Bei der Asientour des FC Bayern in seiner Heimat Südkorea steht Min-jae Kim im Fokus. Auch, weil er dort um seine Zukunft kämpfen muss. Der Reisetross des FC Bayern wurde am Donnerstag bei der Ankunft in Seoul von einem ganz besonderen Empfangskomitee begrüßt. Am Flughafen der südkoreanischen Hauptstadt warteten nämlich nicht nur Hunderte asiatische Fans auf den Rekordmeister, sondern auch Min-jae Kim. Der Abwehrspieler des FC Bayern war bereits vorausgereist und hatte ein paar Tage bei seiner Familie und Freunden verbracht. Mit strahlendem Gesicht umarmte er nun unter anderem seinen neuen Cheftrainer Vincent Kompany sowie Kapitän Manuel Neuer und hieß seine Mannschaft damit in seiner Heimat willkommen. Für den Neuzugang aus dem vergangenen Sommer ist es das erste Mal, dass er mit einer seiner Mannschaften aus Europa in Südkorea zu Besuch ist. "Ich glaube, es wird Spaß machen", sagte er bereits im Vorfeld der Marketingreise in einem auf der Klubhomepage veröffentlichten Video: "Ich freue mich sehr darauf." Was die Bayern bei ihrem fünftägigen Aufenthalt in Seoul nun erwartet? "Korea ist sehr städtisch geprägt. Ich denke, es gibt mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten mit München", sagte Kim. Er wolle seine Teamkollegen "gerne mit der koreanischen Kultur vertraut machen", kündigte der 27-Jährige an. Dazu gehöre es zum Beispiel, sich zur Begrüßung zu verbeugen, was woanders unüblich sei, erzählte er. Kim lädt Teamkollegen zum Mannschaftsabend ein Seine Ankündigung, seine Mitspieler in gute Restaurants einzuladen zu wollen, setzte er gleich am Donnerstagabend bei einem Teamevent in die Tat um. Auf das koreanische Barbecue hätten ihn einige seiner Kollegen schließlich schon häufig angesprochen. "Wir hatten einen tollen Abend, alle haben es sehr genossen", berichtete Kim am Tag danach auf der Pressekonferenz vor dem am Samstag anstehenden Testspiel gegen Tottenham Hotspur . Joshua Kimmich , der verschiedenste Gerichte bestellt habe, am meisten, verriet Kim. Auch Serge Gnabry gilt als Liebhaber der asiatischen Küche. Nebenbei stehen für die Profis im Rahmen der Vorbereitungsreise in Südkorea bei Temperaturen von über 30 Grad Celsius neben Marketingterminen aber freilich auch einige harte Trainingseinheiten auf dem Programm. Zur ersten bat Kompany bereits unmittelbar nach der Landung ins Goyang-Stadion. Schon bei den ersten öffentlichen Terminen der Bayern wurde das deutlich, was ohnehin zu erwarten war: In Südkorea ist Kim jetzt der große Star, den dort alle Fans sehen wollen. In seiner Heimat steht der eigentlich eher zurückhaltende Kim nun zwangsläufig im Mittelpunkt. "Ich mag eigentlich keine Aufmerksamkeit. Aber klar, hier liegt ein Fokus auf mir", sagte Kim. Das war bereits bei den ersten öffentlichen Terminen und der Pressekonferenz nicht zu übersehen. Das Blitzlichtgewitter und das Klicken der auf ihn gerichteten Kameras schien dabei gar kein Ende mehr zu nehmen. Er sei ja nicht der einzige Spieler, für den sich die Fans interessieren – auch hier in Südkorea nicht, sagte Kim und zählte seine in seinen Augen vermeintlich deutlich prominenteren Mitspieler Neuer, Thomas Müller und Jamal Musiala auf. "Ich hoffe, sie bekommen mehr Aufmerksamkeit als ich." Dass sich diese Hoffnung wohl nicht erfüllen wird, war nicht nur Finanzvorstand Michael Diederich schon vor dem Trip in die asiatische Metropole klar. "Min-jae wird in seiner Heimat extrem verehrt. Jeder Spieleinsatz von ihm ist dort eine Meldung in den Haupt-Nachrichtensendungen wert", sagte Diederich dem Münchner Merkur/tz. "Er ist in Südkorea eine Ikone. Seitdem er bei uns ist, haben sich mehr als 1.000 neue Fan-Klubs bei uns registrieren lassen. Diese Reichweite können wir natürlich nutzen." Mit seiner Strahlkraft in Asien ist Kim – zumindest im Moment auf der Marketingtour – für Bayern unverzichtbar und Gold wert. Auch Kompany ist von dem Hype um Kim beeindruckt, den er in dieser Form in seiner eigenen Karriere noch nicht erlebt hat. "Nein, das ist schon etwas Besonderes. Obwohl wir so viele Superstars in München haben oder auch früher bei City", sagte Kompany. "So viel Aufmerksamkeit haben wir nie bekommen, wenn wir auf die Straße gehen. Das ist so anders." Kim vs. Son: Korea-Derby der Seoul-Mates Die 66.000 Plätze im Seoul-World-Cup-Stadion, wo die Bayern am Samstag gegen Tottenham Hotspur spielen werden und am Freitag vor 10.000 Fans öffentlich trainierten, waren innerhalb von wenigen Minuten ausverkauft. Kein Wunder. Denn dabei wird Kim auf seinen ebenfalls noch aus der Bundesliga bekannten Nationalmannschaftskollegen Heung-min Son treffen. Beide sind in Südkorea Nationalhelden. Jetzt kommt es zum Südkorea-Derby der "Seoul-Mates". Der Plan der Bayern, den Boom um Kim zu nutzen, um ihre Popularität in Asien weiter zu steigern, scheint voll aufzugehen. Damit das auf Dauer gelingt, muss sich Kim aber auch sportlich in München behaupten. Nach vielversprechendem Start war ihm das in der vergangenen Spielzeit noch nicht wirklich gelungen. "Schwierige Saison, nicht nur für mich, sondern auch für das Team" "Es war eine schwierige Saison, nicht nur für mich, sondern auch für das Team", sagte Kim, der mit den Münchnern gerade die erste titellose Saison seit zwölf Jahren miterlebt hat. "Deswegen will ich mich nächste Saison verbessern, durch die Erfahrungen aus dem letzten Jahr wachsen und ein besserer Spieler werden, der der Mannschaft mehr geben kann." Der Militärdienst, den er im vergangenen Sommer noch absolvieren musste, hatte ihm den Start in sein Debütjahr bei den Bayern erheblich erschwert. Er trat seinen Dienst in München damals deshalb mit einem Gewichtsverlust von mehreren Kilogramm an. Seine Teilnahme am Asien-Cup zu Beginn des Jahres mit Südkorea machte die Situation in München für ihn nicht leichter. Im Gegenteil. Schon vor seiner Abreise fürchtete Bayerns "Monster", wie er aufgrund seiner aggressiven Spielweise genannt wird, um den Verlust seines Stammplatzes ( mehr dazu lesen Sie hier ). Nach seiner Rückkehr und mehreren spielentscheidenden Patzern wurde seine Angst dann tatsächlich Realität. Der 50-Millionen-Euro-Transfer, der in der vorangegangenen Saison bei der SSC Neapel noch zum besten Abwehrspieler der italienischen Serie A gewählt worden war, saß bei Bayern nur noch auf der Bank. Tuchels Kritik führt zu "inneren Konflikten" bei Kim Als er im Halbfinal-Hinspiel (2:2) gegen Real Madrid dann eine neue Chance bekam, leistete er sich erneut zwei folgenschwere Fehler. Die scharfe, öffentliche Kritik, die Bayerns-Chefcoach Thomas Tuchel ("zu aggressiv") anschließend an ihm übte, ging nicht spurlos an ihm vorüber. "Als Verteidiger habe ich immer mit Überzeugung gespielt. Doch hier (beim FC Bayern; Anm. d. Red.) waren solche Eigenschaften nicht immer gefragt, was zu inneren Konflikten bei mir führte", sagte Kim zu t-online und kündigte schon damals an: "In der nächsten Saison werde ich noch stärker sein." ( Mehr dazu lesen Sie hier. ) Und zwar beim FC Bayern. Denn ein Abschied nach nur einem Jahr in München, über den bisweilen schon spekuliert worden war, war für Kim nach t-online-Informationen nie ein Thema. Er will sich bei den Bayern durchsetzen. Das bestätigte er nun auch in Seoul. "Ich habe nie daran gedacht, den Verein zu verlassen", sagte er und kündigte an: "Ich werde alles für Bayern geben, um den maximalen Erfolg zu erzielen." Die Vorzeichen sind jetzt zumindest deutlich besser. Dieses Mal konnte er direkt mit der ersten Gruppe in die Vorbereitung einsteigen. Schon am Tegernsee hinterließ Kim einen guten und äußerst fitten Eindruck. Kompany lobte ihn immer wieder lautstark für den Einsatz bei seinen Trainingseinheiten. "Yes, Min-jae, yes", rief der frühere Weltklasseverteidiger seinem Abwehrspieler mal lautstark über den Platz zu. Im ersten Testspiel gegen Rottach-Egern (14:1) trug Kim in Halbzeit zwei sogar die Kapitänsbinde, was ebenfalls als besondere Wertschätzung seines neuen Trainers verstanden werden darf. Und auch Kim ist von der bisherigen Zusammenarbeit sehr angetan. Der ehemalige Weltklasse-Profi Kompany sei ein "toller Verteidiger" gewesen, von dem er versuche, so viel wie möglich zu lernen. "Er mag Verteidiger, die sehr aggressiv spielen, den ersten Schritt vormachen, keine Zweikämpfe verlieren", sagte Kim. "Das ist ein Stil, der sehr gut zu mir passt." Kims innerer Konflikt scheint damit bereits gelöst zu sein. Er ist jedenfalls fest entschlossen, sich seinen Stammplatz bei den Bayern jetzt zurückzuerkämpfen. Die Seelentherapie in Seoul könnte ihm dabei helfen.