Gut einen Monat vor der Landtagswahl in Thüringen ist die Landesregierung zumindest teilweise vom Untreue-Verdacht entlastet. Linke-Ministerpräsident Ramelow reagiert erleichtert.
Die Staatsanwaltschaft Erfurt hat ein Untreue-Verfahren gegen die Thüringer Landesregierung eingestellt. Sie habe im Laufe der Ermittlungen "keine schwerwiegenden Pflichtverletzungen" durch das Kabinett feststellen können, heißt es in der 19-seitigen Verfügung, die dem stern vorliegt.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) reagierte erleichtert. "Ich bin froh, dass damit bestätigt ist, dass es keine strafrechtlichen Verstöße gab", sagte er dem stern. "Das nimmt ein schweres Gewicht von meinen Schultern."
Anfang 2023 hatte der Landesrechnungshof die Einstellung von Staatssekretären und hohen Beamten durch die Landesregierung ungewöhnlich scharf kritisiert. Sie sei "fehlerhaft", "rechtswidrig" und "nicht nachvollziehbar", hieß es in zwei Prüfberichten. Behördenpräsidentin Kirsten Butzke sprach von "systematischen und schwerwiegenden" Verstößen. So sei das Prinzip der Bestenauslese nicht eingehalten worden.
Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen gegen Unbekannt ein. Zusätzlich stellten AfD und FDP Strafanzeigen, die sich teilweise auch gegen Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) persönlich richteten.
Eineinhalb Jahre später stellte nun die Ermittlungsbehörde das Verfahren zu den Staatssekretären gemäß Paragraf 170, Absatz 2 der Strafprozessordnung ein. Das heißt, sie sieht keinen "genügenden Anlass" zur Anklage.
Dabei hält auch die Staatsanwaltschaft offenkundig einige Personalentscheidungen durchaus für fragwürdig. Aber, so heißt es in der Verfügung: "Nicht jede festgestellte außerstrafrechtliche Pflichtverletzung" führe "automatisch zur Annahme einer untreuetauglichen und damit strafbaren Pflichtverletzung".
Ramelow gestand Fehler der Landesregierung ein. "Der Rechnungshof hat in seinen Berichten Schwächen offengelegt, zum Beispiel bei der Dokumentation der Personalentscheidungen", sagte er. "Das haben wir aber repariert." Im Grundsatz stünden er und die Landesregierung weiterhin zu ihren Personalentscheidungen.
Im Fall der besonders umstrittenen Einstellung einer Staatssekretärin schreibt die ermittelnde Staatsanwältin, es könne "dahinstehen", ob die Entscheidung der Landesregierung einer Prüfung durch ein Verwaltungsgericht standhielte. Gleichwohl sei die damalige Einstellung "nicht so evident abwegig" gewesen, dass sie als "grob rechtswidrig" gewertet werden müsse.
Unabhängig von der aktuellen Entscheidung der Staatsanwaltschaft läuft das ein zweites Verfahren, dass sich mit der Einstellung von hohen Beamten beschäftigt, unverändert weiter. Das bestätigte ein Sprecher der Erfurter Ermittlungsbehörde auf Nachfrage dem stern.
Die politische Debatte dürfte sich sowieso fortsetzen. Der Thüringer Landtag hatte 2023 auf Antrag der oppositionellen CDU einen Untersuchungsausschuss zu der sogenannten Postenaffäre eingesetzt. Vor wenigen Wochen kam es zu heftigem Streit im Parlament über den Zwischenbericht des Gremiums. Der Abschlussbericht soll noch vor der Landtagswahl am 1. September vorgelegt werden.