Die Opposition reklamiert den Wahlsieg für ihren Bewerber González. Die USA und andere Länder haben den Rivalen von Präsident Maduro bereits anerkannt. Jetzt will ihn die Regierung festsetzen. Nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl in Venezuela ist Haftbefehl gegen den Oppositionskandidaten Edmundo González Urrutia erlassen worden. Dem Ex-Diplomaten werden unter anderem Amtsanmaßung, Aufruf zur Missachtung von Gesetzen, Verschwörung und Sabotage vorgeworfen, wie aus dem Beschluss eines für Terror-Verfahren zuständigen Gerichts in Caracas hervorgeht. Damit gab der Richter einem entsprechenden Antrag der regierungstreuen Staatsanwaltschaft statt. Nach der Wahl am 28. Juli hatte die linientreue Wahlbehörde den seit 2013 regierenden autoritären Staatschef Nicolás Maduro zum Sieger erklärt. Allerdings veröffentlichte sie bislang nicht die aufgeschlüsselten Resultate. Die Opposition wirft der Regierung Wahlfälschung vor und reklamiert den Sieg für ihren Kandidaten González. Wo sich dieser derzeit aufhält, ist unklar. Zum letzten Mal zeigte González sich am 30. Juli bei einer Demonstration in Caracas in der Öffentlichkeit. Danach wandte er sich mehrfach in Videobotschaften an seine Anhänger. Zuletzt ließ er drei Vorladungen der Generalstaatsanwaltschaft verstreichen, wo er zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen aussagen sollte. "Bezug zur Realität verloren" Die Oppositionsführerin María Corina Machado kritisierte den Haftbefehl. "Sie haben jeden Bezug zur Realität verloren", schrieb sie auf der Plattform X. "Indem sie den gewählten Präsidenten bedrohen, bringen sie uns nur näher zusammen und stärken die Unterstützung der Venezolaner und der Welt für Edmundo González." Nach eigenen Angaben verfügt die Opposition über die detaillierten Ergebnislisten aus mehr als 80 Prozent der Stimmbezirke. Demnach soll González 67 Prozent der Stimmen erhalten haben und Maduro nur 30 Prozent. Die USA und mehrere lateinamerikanische Länder haben den Wahlsieg des Ex-Diplomaten bereits anerkannt. Auch die Europäische Union und die Organisation Amerikanischer Staaten zweifeln das offizielle Wahlergebnis an. "Niemand steht über den Gesetzen", sagte Präsident Maduro nach der Ausstellung des Haftbefehls im venezolanischen Fernsehen. "Die Staatsanwaltschaft hat ihn dreimal vorgeladen und er ist nicht erschienen. Er sagt, dass er die Staatsanwaltschaft nicht anerkennt. In was für einem Land passiert denn so etwas? González Urrutia besitzt die Frechheit zu sagen, dass er die Gesetze nicht anerkennt." Internationale Kritik am Haftbefehl Mehrere Länder in der Region kritisierten das Vorgehen der venezolanischen Behörden. "Die Argentinische Republik lehnt den von der Staatsanwaltschaft der Maduro-Diktatur gegen den Gewinner der Präsidentschaftswahlen vom 28. Juli, Edmundo González Urrutia, gestellten Haftantrag ab und warnt die internationale Gemeinschaft vor einer Radikalisierungswelle des Regimes, das die demokratischen Kräfte Venezuelas kriminalisieren will", hieß es in einer Stellungnahme des argentinischen Außenministeriums. Das chilenische Außenministerium schrieb: "Die Regierung von Chile bekräftigt, dass sie jede Form der Repression gegen die Gegner des diktatorischen Regimes in Venezuela verurteilt." Auch selbsternannter Interimspräsident Guaidó im Visier Schon die Wiederwahl Maduros 2018 war von vielen Ländern nicht anerkannt worden. Der damalige Parlamentspräsident Juan Guaidó erklärte sich 2019 zum Interimspräsidenten, konnte sich aber im Land nicht durchsetzen – vor allem, weil das Militär hinter Maduro stand. So konnte dieser die damaligen Proteste einfach aussitzen. Auch gegen Guaidó wurde im vergangenen Oktober ein Haftbefehl erlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Hochverrat, Amtsanmaßung und Unterschlagung vor. Der 41-Jährige lebt mittlerweile im Exil in den USA. Venezuela leidet unter Missmanagement, Korruption und internationalen Sanktionen. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Über sieben Millionen Menschen - rund ein Viertel der Bevölkerung - haben das Land nach UN-Angaben in den vergangenen Jahren wegen Armut und Gewalt verlassen. USA lassen Maduros Flugzeug beschlagnahmen Kurz vor der Ausstellung des Haftbefehls gegen González beschlagnahmten die US-Behörden wegen Sanktionsverstößen ein Flugzeug Maduros. Die Maschine vom Typ Dassault Falcon 900EX sei in der Dominikanischen Republik beschlagnahmt und in den US-Bundesstaat Florida überstellt worden, teilte das Justizministerium in Washington mit. Justizminister Merrick Garland erklärte, das Flugzeug sei über eine Briefkastenfirma auf illegalem Weg für 13 Millionen Dollar gekauft und aus den USA geschmuggelt worden, "um von Nicolás Maduro und seinen Kumpanen benutzt zu werden". Die Regierung des südamerikanischen Landes verurteilte die Beschlagnahmung ihres Flugzeugs. Venezuela prangere an, "dass die Behörden der Vereinigten Staaten von Amerika in einer kriminellen Praxis, die nur als Piraterie bezeichnet werden kann, ein Flugzeug des Präsidenten der Republik illegal beschlagnahmt haben und dies mit den Zwangsmaßnahmen begründen, die sie einseitig und illegal in der ganzen Welt verhängen", hieß es in einer Stellungnahme des Außenministeriums in Caracas.