In Bangladesch sind bei erneuten Protesten gegen Regierungschefin Scheich Hasina am Sonntag mindestens 77 Menschen getötet worden. In mehreren Städten des südasiatischen Lands gingen Protestierende und Anhänger der Regierung mit Stöcken und Messern aufeinander los, Polizisten feuerten aus Gewehren auf Demonstranten. Die im Juli aus Protest gegen eine Quotenregelung entstandenen Demonstrationen, an denen am Sonntag hunderttausende Menschen teilnahmen, haben mittlerweile den Rücktritt der Regierung zum Ziel.
Alleine in der Hauptstadt Dhaka wurden nach Angaben von Sicherheitskräften und Krankenhausärzten mindestens zwölf Menschen getötet, zahlreiche davon mit Schusswaffenverletzungen. AFP-Journalisten berichteten am Sonntagabend (Ortszeit) nach Sonnenuntergang von anhaltendem Gewehrfeuer in der Millionenmetropole. Die Protestierenden hielten sich nicht an eine von den Behörden verhängte Ausgangssperre, das mobile Datennetz im Land wurde stark eingeschränkt.
Bei einem Angriff auf ein Polizeirevier in der Kleinstadt Enayetpur im Nordosten des Landes wurden nach Angaben eines Polizisten elf Sicherheitskräfte getötet. Mindestens weitere 18 Menschen wurden im Bezirk Sirajganj im Norden des Landes getötet.
Nach den Auseinandersetzungen am Sonntag stieg die Gesamtzahl der bei den Protesten Getöteten auf mindestens 283. Die Proteste in dem südasiatischen Land mit 170 Millionen Einwohnern hatten im Juli begonnen, dabei ging es zunächst um die Ablehnung eines Quotensystems für den öffentlichen Dienst. Inzwischen richten sich die Proteste allgemein gegen die seit 2009 amtierende Hasina und ihr Kabinett.
Der Protestbewegung haben sich mittlerweile Menschen aus allen Bevölkerungsschichten angeschlossen, unter anderem Filmstars, bekannte Musiker und ehemalige Generäle haben ihre Unterstützung ausgedrückt. Auch 47 Firmen der für die Wirtschaft des Landes wichtigen Textilbranche haben sich mit den Demonstrierenden solidarisiert. Offen ist bislang, ob die Armee die Protestierenden unterstützt - oder weiterhin zu Hasina steht.
Die 76-jährige Regierungschefin war im Januar in einer von einem großen Teil der Opposition boykottierten Wahl im Amt bestätigt worden. Ihrer Regierung werden unter anderem der Missbrauch staatlicher Institutionen zum eigenen Machterhalt und die Unterdrückung von Regierungskritikern vorgeworfen - bis hin zur außergerichtlichen Tötung Oppositioneller.