Ein Mordfall ohne Leiche und viele offene Fragen: Das Verschwinden einer Schwangeren aus Nürnberg konnte auch der Prozess nicht bis ins Detail aufklären. Das Urteil wird mit Spannung erwartet.
Über Monate hat das Verschwinden einer im achten Monat schwangeren 39-Jährigen aus Nürnberg viele Menschen in Deutschland beschäftigt. Obwohl ihre Leiche bis heute nicht gefunden ist, sind sich Staatsanwaltschaft und Polizei sicher: Es war Mord.
Nun will das Landgericht am kommenden Mittwoch (24.) das Urteil in dem Prozess gegen den früheren Lebensgefährten der Frau und dessen Geschäftspartner verkünden. Doch aufgeklärt wird der Kriminalfall damit nicht sein. Und auch die juristische Aufarbeitung könnte danach noch weitergehen.
Überwältigt, verschleppt, getötet?
Was geschah am 9. Dezember 2022, als die Schwangere plötzlich verschwand, nachdem sie ihre Pflegetochter zur Kita gebracht hatte? Um diese Frage zu beantworten, hatten die Ermittler hunderte Spuren im In- und Ausland ausgewertet und etliche Sachverständige zurate gezogen. Am Ende fügten sich aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Indizien zu einem Bild: Demnach ist die 39-Jährige Opfer eines Verbrechens geworden.
Videobilder aus Überwachungskameras, DNA-Spuren, Fingerabdrücke, Handydaten - all das beweist laut Staatsanwaltschaft, dass die beiden Angeklagten die Frau an jenem Tag überwältigten, verschleppten und töteten - und damit auch das ungeborene Kind, das sie mit ihrem neuen Partner erwartete. Für die beiden Angeklagten, einen 51-Jährigen aus Bosnien-Herzegowina und einen 49-jährigen Deutschen, fordert sie deshalb lebenslange Haft. Außerdem soll das Gericht die besondere Schwere der Schuld feststellen.
Verteidigung: Lücken in der Beweisführung
Für die Verteidigung kommt dagegen nur ein Freispruch infrage. Es liege keine Indizienkette vor, sondern nur ein Indizienteppich und dieser weise Löcher auf, erklärte Verteidiger Christian Krauße im Prozess. Die gefundenen DNA-Spuren seien den Angeklagten nicht eindeutig zuzuordnen und könnten auch von anderen Personen stammen, monierte die Verteidigung unter anderem. Aus Sicht der Verteidigung gibt es keinen Beweis, dass die Angeklagten an den möglichen Tatorten waren. Zudem fehle ein Motiv für die Tat.
Die Staatsanwaltschaft hält dagegen finanzielle Streitigkeiten für das Motiv. Der damalige Lebensgefährte soll das Geld der Bank-Filialleiterin für Immobiliengeschäfte verwendet haben, die über den zweiten Angeklagten liefen und beiden ein luxuriöses Leben ermöglichten. Nach der Trennung hatte dieser aber keinen Zugriff mehr auf die Konten.
Mit einer Betrugsmasche sollen die Männer versucht haben, dennoch an das Vermögen zu kommen. Die Frau zeigte die beiden an - und verschwand wenige Tage, bevor es zum Prozess kommen sollte. Bevor die Männer die 39-Jährige ermordeten, sollen sie diese nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft in einer Lagerhalle dazu gezwungen haben, die Anzeige in einem Brief an die Justiz zurückzunehmen.
Großes Interesse am Prozess
Prozessbeobachtende erwarten nun gespannt die Urteilsverkündung. Viele hatten die Verhandlung regelmäßig verfolgt. Beim Plädoyer der Verteidigung waren die Zuschauerreihen bis auf den letzten Platz belegt.
Doch bis zuletzt konnte die Beweisaufnahme nicht alle Fragen klären, was an dem 9. Dezember tatsächlich geschah. Die Nebenklage hatte deshalb auf eine Aussage der beiden Angeklagten vor Gericht gehofft - auch um herauszufinden, wo die Leiche der Frau verborgen liegt. Diese schwiegen aber den gesamten Prozess über zu den Vorwürfen.
Dass - je nach Urteil – Staatsanwaltschaft oder Verteidigung Revision einlegen werden - halten viele Prozessbeobachtende für wahrscheinlich. Das Verschwinden der 39-Jährigen könnte die Justiz also noch länger beschäftigen.