In der Migrationspolitik wollte die Ampel-Koalition den Schalter umlegen. Das hat sie auch getan. Das Reformtempo ist für manche Beamte, die das vor Ort umsetzen müssen, eine echte Herausforderung.
Das neue Staatsangehörigkeitsrecht hat eine große Nachfrage nach dem deutschen Pass ausgelöst. Der Weg zur Einbürgerung bleibt jedoch nach Einschätzungen des Deutschen Städtetages für viele Ausländer lang - zumindest in der ersten Zeit.
In der Öffentlichkeit werde die Reform, die am 27. Juni in Kraft trat, oft so wahrgenommen, dass sie Einbürgerungen nicht nur einfacher, sondern auch schneller mache, sagte der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes, Helmut Dedy, der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist, zumindest in den nächsten Monaten nicht der Fall", gab er zu bedenken.
Dass jetzt eine hohe Zahl neuer Anträge auf ohnehin schon stark belastete Ämter treffe, verlangsame die Verfahren zunächst, statt sie zu beschleunigen. "Einbürgerungswillige müssen erst einmal viel Geduld mitbringen", erklärte Dedy.
Einbürgerungsantrag im Regelfall nach fünf Jahren möglich
Das von SPD, Grünen und FDP beschlossene neue Staatsangehörigkeitsrecht sieht vor, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nun schon nach fünf statt bisher acht Jahren besteht – vorausgesetzt der Antragsteller erfüllt alle Bedingungen. Dazu zählt beispielsweise, dass jemand seinen Lebensunterhalt grundsätzlich selbst bestreiten kann.
Bei besonderen Integrationsleistungen sollen Ausländerinnen und Ausländer bereits nach drei Jahren Deutsche werden können. Voraussetzungen für die schnellere Einbürgerung sind gute Leistungen in Schule oder Job, hervorragende Sprachkenntnisse oder ehrenamtliches Engagement. Mehrstaatigkeit - der sogenannte Doppelpass - wird generell zugelassen. Um die Leistungen der DDR-Vertragsarbeiter und der sogenannten Gastarbeiter zu würdigen, wurden für sie die Anforderungen für eine Einbürgerung gesenkt.
Hamburg hat Personal aufgestockt
In der Einbürgerungsbehörde der Stadt Erfurt liegt die Wartezeit bis zur Bearbeitung aktuell bei über einem Jahr. Für die Bearbeitung braucht die Behörde dann nach eigenen Angaben je nach Komplexität des Falles drei bis sechs Monate. Waren in der thüringischen Landeshauptstadt im Juni 68 Anträge eingegangen, so waren es im Juli schon deutlich mehr: 114 Anträge. In Hamburg, wo das Personal nach Angaben eines Sprechers schon vorsorglich aufgestockt worden war, liegt die Bearbeitungszeit im Schnitt bei rund einem Jahr.
Viele Städte gäben sich große Mühe und hießen die Neubürger in Einbürgerungsfeiern willkommen, heißt es vom Städtetag. Auch beim Personal werde getan, was möglich sei. Doch Hauptgeschäftsführer Dedy sieht hier eine Grenze erreicht. Er sagt: "Die personellen Engpässe, die durch neue Aufgaben und damit immer mehr Vorgänge in den Ämtern entstanden sind, lassen sich nicht einfach beseitigen."