Andre Dobelmann wollte seinen Kindern Miami zeigen, doch ihr Urlaub beginnt mit einem Hurrikan. Wie die deutsche Familie aus der Nähe von Münster Hurrikan "Milton" erlebt.
Herr Dobelmann, Sie sind zurzeit in Miami. Wie nehmen Sie die Lage wahr?
In den letzten zwei Tagen hat es hier sinnflutartig geregnet. Jetzt ist es trocken, aber der Wind hat ungeheure Kraft. Er bläst mit 50 km/h, dazu ist es drückend warm. Auch wenn der Hurrikan zurzeit von Tampa übers Land zieht und Miami nicht direkt treffen wird, kann man es regelrecht spüren, dass etwas Gewaltiges im Anmarsch ist. Auch dieser orkanartige Wind und die heißen Temperaturen – so etwas kennen wir bei uns in Deutschland nicht.
Wie reagieren die Menschen vor Ort?
Wir machen Urlaub in Miami, deshalb können wir nur für das sprechen, was wir hier sehen. Das Leben findet hier normalerweise draußen statt, doch in Regionen wie dem Ocean Drive sind viele Restaurants und Cafés in Strandnähe geschlossen. Die Menschen machen alles sturmfest, holen Stühle und Tische rein, auch in den Hotels wird alles, was draußen steht, reingeholt.
Was bekommen Sie aus Regionen wie Tampa mit?
Wir verfolgen das Geschehen im US-Fernsehen, aber auch auf deutschen Nachrichtenseiten und Apps. In unserem Hotel sagte man uns, dass viele Touristen, die in Tampa oder Fort Meyers Urlaub machen, evakuiert und nach Miami gebracht wurden. Es sollen insgesamt 21 Millionen Menschen durch "Milton“ betroffen sein. Das ist eine irre Zahl, in Deutschland wäre das jeder Vierte.
Wie ist die Stimmung? Haben die Menschen Angst?
Die Menschen hier sind angespannt, aber da wir nicht direkt im Epizentrum des Sturms sind, ist es eine surreale Situation vor Ort. Man sieht die Bilder der Verwüstung und das Ausmaß des Hurrikans, aber hier in Miami ist es im Grunde "nur“ windig. Da hat man als Urlauber fast ein schlechtes Gewissen. Aber natürlich sind die Menschen hier in großer Sorge, dass es sich ein Hurrikan wie "Helene“ wiederholen könnte und Menschen zu Schaden oder sogar zu Tode kommen.
Wieviel Angst haben Sie und Ihre Familie?
Von Angst würde ich nicht sprechen, wir verbarrikadieren uns nicht im Hotel. So schlimm ist die Lage nicht – oder besser gesagt, noch nicht. Wir waren heute Morgen joggen, lagen später für zwei Stunden am Strand. Sogar die Kinder sind nicht panisch, obwohl auch sie spüren, dass der Wind ungewöhnlich heftig ist.
Das heißt, die Lokale und Geschäfte sind geschlossen – aber Touristen gehen trotzdem baden?
Ja, das ist wirklich verrückt. Am Morgen wagte sich noch niemand ins Wasser, denn die Wellen sind mannshoch. Doch nach und nach gingen immer mehr Leute hinein. Allerdings nur bis zu den Schultern. Alles andere wäre auch lebensmüde, weil der Wind immer wieder die Richtung wechselt und man nicht weiß, ob man im nächsten Moment aufs Meer oder nur zur Seite abgetrieben wird.
Im Herbst ist Hurrikan-Saison in Florida. Warum sind Sie überhaupt hergereist?
Wir wollten den Kindern Miami zeigen, sie sind zum ersten Mal geflogen, waren noch nie zuvor in den USA. Statt im Sommer wegzufahren, haben wir unseren Jahresurlaub auf den Herbst verlegt. Natürlich dachten wir bei der Buchung darüber nach, ob wir in einen Hurrikan geraten können. Doch die Saison für diese tropischen Wirbelstürme beginnt bereits im Juni. Wir sind das Risiko auf gut Glück eingegangen. Nun müssen wir unseren Urlaub anders planen. Nach einem Stopp in Miami wollten wir eigentlich nach Cape Canaveral reisen und dann weiter nach Orlando. Doch Disney World muss jetzt ausfallen.
Wie werden Sie die kommenden Tage verbringen?
Man sagte uns, sobald der Sturm abgezogen sei, beruhige sich das Wetter. Der Wind solle nachlassen, auch folgen wohl trockene Phasen auf einen Hurrikan. Wir sind noch bis nächsten Donnerstag in Florida. Wir hoffen, dass wir unseren Kindern noch viele Sehenswürdigkeiten in diesem Land zeigen können. Aber unsere Sorge gilt natürlich den Menschen vor Ort. Wir hoffen, dass "Milton“ Florida nicht mit der gleichen Härte trifft wie "Helene“.