Die Frauen-Bundesliga soll mehr Beachtung bekommen und wird daher um zwei Teams aufgestockt. Erfüllt sich der erhoffte Professionalisierungsschub? Ein kalter Freitagabend, ordentlich besetzte Tribünen im Stadion an der Alten Försterei: Obwohl die Frauen des 1. FC Union Berlin nach einem 0:2 gegen Eintracht Frankfurt im DFB-Pokal ausgeschieden sind, bleiben über 8.000 Fans auf den Rängen und applaudieren den Spielerinnen auf dem Spielfeld. Die Mannschaft, die in der Vorsaison ungeschlagen aus der Regionalliga in die 2. Bundesliga aufgestiegen ist, konnte knappe 83 Minuten mit der Spitzenmannschaft aus dem deutschen Oberhaus mithalten. Zuvor schlugen die Unionerinnen bereits Erstligist RB Leipzig und sie spielen auch in der Liga groß auf: Nach zwölf Spieltagen steht das Team auf dem zweiten Platz. Die Szenen, die sich am Pokalabend abspielten, könnten schon bald Alltag werden – dank einer ligatechnischen Veränderung. Denn Ende Juni teilte der Vorstand des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit, dass ab der Saison 2025/26 die Bundesliga um zwei Mannschaften aufgestockt wird. Bei dann 14 Teams und der folgenden Spielzeit als Qualifikationssaison steigen die drei Bestplatzierten aus der 2. Bundesliga auf. So haben auch die Unionerinnen derzeit gute Chancen, sich künftig mit den Topklubs VfL Wolfsburg und dem FC Bayern zu messen. Ein Schritt, der von vielen als wegweisend für die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland betrachtet wird – und zugleich Herausforderungen mit sich bringt. Mehr Teams, mehr Rampenlicht? Frauenfußball entwickelte sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem Trend. Angefangen mit der Frauen-EM in England 2022, als die deutsche Frauen-Nationalmannschaft Vizeeuropameister geworden war. Der Sport boomte in Deutschland und brach sämtliche Zuschauerrekorde. Plötzlich stand der Frauenfußball im Rampenlicht und die Professionalisierung wurde forciert. Die Entscheidung des DFB , der anders als im Männerfußball den Betrieb der höchsten deutschen Spielklasse organisiert, wird von den meisten Beteiligten als "überfällig" begrüßt. Sabine Mammitzsch, DFB-Vizepräsidentin für Frauen- und Mädchenfußball, betonte, dass die Erweiterung die Sichtbarkeit des Frauenfußballs steigere und eine Förderung der Talente ermögliche. Ähnlich äußerte sich Ralf Zwanziger von der TSG Hoffenheim , der die vier zusätzlichen Spiele als Chance sieht, kleinere Vereine besser ins Rampenlicht zu rücken. Zwanziger nannte die Aufstockung einen "immens wichtigen und unabdingbaren Schritt für die gesamte Liga, um die Professionalisierung des Frauenfußballs in Deutschland weiter voranzubringen. Allein die vier zusätzlichen Spiele ab der Saison 2025/26 stärken die Sichtbarkeit aller Vereine und vor allem für jene, die nicht international vertreten sind." Für ambitionierte Klubs wie Union Berlin , die aktuell auf Aufstiegskurs in der 2. Bundesliga sind, könnte die Aufstockung eine Möglichkeit sein, schneller auf die große Bühne zu gelangen. Zuspruch und Gegenwind Mehr Teams bedeuten zeitgleich mehr Sichtbarkeit für (bislang) unentdeckte Talente. Mit zusätzlichen Rivalen könnte die vermeintliche Langweile, in der die Bayern und der VfL dominieren, plötzlich kippen. Auch die vier zusätzlichen Spiele werden der Sichtbarkeit Erfolg versprechen. Zwanziger sagte: "Die Abstände zwischen den Heimspielen sind teilweise extrem groß, auch 14 Vereine dürfen noch nicht das Ende sein." Zuspruch erhielt er dabei von Frankfurts Vorstandsprecher Axel Hellmann: "Wir müssen sehr schnell zu einer 16er-Liga kommen und bei der Professionalisierung mehr tun." Ex-Turbine-Trainer Dirk Heinrichs, der mit Potsdam in der abgelaufenen Saison den Wiederaufstieg schaffte, sieht die Entwicklung positiv. "Es wurde Zeit, dass nicht nur darüber geredet wird, sondern dass gehandelt wird." Für kleinere Vereine sei es ein "Riesending", wenn dadurch weitere Vermarktungsmöglichkeiten etwa durch Sponsorengelder oder Übertragungsrechte entstehen. Den Mannschaften aus der 2. Bundesliga bleibe dabei aber noch immer die Option, einen Aufstieg etwa aus wirtschaftlichen Gründen abzulehnen. Und genau darin wirft der Ausbau der Liga auch Fragen auf. Bundesligist Carl Zeiss Jena etwa ist noch keine Profimannschaft. Spielerinnen studieren, arbeiten in Vollzeit und können beispielsweise nur am Nachmittag trainieren – im Gegensatz dazu ist die Professionalisierung beim FC Bayern oder in Wolfsburg längst vollzogen. Ex-Nationalspielerin Tabea Kemme sieht ein fundamentales Problem in der Breite der Professionalisierung: Während Topklubs wie Wolfsburg oder Bayern längst auf höchstem Niveau agieren, kämpfen kleinere Vereine wie Jena mit einem Spagat zwischen sportlichen und beruflichen Verpflichtungen ihrer Spielerinnen. Ohne eine breitere wirtschaftliche Basis könnte die Aufstockung daher den Wettbewerbsunterschied sogar verstärken. Im Interview mit t-online sagte sie einst: "In England sieht man, dass eine ausgeglichene Liga möglich ist." Dort sind alle Teams professionell aufgestellt, während in Deutschland noch immer viele Spielerinnen nebenbei arbeiten oder studieren müssen. Zum Vergleich: Während zwischen Wolfsburg auf dem zweiten Platz (53 Punkten) und Frankfurt auf dem dritten Rang (44 Punkte) am Ende der vergangenen Saison neun Punkte lagen, fehlten Arsenal lediglich fünf Zähler auf Manchester City (55), den Zweitplatzierten. "Wer übernimmt die Verantwortung?" Die Aufstockung der Liga bringt neben organisatorischen Herausforderungen auch Probleme im Terminkalender mit sich. Gegenwind gab es daher von Ralf Kellermann, Sportdirektor beim VfL Wolfsburg: "Aus Sicht der Vereine, die international spielen, soll mir mal einer zeigen, wo man vier weitere Spieltage hinpacken soll." Anders als im deutschen Männerfußball spielen die Frauen von Freitag bis Montag. Auch dort sieht Kemme ein Problem: "Wenn eine Spielerin einen Vollzeitjob hat, dann muss sie sich am Montag Urlaub nehmen. An einem Urlaubstag hast du qua Vorgabe keine andere Tätigkeit auszuführen. Im Fall einer Verletzung am Urlaubstag: Wer übernimmt dann die Verantwortung?" Die Meinungen über die Aufstockung sind geteilt. Fest steht, schon bald werden 14 Mannschaften an den Start gehen. Ein mutiger Schritt in Richtung einer stärkeren Professionalisierung und größerer Aufmerksamkeit für den Frauenfußball in Deutschland. Ob der Plan der Aufstockung auf lange Sicht gut geht, wird davon abhängen, wie schnell eine breite wirtschaftliche und strukturelle Basis geschaffen werden kann.