Auch bei radikalen Meinungen und Falschbehauptungen will Facebook künftig seltener eingreifen. Eine Gruppe Grüner mag das nicht hinnehmen – und schlägt eine Alternative vor. Die Grünen könnten mit der Forderung nach einer öffentlich-rechtlichen Alternative zu Facebook, X und Co. in die Bundestagswahl ziehen. Einen entsprechenden Änderungsantrag zum Entwurf des Wahlprogramms hat eine Gruppe von Parteimitgliedern um den Innenpolitiker Konstantin von Notz eingereicht. Geprüft werden solle die "Schaffung einer europäischen Medienplattform in öffentlicher Trägerschaft als Alternative zu bestehenden kommerziellen Angeboten", heißt es in dem Antrag, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Eine solche Plattform sollte nach den Vorstellungen der Antragsteller aus den Rundfunkgebühren finanziert werden – ohne dass diese erhöht werden müssten, wie von Notz betonte. Die Plattform solle qualitativ hochwertige Inhalte bündeln, und zwar "werbefrei, offen und mehrsprachig". "Sie arbeitet zusammen mit den nationalen öffentlichen Rundfunkanstalten, um deren Inhalte europaweit zugänglich zu machen, und agiert frei von jedweder politischer Einflussnahme", erklärte er. In Deutschland könne sie als vierte Säule neben ARD , ZDF und Deutschlandradio rechtlich verankert werden und damit auch "einen relevanten Anteil der Finanzierung aus dem Rundfunkbeitrag erhalten". Habeck hatte die Idee schon 2019 Der Antrag ist auch eine Reaktion auf aktuelle Nachrichten aus den Vereinigten Staaten. Der Facebook-Konzern Meta will bei der Verbreitung von Falschbehauptungen auf seinen Plattformen künftig weniger stark eingreifen als bisher. Meta-Chef Mark Zuckerberg folgt damit der Linie des Tech-Milliardärs Elon Musk , der nach der Übernahme von Twitter Einschränkungen für Äußerungen auf der Plattform weitgehend aufhob. Bedrohung, Beleidigung, Verhetzungen und Desinformation in den sozialen Netzwerken blieben ein großes Problem, heißt es in dem Grünen-Antrag. "Die jüngsten Ankündigungen der Plattformbetreiber, Moderation einzuschränken und Faktenchecks zumindest in den USA beenden zu wollen, sind mit den Vorgaben des Digital Services Act (DSA) der EU nicht vereinbar." Man wolle die Regulierung der Plattformen zum Schutz Betroffener sowie der Meinungs- und Informationsfreiheit weiter vorantreiben. Eine solche Idee, wie sie die Gruppe um von Notz nun vorschlägt, ist nicht neu. Bereits 2019 schlug ein Politiker der Grünen eine europäische Alternative zu Facebook und Co. vor. Sein Name: Robert Habeck . Der damalige Grünen-Chef hatte in einem Gastbeitrag für t-online gemeinsam mit dem damaligen Digitalexperten der Partei, Malte Spitz, eine "kluge und engagierte Regulierung" für mächtige Tech-Unternehmen gefordert. Lesen Sie hier den Gastbeitrag von Robert Habeck und Malte Spitz Schon als Prüfauftrag im Koalitionsvertrag der Ampel Die Idee stand auch schon im Programm für die Bundestagswahl 2021 und findet sich – zumindest als Prüfauftrag – auch im Koalitionsvertrag der Ampel wieder. Der Antrag wird unter anderem von Bundesumweltministerin Steffi Lemke , Bundestagsvizepräsidentin Katrin-Göring Eckardt und der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, unterstützt. Auch Grünen-Chefin Franziska Brantner erklärte, eine solche Plattform könne die europäische Integration weiter vorantreiben. Die Grünen wollen den Entwurf ihres Wahlprogramms am 26. Januar bei einem Parteitag in Berlin beschließen. Der Facebook-Konzern Meta hatte bei der Aufweichung seiner Hassrede-Regeln in den USA das ausdrückliche Verbot gestrichen, Frauen als Eigentum oder Haushaltsinventar zu bezeichnen. Meta verweist zugleich allgemein darauf, dass "entmenschlichende" Äußerungen gelöscht würden. Neu eingefügt wurde in die Hassrede-Richtlinie, dass es in Ordnung sei, zu Beschränkungen beim Militär, Polizei oder Lehrer-Jobs nach Geschlecht oder sexueller Orientierung aufzurufen. Erlaubt ist künftig auch, im Zusammenhang mit Homosexualität und Transsexualität von "Geisteskrankheit oder Anomalie" zu sprechen. Dagegen weiterhin verboten auf Metas Plattformen bleibt unter anderem die Holocaust-Leugnung. Zu Meta gehören neben Facebook unter anderem auch die Foto- und Video-App Instagram sowie WhatsApp und der Kurznachrichtendienst Threads. Meta-Chef Mark Zuckerberg hatte erklärt, man habe in den vergangenen Jahren zu viele Einschränkungen gehabt, was zu Zensur geführt habe. Zunächst in den USA soll auch die Zusammenarbeit mit Faktencheckern beendet werden. EU diskutiert über schärfere Maßnahmen Angesichts der zunehmenden Einmischung des US-Milliardärs Elon Musk in die Innenpolitik europäischer Länder – darunter Deutschland – werden Forderungen nach einem harten Vorgehen gegen dessen Online-Plattform X lauter. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot rief die EU am Mittwoch zu einer entschiedeneren Abwehr der politischen Einflussnahme durch den US-Milliardär auf. Die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, forderte die Bundesregierung auf, die Plattform zu verlassen. Aufregung löste auch die Entscheidung des Meta-Konzerns von Mark Zuckerberg aus, Faktenchecks – vorerst in den USA – ähnlich wie X einzustellen. "Wenn die EU-Kommission uns nicht vor diesen Einmischungen oder Drohungen mit Einmischungen schützen kann, dann muss sie den Mitgliedstaaten die Fähigkeit zurückgeben, sich selbst zu schützen", sagte Barrot dem Sender France Inter. Er habe die Kommission bereits mehrfach aufgefordert, "die Instrumente, die sie auf demokratische Weise erhalten hat, entschlossener zu nutzen, um solches Verhalten zu verhindern", fügte er hinzu. Auf die Frage, ob ein Verbot des Musk gehörenden Onlinedienstes X nach brasilianischem Vorbild auch in Europa möglich sei, sagte Barrot: "Das ist nach unseren Gesetzen möglich." Seit der designierte US-Präsident Donald Trump den Hightech-Milliardär Musk zum Sonderberater gemacht hat, hat dieser begonnen, die Politik europäischer Regierungen aggressiv zu kommentieren und Wahlempfehlungen für Rechtspopulisten auszusprechen.