Der mutmaßliche Kopf einer Schleuserbande hat mehr Kontakte zur NRW-Landesregierung unterhalten als bislang bekannt. Grund der meisten Treffen sind die Lobby-Aktivitäten des Anwalts.
Der mutmaßliche Kopf einer Schleuserbande, die vermögenden Chinesen zu Aufenthaltstiteln in Deutschland verholfen haben soll, hat sich weit öfter mit Mitgliedern der Landesregierung getroffen als bislang bekannt. Das hat die Landesregierung auf eine Anfrage der SPD-Fraktion mitgeteilt. Die Treffen kamen überwiegend durch die Tätigkeit des Juristen für eine Berliner Lobby-Agentur zustande. Der "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte zuvor berichtet.
Demnach soll der Rechtsanwalt mit dem Ex-Grünen-Politiker Hubert Kleinert wegen der geplanten Sand- und Kiesabgabe im Auftrag eines Unternehmens der Branche bei NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) vorstellig geworden sein. Um das gleiche Thema ging es bei einer Videokonferenz mit NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) mit Ex-Landesminister Ernst Schwanhold (SPD), der als Partner desselben Berliner Unternehmens tätig ist.
Der Anwalt, gegen den die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt, habe zudem Staatssekretär Bernd Schulte (CDU) in der Staatskanzlei besucht. Ein Thema des Treffens wurde nicht genannt. Es folgte ein weiteres Treffen mit Schulte. Gemeinsam mit einer ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten sei der Anwalt für ein Beratungsunternehmen auch bei Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) gewesen.
Die Landesregierung habe dem Anwalt offenbar mehr Türen geöffnet als bisher bekannt, sagte die SPD-Abgeordnete Christina Kampmann. Man wolle daher wissen, worum es in dessen Gesprächen mit Staatssekretär Schulte ging.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte bereits acht Treffen mit dem Anwalt eingeräumt, der jahrelang selbst CDU-Mitglied war. Einmal sei es dabei um Interessen eines Sportwettenverbands gegangen. Die Lobbyisten-Tätigkeit des Anwalts ist den bisherigen Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge nicht Gegenstand der Ermittlungen.
Die mutmaßliche Schleuserbande soll wohlhabenden Menschen aus China und dem Oman eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland beschafft haben. Im Einzelfall sollen dafür bis zu 350.000 Euro geflossen sein. Die Polizei hatte in diesem Zusammenhang im April bei einer Razzia Wohnungen in acht Bundesländern durchsucht.
Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass die mutmaßlichen Schleuser auch Amtsträger in Behörden bestochen haben könnten, um sicherzustellen, dass ihre Klienten aus dem Ausland die gewünschte Aufenthaltserlaubnis erhielten. Die Ermittlungen wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits 2020 aufgenommen, die Taten sollen sich teilweise bereits in den Jahren 2016/2017 ereignet haben.
Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen den Dürener Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU) wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und gegen den Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD). Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft derzeit gegen 58 Beschuldigte sowie 147 mutmaßliche Nutznießer, die durch die Schleuser illegal an Aufenthaltstitel gelangt sein sollen.