Nach dem Rückzug Joe Bidens geht die Diskussion über mögliche Präsidentschaftskandidaten los. Doch das Biden-Team hat wohl noch eine Rechnung offen. Erst wenige Stunden ist die Ankündigung von US-Präsident Joe Biden alt, doch nicht noch einmal kandidieren zu wollen. Aber die Aufarbeitung ist bereits in vollem Gange: Wer war zuletzt Freund, wer Feind des Demokraten? Die ehemalige Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, lobt Biden als Patrioten, der seinem Land stets oberste Priorität einräume. Pelosi äußert sich jedoch nicht zu Kamala Harris oder anderen möglichen Bewerbern. Biden hatte mit dem Rückzug seiner Kandidatur Vizepräsidentin Harris als Nachfolgerin vorgeschlagen. Doch einige Demokraten hielten sich mit Unterstützung für sie zunächst zurück. Senator Peter Welch, der als erster demokratischer Senator Bidens Rückzug als Bewerber verlangt hatte, verlangt ein offenes Verfahren zur Nominierung von Harris oder einer anderen Person. Nötig sei ein Konsens der Partei, eine Fortführung von Präsident Bidens Vermächtnis und die Fähigkeit, den republikanischen Kandidaten Trump zu schlagen, fordert Welch. Ex-US-Präsident Barack Obama würdigt die Leistungen von Biden, spricht sich aber nicht explizit für Vizepräsidentin Kamala Harris als neue Präsidentschaftskandidatin der Demokraten aus. "In den kommenden Tagen werden wir uns auf unbekanntem Terrain bewegen", erklärt Obama in einer Stellungnahme. "Aber ich bin außerordentlich zuversichtlich, dass die Führer unserer Partei in der Lage sein werden, einen Prozess in Gang zu setzen, aus dem ein herausragender Kandidat hervorgeht." Obama als "Strippenzieher" hinter den Kulissen? Biden, der unter Obama Vizepräsident gewesen war, habe jedes Recht gehabt, zur Wiederwahl anzutreten. "Wenn er beschließt, die Fackel an einen neuen Kandidaten weiterzugeben, ist das sicherlich einer der schwierigsten Entscheidungen in seinem Leben." Dass Bidens Entscheidung nicht ganz freiwillig war, hatte sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet. So war der Druck aus den eigenen Reihen auf den amtierenden Präsidenten immer größer geworden. Immer mehr Demokraten forderten den 81-Jährigen offen auf, sich aus dem Rennen zurückzuziehen. Andere verweigerten ihm plötzlich die Unterstützung. So auch Obama. Ihn sieht Biden laut einem Bericht der "New York Times" offenbar als "Strippenzieher" ("puppet master") einer Kampagne gegen ihn. Ebenso führende Demokraten wie die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi oder den aktuellen Senatssprecher Chuck Schumer. Biden-Vertraute sagten der Zeitung, die Parteifreunde hätten im Hintergrund dafür gesorgt, den Druck auf den Präsidenten zu erhöhen. Die "New York Times" schreibt gar von einem "Drama shakespearschen Ausmaßes". Offenbar hatte sich in den vergangenen Tagen der Machtkampf innerhalb der Partei verschärft. An dessen Ende musste Biden aufgeben. Angesichts der Tatsache, dass es Obama war, der Biden 2008 ins Weiße Haus holte und die beiden eigentlich eine persönliche Freundschaft verbindet, zeige sich Biden vom Verhalten seines ehemaligen Vorgesetzten enttäuscht. Pelosi und Schumer wiederum waren in beiden Kammern des Kongresses die Garanten dafür, dass Biden seine Politik gegen viele Widerstände umsetzen konnte. Ausgerechnet die Spitzenkandidaten haben nun wohl dafür gesorgt, dass der Präsident seinen Rückzug erklärt hat.