Nach der Flucht von Regierungschefin Scheich Hasina aus Bangladesch infolge wochenlanger Massenproteste hat sich ein Anführer der Studentenproteste für den Nobelpreisträger Muhammad Yunus als Chef einer Übergangsregierung ausgesprochen. Der "international anerkannte" Yunus, "der breite Akzeptanz genießt, könnte leitender Berater einer Interimsregierung sein", sagte Nahid Islam, Anführer der Vereinigung Studenten gegen Diskriminierung (SAD), am Dienstag in einer Videobotschaft.
Die seit 15 Jahren herrschende Scheich Hasina war am Montag aus dem südasiatischen Land geflohen. Armeechef Waker-Uz-Zaman kündigte die Bildung einer Übergangsregierung an. Er sollte am Dienstag Studentenführer treffen.
Bei den gewaltsamen Protesten wurden allein am Montag mindestens 109 Menschen getötet, wie Polizei und Ärzte am Dienstag mitteilten. Es war der blutigste Tag seit Beginn der Massenproteste Anfang Juli. Nach AFP vorliegenden Zahlen wurden insgesamt mindestens 409 Menschen getötet.
Ursprünglich waren die Demonstranten gegen eine Quotenregelung für die Vergabe von Jobs im öffentlichen Dienst auf die Straße gegangen, die ihrer Ansicht nach Unterstützer von Hasina bevorzugte. Nach und nach wurde dann der Rücktritt der seit 2009 amtierenden Regierungschefin das Ziel der Protestbewegung, der sich immer mehr Menschen aus allen Bevölkerungsschichten anschlossen.
Der heute 84-jährige Yunus hatte in den 1980er Jahren die Grameen Bank gegründet, die Mikrokredite an die ärmsten Menschen in Bangladesch vergibt und Millionen Menschen aus der Armut half. 2006 wurde dem Wirtschaftswissenschaftler dafür der Friedensnobelpreis verliehen. Er galt lange auch als möglicher politischer Widersacher von Regierungschefin Scheich Hasina, die ihn als "Blutsauger" bezeichnete.
"Wir vertrauen Dr. Yunus", erklärte Asif Mahmud, ein weiterer Anführer der Stundentenbewegung SAD, im Onlinedienst Facebook. Yunus hält sich derzeit in Europa auf. Ein enger Mitarbeiter sagte am Montag, Yunus habe bislang kein Angebot des Militärs zur Führung einer Übergangsregierung erhalten.
Die 76-jährige Hasina war im Januar in einer von einem großen Teil der Opposition boykottierten Wahl im Amt bestätigt worden. Ihrer Regierung wurden unter anderem der Missbrauch staatlicher Institutionen zum eigenen Machterhalt und die Unterdrückung von Regierungskritikern vorgeworfen - bis hin zur außergerichtlichen Tötung Oppositioneller. In den vergangenen Wochen gingen Millionen Menschen auf die Straße und forderten ihren Rücktritt.