebuch machten Matthäus zum perfekten Maulwurf. Doch enttarnt wurde dieser nie. Ruiner verrät zudem in der ZDF-Dokumentation: "Lothar wurde von allen vorgeworfen, dass er der Maulwurf ist – stimmt aber nicht." Matthäus habe wenig erzählt, andere hätten mehr ausgepackt. Bis heute bleibt unklar, wer der Maulwurf war oder wie viele es aus der mit Stars gespickten Gruppe gegeben hat. Sendehinweis: Die Dokumentation "FC Hollywood – Der FC Bayern und die verrückten 90er" steht ab Freitag, 10 Uhr, in der ZDF-Mediathek auf Abruf. Am 17. und 18. Januar laufen die fünf Folgen auch im frei empfangbaren Fernsehen.