Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz sieht die von Kanzler Scholz vorgeschlagene Arbeitsgruppe zur Migrations- und Sicherheitspolitik skeptisch. Er benennt trotzdem einen Teilnehmer.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein, hat die Teilnahme seines Innenministers Roman Poseck (beide CDU) an der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagenen Arbeitsgruppe zur Migrations- und Sicherheitspolitik zugesagt. Gleichzeitig machte er aber klar, dass er den Vorstoß skeptisch sieht. "Wir brauchen jetzt kein Brainstorming mit der Bundesregierung, sondern die Bundesregierung braucht die Bereitschaft zum Schlussstrich. Wir brauchen eine Zeitenwende in der Migrationspolitik – und zwar jetzt", sagte Rhein der Deutschen Presse-Agentur.
Rhein kritisiert "falsche Migrationspolitik der letzten Jahre"
"Ich sehe akuten Handlungsbedarf und keinen weiteren Beratungsbedarf", fügte der Ministerpräsident hinzu. "Die Antwort auf Solingen ist nicht eine Arbeitsgruppe, sondern der Auftrag zu handeln - und die falsche Migrationspolitik der letzten Jahre zu beenden." Alle notwendigen Maßnahmen für eine konsequente Begrenzung der illegalen Migration und Bekämpfung straffälliger Migranten und islamistischer Terroristen würden bereits auf dem Tisch liegen.
Konkret nannte Rhein die Fortsetzung der bestehenden Grenzkontrollen, die Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union und mehr sichere Herkunftsstaaten. Außerdem verlangte er die grundsätzliche Möglichkeit der Abschiebung nach Afghanistan und Syrien, die generelle Ausweitung der Abschiebe- und Haftmöglichkeiten, den Entzug der Staatsbürgerschaft für Straftäter und Gefährder und eine konsequente Umsetzung der Dublin-Regeln der EU. "Den Großteil davon haben wir bei den Ministerpräsidentenkonferenzen beschlossen. Es kann nach Solingen kein "Weiter so" geben."
Erstes Treffen für nächste Woche geplant
Nach dem mutmaßlich islamistischen Messeranschlag von Solingen hatte Scholz am Mittwoch Gespräche mit den Ländern und der Union als größter Oppositionskraft über die möglichen Konsequenzen angekündigt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) werde "sehr zügig jeweils einen Vertreter des Vorsitzes und Co-Vorsitzes der Ministerpräsidentenkonferenz, Vertreter der größten Oppositionspartei und involvierte Bundesressorts zu vertraulichen und zielgerichteten Gesprächen über diese Frage einladen", sagte er.
Das erste Treffen soll schon nächste Woche stattfinden. Als Termin ist der kommende Dienstag im Gespräch. In der Arbeitsgruppe soll es nach den Vorstellungen des Kanzlers um die Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer, die Bekämpfung des islamistischen Terrors und das Waffenrecht gehen.
Noch keine Reaktion aus Niedersachsen
Den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) hat Hessen noch bis zum 1. Oktober. Dann übernimmt Sachsen, wo derzeit CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer die Regierung führt. Nächsten Sonntag wird dort allerdings gewählt. In den Umfragen liefert sich die AfD mit der CDU ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Rang der stärksten Partei. Niedersachsen mit Regierungschef Stephan Weil hat den Co-Vorsitz für die von der SPD geführten Länder in der Ministerpräsidentenkonferenz. Weil hat noch keinen Teilnehmer für die Runde benannt.
Aus der Bundesregierung sollen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) dabei sein. Es sind also alle drei Ampel-Parteien personell vertreten. CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz hat Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei als Beauftragten für Migrationsgespräche mit der Regierung benannt.