Die Jacht von Technologieunternehmer Mike Lynch ist vor Sizilien gesunken – und hat wohl sieben Menschen in den Tod gerissen. Es gibt erste Hinweise auf die Ursache.
Taucher haben am Dienstag die Suche nach den sechs vermissten Insassen einer vor Sizilien gesunkenen Luxusjacht fortgesetzt. Im Einsatz an der in 50 Metern Tiefe am Meeresgrund liegenden Jacht sind Spezialtaucher der Feuerwehr, die für Tauchgänge auf beengtem Raum ausgebildet sind. Ein erster Tauchgang der am Montagabend aus Rom und Sardinien eingetroffenen Spezialisten verlief nach Angaben der Feuerwehr ergebnislos, weil Möbelstücke den Zugang zum Inneren der Jacht versperrten.
Die mit zehn Besatzungsmitgliedern und zwölf Passagieren besetzte Luxusjacht "Bayesian" war in der Nacht zum Montag in der Nähe von Porticello vor der Küste Siziliens in einem Sturm gesunken. Ursache war laut Medienberichten eine Wasserhose, ein Wirbel aus Wasser und starkem Wind über dem Meer. 15 Passagiere und Besatzungsmitglieder konnten gerettet werden. Eine Leiche wurde geborgen, sechs weitere Insassen des Schiffs werden vermisst.
PAID Auf dem Königsweg Royale Jachten 14.42Bei der Suche nach den Vermissten ist wegen der Tiefe, in der das gesunkene Schiff liegt, jeder Tauchgang auf zwölf Minuten begrenzt, wie Feuerwehrsprecher Luca Cari berichtete. Zwei Minuten davon sind für das Auf- und Abtauchen vorgesehen. Mehrere der jetzt beteiligten Spezialisten waren nach den Worten von Marco Tilotta vom Tauchteam der Feuerwehr von Palermo bereits am Wrack des Kreuzfahrschiffs "Costa Concordia" im Einsatz, das 2012 vor der Küste der Toskana gesunken war. Damals waren 32 Menschen ums Leben gekommen.
Die Bemühungen konzentrieren sich laut Tilotta darauf, in die Wohn- und Schlafräume der auf der Seite liegenden Jacht vorzustoßen. "Die Räume im Inneren eines Boots sind sehr beengt", schilderte Feuerwehrsprecher Cari. "Wenn man auf ein Hindernis stößt, ist es sehr schwierig zu umgehen, genau so schwer ist es, Alternativrouten zu finden."
Die 20 größten Segeljachten der Welt 12.31
An der Rettungsaktion unmittelbar nach dem Unglück war auch der Hamburger Kapitän Karsten Börner beteiligt, dessen Jacht mit sieben deutschen Gästen nahe Palermo vor Anker lag. "Ich habe gesehen, wie die 'Bayesian' mit ihrem 75 Meter hohen Mast unter dem Sturm zuerst umkippte und dann sank", berichtete der 69-Jährige im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Szene war schrecklich." Nachdem die 15 Überlebenden an Bord seines Schiffes gegangen seien, sei die Suche nach den weiteren Passagieren der "Bayesian" fortgesetzt worden, sagte Börmer. "Leider vergebens."
Unter den Vermissten ist der britische Tech-Milliardär Mike Lynch. Auch Lynchs 18-jährige Tochter ist darunter, der Morgan-Stanley-Manager Jonathan Bloomer und Chris Morvillo, ein Anwalt der Großkanzlei Clifford Chance, die Lynch in einem Verfahren in den USA vertreten hatte, sowie deren Ehefrauen, wie der Chef des Zivilschutzes auf Sizilien, Salvatore Cocina, sagte. "Die Befürchtung ist, dass sie im Boot eingeklemmt wurden", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.
Segeljacht kentert vor Sizilien: Ein Toter, sechs Vermisste 16.30Italienischen Medienberichten zufolge waren die Passagiere des Schiffs Gäste von Lynch. Der Unternehmer hatte demnach auf der Jacht seinen Freispruch im Prozess um einen Milliardenbetrug gefeiert.
Lynch war im Juni in den USA von Betrugsvorwürfen um den Verkauf seiner Software-Firma Autonomy an Hewlett-Packard freigesprochen worden. Ihm war vorgeworfen worden, Akten gefälscht und den Umsatz seines Unternehmens falsch angegeben zu haben. Die "Sunday Times" schätzte das Vermögen des ehemaligen Regierungsberaters auf rund 587 Millionen Euro.
Der ungewöhnlich heftige Sturm hat die Crew der "Bayesian" womöglich überrascht. Die Oberflächentemperatur des Wassers rund um Sizilien liege bei rund 30 Grad, drei Grad mehr als normal zu dieser Jahreszeit, sagte der Meteorologe Luca Mercalli. "Das ist eine enorme Energiequelle, die zu solchen Stürmen führt." Man könne das nicht allein auf die globale Erwärmung zurückführen, sie habe aber einen verstärkenden Effekt.
Die britische Regierung hat vier Inspektoren zur Aufklärung von Seeunglücken nach Sizilien entsandt. Einem Insider zufolge sollen sie vor allem prüfen, ob die Besatzung der "Bayesian" vor dem Sturm Zeit hatte, die Schotten dicht zu machen.
Die "Bayesian" wurde 2008 in der Toskana gebaut und 2020 überholt. Laut der Website "Charter World" verfügte sie über den mit einer Höhe von 75 Metern größten Aluminium-Segelschiffmast der Welt.
Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert.