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Verletzte UN-Blauhelmsoldaten im Libanon: Scharfe Kritik an israelischen Angriffen

Stern 

Ein erneuter Zwischenfall mit verletzten Blauhelmsoldaten im Libanon hat scharfe internationale Kritik am israelischen Vorgehen im Kampf gegen die Hisbollah-Miliz ausgelöst. Westliche Länder und UN-Generalsekretär António Guterres verurteilten die Vorfälle, während die israelische Armee am Freitag eine "gründliche Untersuchung" ankündigte. Derweil rief die pro-iranische Hisbollah-Miliz die Bewohner des Nordens von Israel auf, sich von Armeeeinrichtungen in Wohngebieten fernzuhalten. Am frühen Samstag ertönten an mehreren Orten in Nordisrael die Alarmsirenen.

Nach Angaben der UN-Friedenstruppe Unifil waren am Freitag zwei ihrer Soldaten bei zwei Explosionen nahe eines Wachturms verletzt worden. Die israelische Armee teilte mit, dass sie nahe eines Unifil-Stützpunkts im Südlibanon auf eine "unmittelbare Bedrohung" reagiert habe. Dabei seien unabsichtlich zwei Unifil-Soldaten verletzt worden. 

Bereits am Vortag waren zwei Unifil-Soldaten infolge eines Beschusses verletzt worden, wofür die UN-Truppe die israelische Armee verantwortlich machte. Die israelische Armee zeigte sich "zutiefst besorgt über Vorfälle dieser Art". Sie führe "eine gründliche Untersuchung auf höchster Kommandoebene aus, um die Einzelheiten des Geschehens zu ermitteln", erklärte sie. 

Zu dem Vorfall am Freitag erklärte die Armee, laut vorläufigen Untersuchungsergebnissen hätten ihre Soldaten in Reaktion auf die "unmittelbare Bedrohung" eine "etwa 50 Meter von der Quelle der Bedrohung entfernte" Unifil-Stellung getroffen, wodurch zwei Unifil-Mitglieder unabsichtlich verletzt worden seien. 

Der pro-iranischen Hisbollah warf die Armee vor, die Blauhelme "absichtlich" zu gefährden. Nach Angaben der Unifil stammen die beiden am Freitag verletzten Blauhelmsoldaten aus Sri Lanka. 

Am Donnerstag waren beim Beschuss des Unifil-Hauptquartiers in Nakura laut der Friedenstruppe zwei indonesische Blauhelmsoldaten verletzt worden, als sie von einem Beobachtungsturm stürzten. Die israelische Armee hatte dazu erklärt, sie habe in der Nähe des Unifil-Stützpunktes, wo Kämpfer der Hisbollah-Miliz aktiv seien, Schüsse abgegeben. Im Vorfeld seien die UN-Soldaten in dem Gebiet aufgefordert worden, sich an geschützten Orten aufzuhalten. 

US-Präsident Joe Biden antwortete am Freitag auf die Frage eines Reporters im Weißen Haus, ob er Israel auffordere, den Beschuss einzustellen, mit den Worten: "Auf jeden Fall". UN-Generalsekretär Guterres erklärte, der Beschuss sei "nicht hinnehmbar" und ein "Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht". Die britische Regierung zeigte sich "entsetzt" von den Berichten über die Verletzten.

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der spanische Regierungschef Pedro Sánchez forderten bei einem Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Mittelmeer-Anrainer(Med9) auf Zypern eine sofortige Einstellung des Beschusses und der "Feindseligkeiten". Die Angriffe stellten eine "schwerwiegende Verletzung" der UN-Resolution 1701 dar.

Die Unifil-Friedenstruppe ist seit 1978 im Libanon stationiert, sie umfasst mehr als 10.000 Soldaten und Zivilkräfte. Durch eine nach dem Libanon-Krieg 2006 verabschiedete Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats wurden die Aufgaben der Blauhelmtruppe deutlich erweitert. 

Die Resolution sieht unter anderem vor, dass lediglich Truppen der Unifil und der libanesischen Armee im Grenzgebiet zu Israel eingesetzt werden sollten. Die Hisbollah, die den Krieg 2006 mit einem Angriff auf Israel ausgelöst hatte, blieb ungeachtet dessen dort.

Die Hisbollah hatte nach dem Großangriff der mit ihr verbündeten islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 mit permanenten Luftangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Die israelische Armee ging danach massiv gegen die Hamas im Gazastreifen vor. Seit September konzentriert das israelische Militär aber einen erheblichen Teil seiner Kräfte auf den Kampf gegen die vom Iran unterstützte Miliz.

Während sich die Menschen in Israel auf den Beginn des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur am Freitagabend vorbereiteten, ertönten am späten Nachmittag in mehreren Dutzend Orten im Nordwesten des Landes erneut die Luftalarmsirenen. Die israelische Armee meldete "etwa 80 Geschosse", die vom Libanon aus auf sein Staatsgebiet abgefeuert worden seien. Am späten Abend wurde dann wegen aus dem Libanon kommender Drohnen im Norden der israelische Metropole Tel Aviv Sirenenalarm ausgelöst. 

Die Hisbollah rief indes die Bewohner Nordisraels auf, sich von Armeeeinrichtungen in Wohngebieten fernzuhalten. Die israelische Armee nutze "die Häuser von Siedlern in manchen Siedlungen" im Norden Israels und unterhalte Militärstützpunkte in Städten wie Haifa oder Tiberias, erklärte die libanesische Miliz am Freitag auf Arabisch und Hebräisch. "Wir warnen die Siedler, sich in der Nähe dieser militärischen Ansammlungen aufzuhalten, um ihr Leben zu schützen."

Der libanesische Ministerpräsident Nadschib Mikati forderte derweil eine UN-Resolution für eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah. Seine Regierung werde den UN-Sicherheitsrat auffordern, eine Resolution "über einen vollständigen und sofortigen Waffenstillstand zu verabschieden", sagte er.

Das libanesische Militär teilte am Freitag mit, dass bei einem israelischen Beschuss eine ihrer Stellungen im Südlibanon getroffen worden sei. Dabei seien zwei libanesische Soldaten getötet und drei weitere verletzt worden. 

Unterdessen meldete der Zivilschutz im Gazastreifen, dass bei mehreren israelischen Angriffen im Norden des Palästinensergebiets am Freitag insgesamt 30 Menschen getötet worden. Überdies seien bei den Angriffen auf die Stadt Dschabalia und das gleichnamige Flüchtlingslager mindestens 110 weitere Menschen verletzt worden. 

Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete von heftigem Artilleriebeschuss, Explosionen und Schüssen am Samstag im Viertel Seitun in der Stadt Gaza.

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