Susanne Siegert ist keine 08/15 Influencerin: Anstelle von Make-Up-Tutorials liefert sie Holocaustaufklärung. Im stern-Podcast ''Die Boss'' erzählt sie von den Höhen und Tiefen dieser Verantwortung
Holocaustaufklärung inmitten von Tanz- und Get-Ready-With-Me-Videos? Klingt befremdlich? Funktioniert aber! Susanne Siegert ist mit knapp 200.000 Followern auf ihrem TikTok-Kanal ''keine.erinnerungskultur'' der Beweis dafür. Sie gilt als eine der reichweitenstärksten Vermittlerinnen der historischen Erinnerung an den Holocast. Und schafft das, was kaum eine vor ihr geschafft hat: ersthafte Geschichtsbildung in 90 Sekunden auf TikTok.
Warum das so gut klappt? Sie treffe Jugendliche auf Augenhöhe und zwar dort, wo sie sich online bewegen, erzählt Susanne Siegert Gastgeberin Simone Menne in der neuen Folge vom stern-Podcast "Die Boss". ''Junge Menschen sind sehr interessiert an dem Thema Naziverbrechen und stellen ganz viele Fragen, die zeigen, dass sie über ihre eigene Rolle und die Rolle ihrer Familien reflektieren. Aber vielleicht werden diese Fragen eben nicht im Korsett von Schulunterricht beantwortet, sondern brauchen andere Formate.''
Siegert ist der Meinung, dass TikTok generell sinnvoller genutzt werden sollte. Vor allem von Politiker:innen. ''Diese Plattform wurde jetzt über Jahre nie ernst genommen.'' Ein Fehler. Im Gespräch mit Simone Menne erklärt sie, warum sie die Inhalte von Söder, Scholz & Co. als ''Frechheit'' empfinde und was die AfD auf TikTok richtig mache.
Was ihre Videos beweisen würden: Dass man vermeintlich schwierige Themen durchaus für die Plattform aufbereiten könne - in ihrem Fall sei es die ''Gedenkarbeit''. Hierbei spricht Susanne Siegert bewusst von ''Gedenkarbeit'' und nicht von Erinnerungskultur. Sie findet, das Wort ''Erinnerungskultur'' stütze sich sehr auf Überlebende und Zeitzeuginnen. Diese würden aber immer weniger.
''Wir müssen jetzt diese Arbeit machen und können das nicht mehr - blöd gesagt - an Überlebende so ein bisschen abschieben, sondern müssen selber aktiv werden.'' Wir haben es uns im Hinblick auf das Gedenken immer leicht als Angehörige des Tätervolks gemacht und den Überlebenden sehr viel aufgebürdet, sagt Susanne Siegert.
In ihrem Kanal stecke sehr viel Herzblut. Manchmal würden sie die einzelnen Geschichten und die intensiven Recherchen dazu wochenlang begleiten. Die Arbeit mache sie allerdings komplett von zu Hause, an ihrem Laptop, und beweist damit: Das kann jeder! Sie selbst sei ja auch keine Historikerin: ''Ich habe das nicht studiert. Ich bin einfach eine Person aus der Zivilgesellschaft, die angefangen hat, aus eigenem Antrieb, sich damit zu beschäftigen.'' Wie sie diese verantwortungsvolle Arbeit bewältigt, so ganz ''nebenbei'', zusätzlich zu ihrem Vollzeitjob, wie sie bislang mit Hasskommentaren - und sogar einem Shitstorm - umgegangen ist, und wie viel sie selbst immer noch dazulernt, verrät sie im Interview.
Bei "Die Boss – Macht ist weiblich" sprechen Spitzenfrauen unter sich: Gastgeberin und Multi-Aufsichtsrätin Simone Menne (unter anderem BMW, Deutsche Post DHL, Henkel) trifft Chefinnen aus allen Gesellschaftsbereichen, um mit ihnen über ihr Leben und ihre Karriere zu reden. "Die Boss" erscheint vierzehntäglich immer mittwochs auf stern.de sowie auf RTL+ und allen gängigen Podcast-Plattformen.
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