Deutschland hat erstmals seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan wieder Menschen in das Land abgeschoben. Die Rückführungen seien am Freitagmorgen erfolgt, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. "Es handelte sich hierbei um afghanische Staatsangehörige, die sämtlich verurteilte Straftäter waren, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen."
Der "Spiegel" berichtete, die Abschiebung sei mittels einer Charter-Maschine von Qatar Airways vom Flughafen Leipzig aus erfolgt. Ein Sprecher des sächsischen Innenministeriums erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, der Flug sei gegen 07.00 Uhr abgehoben und solle gegen Mittag in der afghanischen Hauptstadt Kabul landen. An Bord des Charter-Flugzeugs seien 28 afghanische Straftäter gewesen.
Wie der "Spiegel" berichtete, waren die abzuschiebenden Menschen zum Teil in der Nacht aus verschiedenen Bundesländern nach Leipzig gebracht worden. Die Aktion sei federführend vom Bundesinnenministerium organisiert worden. Jeder Abgeschobene erhielt demnach vor dem Flug 1000 Euro Handgeld.
Hebestreit erklärte, die Bundesregierung habe in den vergangenen Monaten "große Anstrengungen unternommen, um die Wiederaufnahme von Rückführungen in solchen Fällen zu erreichen und hat die hierfür zuständigen Länder zu diesem Zweck unterstützt". Angesichts der "bekanntermaßen schwierigen Rahmenbedingungen" habe Deutschland "regionale Schlüsselpartner um Unterstützung gebeten, um die Rückführung zu ermöglichen. Für diese Unterstützung ist die Bundesregierung sehr dankbar."
Hebestreit unterstrich zudem die Entschlossenheit der Regierung, weiterhin "solche Rückführungen" zu organisieren. "Das Sicherheitsinteresse Deutschlands überwiegt klar das Schutzinteresse von Straftätern und Gefährdern."
Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021 hatte es keine Abschiebungen mehr von Deutschland aus in das Land gegeben. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte am Donnerstag an, dass Deutschland "sehr bald" Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan umsetzen werde. Ein "großes Rückführungs- und Abschiebepaket" sei schon vor dem tödlichen Anschlag von Solingen "auf den Weg gesetzt" worden.
Bei einem Messerangriff auf einem Stadtfest in Solingen waren vor einer Woche drei Menschen getötet und acht weitere teils schwer verletzt worden. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, wurde am Samstag festgenommen. Die Bundesanwaltschaft geht von einer Tat mit islamistischem Hintergrund aus. Der Fall löste unter anderem eine Debatte über Abschiebungen und mögliche Versäumnisse der Behörden aus.