SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert blickt skeptisch auf mögliche Koalitionen seiner Partei mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). "Die SPD strebt an, dass Regierungen ohne das BSW gebildet werden können", sagte Kühnert den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Donnerstag. "Parteien ohne Programm gehören nicht in Regierungsverantwortung." Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz riet seiner Partei zu einem "maximalen Abstand" zum BSW.
In Thüringen und Sachsen werden am 1. September neue Landtage gewählt. Dem BSW werden in beiden Bundesländer zweistellige Werte und ein dritter Platz vorhergesagt. Bei der Landtagswahl in Brandenburg zwei Wochen später kann die Partei ebenfalls mit 16 bis 17 Prozent rechnen.
Kühnert kritisierte, es gebe nur ein Thema, bei dem das BSW überhaupt greifbar sei, und das sei "das Thema, was auf der Landesebene nun als Allerletztes entschieden wird: die internationale Politik. Auf so wenig Substanz sollte man keine Regierung aufbauen", urteilte der SPD-Generalsekretär.
Diskussionen über eine mögliche Koalition mit dem BSW gibt es auch in der CDU. Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Wanderwitz positionierte sich dazu klar: "Wir wissen ja ob der Vergangenheit von Frau Wagenknecht. Nationalbolschewistin ist sie inzwischen", sagte der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung dem "Tagesspiegel". "Das ist für Christdemokratinnen und -demokraten genug Wissen, um maximalen Abstand zu halten. Auf allen Ebenen."
Die BSW-Spitzenkandidatin in Thüringen, Katja Wolf, sagte dem "Tagesspiegel", Wagenknecht sei "ein Phänomen. Jeder weiß, wofür sie politisch steht". Von dieser Klarheit profitiere die Partei.
Dennoch geht Wolf davon aus, dass das BSW in fünf Jahren anders heißen wird. "Weil die Partei sich entwickeln wird, in die Breite, mit mehr Programmen in den Ländern, mit mehr Köpfen."
Die Frage, ob Wagenknecht im BSW das letzte Wort habe, verneinte Wolf. "Wir stimmen uns eng ab, weil wir nicht wollen, dass es in Grundsatzfragen gelingt, einen Keil zwischen uns zu treiben und Widersprüche zu konstruieren. Wir sind darauf bedacht, dass die Partei mit einer Stimme redet." Wagenknecht habe "die bundespolitische Brille auf. Ich würde ungern jede Woche ein Thüringen-Thema von ihr serviert bekommen".
Bei möglichen Koalitionsverhandlungen nach den Landtagswahlen in September will Wagenknecht allerdings mit am Tisch sitzen. "Wenn in Sachsen und Thüringen verhandelt wird, werden wir diese Gespräche in enger Abstimmung mit unseren Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten führen und natürlich werde ich mich auch persönlich einbringen", sagte sie dem "Spiegel" laut Vorabmeldung von Mittwochabend.
Wagenknecht warnte, wenn eine Regierung unter BSW-Beteiligung die Menschen enttäuschte, wäre "das ein Konjunkturprogramm für die AfD". Deshalb werde ihre Partei nur mitregieren, wenn sie substanzielle Veränderungen durchsetzen könne: "In der Bildung, beim Abbau von Bürokratie, bei der Einflussnahme der Bürger durch direkte Demokratie oder auch in der Aufarbeitung der Coronazeit."