Eine neue E-Auto-Studie wirft Regierung und Opposition schwere Patzer beim Umbau zur E-Mobilität vor. Experte Dudenhöffer fordert die sofortige Rückkehr der Umweltprämie für Stromer.
Deutschland ist beim Umbau auf Elektromobilität um fünf Jahre zurückgefallen. Schuld daran seien falsche Entscheidungen und in die Irre führende Diskussionen in Berlin. Zu diesem Ergebnis kommt das Bochumer Center Automotive Research (CAR) in einer neuen Studie. Institutsleiter Ferdinand Dudenhöffer sagt: "Deutschland verliert beim großen Zukunftsthema der Mobilität den Anschluss."
Im Jahr 2022, so die Studie, hat es bundesweit mit 17,7 Prozent den höchsten Anteil vollelektrischer Pkw beim Neuwagenverkauf gegeben (inklusive Plug-In-Hybriden waren es sogar 31,4 Prozent). Im ersten Halbjahr dieses Jahres machten reine E-Autos dagegen nur noch rund 12,5 Prozent aller Neuanmeldungen aus. Verkaufswerte wie 2022, so CAR, können vor 2027 nicht wieder erreicht werden.
Dudenhöffer fordert Politiker auf, sie sollten ihre Worte und Taten künftig besser abwägen: "Neuwagenkäufer reagieren sehr sensibel auf Preise und politische Aussagen." Schon der Stopp der Verkaufsprämien für Plug-In-Hybride zu Jahresbeginn 2023 habe den Absatz einknicken lassen und zu einer "politisch verursachten Renaissance der klassischen Verbrenner" geführt. Man habe versucht, die Hybrid-Antriebstechnik zur Mogelpackung für Elektromobilität zu erklären.
Das plötzliche Aus der Umweltprämie auch für reine Elektroautos Ende 2023 habe die Verunsicherung im Markt weiter verschärft. Hauptverursacher seien die Grünen um Wirtschaftsminister Robert Habeck – "ausgerechnet die Partei, die das Gegenteil erreichen wollte".
Aber auch die deutsche CDU-Politikerin und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe ihren Teil zum Verkaufseinbruch beigetragen, indem sie im Oktober 2023 "mit hoher Medien-Power" das geplante EU-weite Verbrennerverbot zum Jahr 2035 in Frage gestellt habe. Dudenhöffer: "Die 'Rettung des Verbrennerantriebs' wurde zur industriepolitischen Parole der FDP, AFD, CDU, CSU und BSW." Man habe gemerkt, dass man damit Wählerstimmen gewinnen könne. Synthetische Kraftstoffe wurde dagegen gehypt, "obgleich weder von der Produktionsseite noch von der Kostenseite fundierte und zuverlässige Fakten vorlagen".
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So legen die Verbrenner wieder zu. Im ersten Halbjahr 2024 waren 56,1 Prozent aller neuzugelassenen Pkw Benziner oder Diesel. CAR sieht eine Chance, dass aktuelle Marktentwicklungen helfen können, diesen Trend umzukehren, weil die Preisspanne zwischen Verbrennern und Stromern weiter sinkt. So lasse die schwache Nachfrage die Kosten für Batterien einbrechen, bei Lithium-Ionen-Eisenphosphat-Zellen waren es zuletzt gut 40 Prozent minus binnen neun Monaten. Auch zwängen schlechte Kapazitätsauslastungen und ab 2025 verschärfte CO2-Vorgaben der EU für Neuwagen dazu, Kunden höhere Rabatte auf E-Autos zu gewähren.
Dudenhöffer fordert die sofortige Wiedereinführung einer Ökoprämie für E-Autos von 5000 bis 6000 Euro, an der sich die Industrie beteiligt. "Und die Altparteien müssen gemeinsam endlich eine Kampagne starten, die klar besagt, dass E-Autos Hochtechnologie sind, die uns in die Zukunft führt. E-Autos sind längst auf Augenhöhe mit Verbrennern."
Dass E-Autos per se zu teuer sind, reicht als Erklärung für die Absatzkrise allein nicht aus. Die Deutschen geben im Durchschnitt rund 45.000 Euro für einen neuen Pkw aus. Dafür sind schon jede Menge gute Stromer im Angebot.