Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hat die Ausbürgerung von Straftätern mit deutscher Staatsangehörigkeit gefordert. Ist das rechtlich möglich? Mit einem neuen Vorschlag für eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts hat der CDU-Vorsitzende, Friedrich Merz , für Aufregung gesorgt. Der Kanzlerkandidat der Union hatte der "Welt am Sonntag" gesagt, die von der Ampelkoalition beschlossene doppelte Staatsbürgerschaft sollte nicht der Regelfall sein, sondern künftig wieder auf begründete Ausnahmefälle beschränkt werden. Merz führte weiter aus: "Wir holen uns damit zusätzliche Probleme ins Land." Und: "Es müsste wenigstens auf der gleichen Ebene eine Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft möglich sein, wenn wir erkennen, dass wir bei straffällig werdenden Personen einen Fehler gemacht haben." In dem Interview war Merz nach möglichen Konsequenzen aus dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefragt worden. Aktuelle Entwicklungen zur Bundestagswahl im Februar lesen Sie hier. Merz bekommt seit der Veröffentlichung des Interviews Gegenwind für seine Position. Woran erwächst sich die Kritik genau? Und ist der Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft einfach so möglich? Wer kritisiert Merz nun und warum? Zuerst hatte sich SPD-Chefin Esken zudem Thema geäußert: "Friedrich Merz spielt bewusst mit dem rechtspopulistischen Feuer und ist als Kanzler aller Deutschen nicht geeignet", sagte Esken dem "Stern". Sie kritisierte weiter, dass die Forderungen von Merz aus Eingebürgerten "Bürger zweiter Klasse machen" würden, kritisierte Esken. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht das ähnlich. Im Netzwerk LinkedIn schreibt er, dieser Vorschlag sei ein "Dammbruch" und "würde zu einer Zweiklassengesellschaft bei der #Staatsbürgerschaft führen". Die Co-Vorsitzende der Grünenfraktion im Bundestag, Katharina Dröge, nannte Merz' Äußerungen "diskriminierend" und "schädlich für die Willkommenskultur", die zur Anwerbung von Fachkräften nötig sei. "Wenn Friedrich Merz mit dem Entzug der Staatsangehörigkeit droht, sendet er das verheerende Signal, dass Menschen, die nach Deutschland einwandern, hier nie richtig dazugehören können." Eingebürgerte Menschen seien "Mitglieder unserer Gesellschaft – auf Dauer, nicht auf Probe". Auch der Linken-Chef Jan van Aken hat Merz für einen Vorschlag zum Staatsangehörigkeitsrecht scharf verurteilt. "Was Friedrich Merz hier gesagt hat, ist nichts anderes als widerlicher Rassismus", sagte van Aken in Berlin . Merz spalte das Land. Van Aken kritisierte, das heiße nichts anderes als: "Wenn du Thomas oder Andrea heißt, dann bist du Deutscher auf immer und ewig. Aber wenn du Elef oder Sergej heißt, dann bist du nur Deutscher auf Abruf. Benimm dich ja artig und wenn du es nicht tust, dann bist du ganz schnell wieder draußen." Welche Regelungen für die deutsche Staatsbürgerschaft gibt es derzeit? Im vergangenen Juni trat die von der Ampelkoalition beschlossene Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes in Kraft. Danach können Menschen, die in Deutschland arbeiten und gut integriert sind, schon nach fünf statt wie bisher acht Jahren deutsche Staatsangehörige werden. Sie brauchen ihre bisherige Staatsangehörigkeit dafür nicht mehr aufzugeben. Besonders gut integrierte Ausländer können bereits nach drei Jahren eingebürgert werden. Zugleich wurden die Anforderungen für das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung verschärft. Wie kann die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden? Die Hürden für einen Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft sind hoch. Artikel 16 des Grundgesetzes regelt: "Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird." Bis zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) durch die Ampel im vergangenen Juni verloren Deutsche automatisch ihre Staatsbürgerschaft, wenn sie die eines anderen Staaten annahmen. Das ist nun nicht mehr der Fall. Stattdessen gibt das Staatsangehörigkeitsgesetz andere Optionen zum Entzug der Staatsbürgerschaft. So regelt Artikel 28 des StAG, dass ein Deutscher "auf Grund freiwilliger Verpflichtung ohne eine Zustimmung des Bundesministeriums der Verteidigung oder der von ihm bezeichneten Stelle in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt," seine Staatsangehörigkeit verliert. Dasselbe gilt für Deutsche, die sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligen. Beides gilt jedoch dann nicht, wenn die Person dadurch staatenlos werden würde, sie minderjährig ist oder "aufgrund eines zwischenstaatlichen Vertrags zum Eintritt in die Streitkräfte oder in den bewaffneten Verband berechtigt ist". Die Zustimmung gilt etwa für Staaten der EU, EFTA und der Nato . Können diese Gesetze einfach so geändert werden? Nein, auch dafür sind die Hürden hoch. Angesichts mehrerer ähnlicher Forderungen von unionsgeführten Bundesländern im vergangenen Jahr hatte sich dazu die Regierung von NRW geäußert. Anlass war eine Kleine Anfrage der AfD-Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias im vergangenen Februar. "Erforderlich wäre eine Änderung im Staatsangehörigkeitsgesetz, wofür sich im aktuellen Bundestag keine Mehrheit abzeichnet, sowie ggf. auch eine Grundgesetzänderung , die nur mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden könnte, wofür es momentan erst recht keine Mehrheit gibt", heißt es in der Antwort der Landesregierung. Im Februar gibt es zwar vorgezogene Neuwahlen, ob danach eine Regierungsmehrheit für eine Änderung des StAG im Bundestag besteht, ist jedoch noch nicht klar.