Schon vor seinem ersten Länderspiel als Bundestrainer hat Christian Wück viel zu tun. Denn im Kader ist auf einmal ein Platz frei geworden. Christian Wück hat genügend Zeit zur Vorbereitung auf sein Debüt als Bundestrainer der DFB-Frauen. Erst Ende Oktober geht es in Testspielen gegen England und Australien zur Sache. Offiziell vorgestellt wurde der Mann, der die U17-Junioren der Männer zum EM- und WM-Titel geführt hatte, daher auch erst vor zwei Wochen. Im Hintergrund arbeitet er bereits seit Monaten. In der Öffentlichkeit hielt Wück aber die Füße still, da Vorgänger Horst Hrubesch noch die EM-Qualifikation und die Olympischen Spiele zu Ende bringen sollte. Ende August trat er dann selbst ins Scheinwerferlicht – und sah sich gleich mit dem größten Diskussionsthema der vergangenen Wochen konfrontiert: der Torwartfrage. "Für mich gibt es zwei Nummer Einsen", sagte Wück. Hrubesch hatte sich bei Olympia für Ann-Katrin Berger (33) anstelle der zuvor gesetzten Merle Frohms (29) im Tor entschieden. Eine Entscheidung, die er angesichts von Bergers herausragendem Turnier nicht bereuen sollte. Aber Merle Frohms sei für Wück "genauso eine Nummer eins. Wir werden das Ganze natürlich analysieren". Die Analyse kann Wück nun schon Anfang September wieder beenden. Denn Merle Frohms ist am Dienstag aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. Somit bleibt dem Bundestrainer nur noch eine Wahl. Die schmerzhafte Entscheidung wurde ihm abgenommen. Von Erleichterung war bei Wück aber keine Spur. "Ich hätte sehr gerne mit Merle gearbeitet und habe ihr das auch in einem persönlichen Gespräch deutlich gemacht", erklärte der 51-Jährige. Eine Bank als Nummer zwei? Der Bundestrainer hat nun nur noch eine Nummer eins. Offen ist aber, wer hinter Ann-Katrin Berger mit dabei ist. Auswahl hat Wück genug, auch an Talent mangelt es nicht – an Erfahrung hingegen schon. Die besten Chancen auf einen Kaderplatz hat aktuell wohl Stina Johannes von Eintracht Frankfurt . Die 24-Jährige zählte bereits in den vergangenen Länderspielen zum Torwarttrio, war hinter Frohms und Berger die Nummer drei. Im Juni feierte Johannes gegen Polen sogar ihr Debüt. Die gebürtige Hannoveranerin profitierte dabei von einer guten Entwicklung in Frankfurt. Besonders ihr Auftritt im Elfmeterschießen in der Champions-League-Qualifikation im Herbst 2023 half ihr dabei, auch über Hessen hinaus bekannter zu werden. Im Elfmeterschießen hielt sie der Eintracht gegen Juventus Turin den Sieg fest. Trainer Niko Arnautis schwärmte: "Wir haben eine Bank da hinten drin. Sie hat eine brutale Ausstrahlung entwickelt." Die neue Nummer drei kommt wahrscheinlich aus München Auf Abruf stand Maria Luisa Grohs parat. Die Stammkeeperin des FC Bayern könnte am meisten von Frohms' Rücktritt profitieren. Denn Grohs könnte nun ins Torwarttrio aufrücken, da sie weiterhin die Stammkeeperin des Meisters ist und Spielpraxis auf hohem Niveau hat. Genau diese Spielpraxis hat auch Ena Mahmutovic im Visier. Die 20-Jährige gilt als großes Talent. Im Sommer wechselte sie aus Duisburg nach München zum FC Bayern. Bianca Rech, Abteilungsleiterin der Bayern-Frauen, sprach von einem "sehr großen Potenzial". Rech weiter: "Sie agiert für ihr Alter äußerst selbstbewusst auf dem Platz und ist uns schon länger positiv aufgefallen. Insbesondere in der vergangenen Saison hat sie ein ums andere Mal mit starken Paraden auf sich aufmerksam gemacht." Der MSV Duisburg war sang- und klanglos abgestiegen. Keinen einzigen Sieg holten die Zebra-Frauen in der vergangenen Saison. Mahmutovic konnte sich trotz der schwachen Abwehr vor ihr mehrfach auszeichnen. Keine Torhüterin hielt pro Spiel so viele Schüsse wie sie. Aktuell fehlt Mahmutovic aber verletzt, soll nach ihrer Rückkehr Druck auf Grohs ausüben. Vom Konkurrenzkampf im Bayern-Tor dürfte auch der DFB profitieren. Vorerst ist alles klar Eine weitere Kandidatin mit Perspektive dürfte Sophia Winkler von der SGS Essen sein. Die 21-Jährige zählte in der vergangenen Saison statistisch zu den besten Schlussfrauen der Bundesliga . Nur Maria Luisa Grohs spielte häufiger zu null. Winkler ließ sogar Merle Frohms vom Spitzenteam VfL Wolfsburg hinter sich. "Ich hasse es, den Ball aus dem Netz holen zu müssen, und bin wirklich froh über jedes Zu-Null-Spiel, das uns gelingt. Hoffentlich kommen noch zahlreiche weitere dazu", sagte sie in einem Interview mit dem DFB. Dass Essen so wenig Gegentore kassierte, lag auch an Winkler selbst. Essens Torhüterin hielt auch prozentual die zweitmeisten Bälle in der Liga. Mit der EM 2025 vor der Brust wird Bundestrainer Wück klar auf Ann-Katrin Berger setzen. Doch nach dem Turnier könnte es spannend werden, ob der 51-Jährige dann auf eine jüngere Torhüterin setzt. Kandidatinnen gibt es genug. Die entscheidende Frage ist nur, wie sie sich entwickeln. Gerade das Duell im Bayern-Tor sollte Wück aufmerksam verfolgen.