Aus Loudenvielle ging es direkt zur WM nach Canazei – und dort hatte auch Texi mit dem Wintereinbruch und entsprechend komplizierten Strecken zu kämpfen. Warum auf der letzten Stage die Brechstange herausgeholt werden musste und ob das Rennen für Texi am Ende erfolgreich verlief, erfahrt ihr im Race-Blog von Christian Textor zur Enduro-WM.
Ergebnisse, Fotostory und mehr von der Enduro WM Canazei: Enduro Weltmeisterschaft Val di Fassa
Also, Rennbericht Enduro WM Canazei. Wo fangen wir an? Eine Woche nach Loudenvielle (Rennbericht Loudenvielle) ging es quasi direkt weiter mit Canazei. Loudenvielle war ja nicht so komplett optimal, aber eine gute Vorbereitung für Canazei und hat mir auf jeden Fall geholfen, wieder so ein bisschen auf Pace zu kommen. In Canazei waren wir schon relativ früh am Start vor unserem Team und hatten die Chance, so gut wie alle Strecken vorher abzulaufen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir noch keinen Schnee – der dann später in der Woche leider dazugekommen ist. Es sah auf jeden Fall alles nach guten Strecken aus, was auch einfach cool zu sehen war, dass sie echt ein bisschen neue Sachen und neue Sektionen gebaut hatten und für das Event viel Arbeit reingesteckt haben.
So hat nicht einfach nur so dieselben Sachen in derselben Art und Weise wie sonst geraced, es wurde echt etwas Frisches gemacht. Das war cool zu sehen, dass für die WM noch mal einer draufgelegt wurde. Nach und nach ist dann auch die deutsche Mannschaft eingetroffen. Das war auf jeden Fall richtig cool und hat einfach einen besonderen Vibe bei einer WM. Auch wenn man im Sinne des Rennformats genauso wie bei einer EDR für sich selbst am Racen ist, war es trotzdem cool, mit diesem WM-Gefühl unterwegs und als deutsche Crew connected zu sein.
Wir hatten auch ein echt cooles Setup dieses Jahr. Ein paar Leute haben sich ehrenamtlich engagiert und ein bisschen die Organisation übernommen. Wir hatten jemanden am Start, der für alle geschraubt hat, die keinen Mechaniker dabeihatten, wir hatten eine Ärztin sowie einen Physio. Das war richtig cool mit einem stabilen Setup – so konnten wir den Fahrern echt etwas bieten. Am Donnerstagabend ging es dann los mit der Parade, wo wir als Fahrer und Betreuer gemeinsam mit unserer Fahne eingelaufen sind. Das hatte einfach einen coolen Vibe, und es war richtig Begeisterung zu spüren.
Viele Leute hatten jahrelang darauf gewartet, dass es endlich eine offizielle Enduro-WM gibt, und das war einfach zu spüren. Es war eine coole Stimmung und eine gute Show. Mit ein bisschen Ansprache der Offiziellen wurde das Event eröffnet – leider kam damit aber auch der Schnee. Und da muss ich sagen: Good Job an die Veranstalter. Sie haben das Wetter gut gemanagt, die richtigen Maßnahmen getroffen, die Stages gekürzt und das Event einen Tag nach hinten verschoben, damit es bei besserem Wetter stattfinden konnte. Am Ende konnten wir wirklich vernünftige Strecken racen, auch wenn es teilweise rechts und links der Strecken noch ein bisschen Schnee gab und es natürlich sehr kalt war. Aber das Event konnte vollwertig stattfinden. Am Ende ist es eben ein Outdoor-Sport und man muss sich den Wetterbedingungen hingeben.
Dann ging es ins Practice und da hat sich schon gezeigt, dass es eine richtig schwierige Nummer werden würde. Canazei im Nassen und mit Schneematsch obendrauf war im Training richtig tricky. Der Boden wird nicht supertief, sondern war eher wie Hardpack mit einer Schleimschicht und Schlamm oben drauf – also es war super super slick, schon im Training. Die Wurzeln und Steine waren im Nassen natürlich auch eine ganz andere Herausforderung. Es war schnell klar, dass es kein entspanntes Rennen werden würde. Einige hatten damit zu kämpfen, aber echt Respekt, dass unser deutsches Team am Sonntag stabil gefahren ist. Alle vom deutschen Team haben gefinisht und durchgezogen. Da kann man natürlich sagen, der ein oder andere war nicht ganz so weit vorne dabei, aber man muss irgendwo anfangen, Erfahrungen sammeln und die Leute lernen lassen. Und nirgendwo sonst geht es so gut wie da und deswegen finde ich es richtig und wichtig, dass alle, die Bock haben, mitkommen und diese Chance haben. Nur so kann es weiter nach vorne gehen.
Leider hat mein Teammate Casper den sogenannten „Canazei Death Virus“ erwischt, der echt einige Fahrer außer Gefecht gesetzt hat. Anscheinend gab es einen heftigen Keim im Trinkwasser oder etwas anderes dafür verantwortlich. Da war ich schon etwas beunruhigt, als er sich an einem Abend mehrfach übergeben musste. Ich hatte mich trotzdem etwas vom Team isoliert und wurde so verschont – vielleicht hilft es da auch vierfacher Papa zu sein mit Kindern im Kindergarten und Schule, wo man mehr oder weniger öfter mit so Viren zu tun hat ;-) So konnte ich ganz normal am Sonntag ins Rennen starten, wenn auch als einziger Fahrer vom Team, da Jack ja leider verletzungsbedingt ausgefallen war. Sonntag war es dann recht winterlich und viele Fahrerinnen und Fahrer waren auch mit dicken Jacken und Winterhandschuhen unterwegs. Ich habe glücklicherweise nicht so die Probleme mit Kälte und konnte mit Weste an den Start gehen. So ging es rein ins Rennen und ich war motiviert.
Ich wusste, dass es sehr, sehr hart werden würde, physisch den Tag für mich durchzuziehen, weil ich ja, wie gesagt, vor Loudenvielle schon einen Trainingsrückstand hatte, bedingt durch die Verletzung und so weiter. In Loudenvielle hatte ich bereits hinten raus gemerkt, dass der Akku einfach leer war. Trotzdem war ich umso motivierter, direkt auf den ersten Stages Gas zu geben. Auf der ersten Stage hatte ich im Vorjahr ein gutes Ergebnis erzielt. Deshalb habe ich da wirklich den Fokus draufgelegt, um mit guten Stages ins Rennen zu starten, was einem dann auch Hoffnung für die Zukunft gibt. Und ja, das konnte ich im Grunde auch abrufen. Die erste Stage war superlang und hart, physisch, aber auch technisch bis zur letzten Sektion sehr anspruchsvoll. Ich habe gemerkt, wie ich sehr, sehr gekämpft habe und unten raus ziemlich steif war. Dennoch konnte ich direkt mit einem Top-20-Ergebnis ins Rennen einsteigen, was schon mal richtig gut war.
Die erste Stage lief entsprechend richtig gut. Ich konnte direkt in die Top 20 einsteigen, obwohl ich an einem Stein hängen geblieben war und mein Pedal verbogen hatte. Zum Glück nicht ganz so schlimm wie in Loudenvielle. Es lief also weiter und ich konnte schnell an den Pits vorbeidüsen, um das Pedal zu tauschen. In der zweiten Stage konnte ich wieder einen richtig guten Lauf hinlegen, gab keine größeren Probleme oder Stürze. Ich glaube, so kleinere Fehler, ein paar Offline-Momente oder was weiß ich, die hatte an dem Tag jeder. Ich konnte auf Stage 2 sogar mit einem 14. Platz die beste Stage im Rennen abrufen und war dann auch im Overall schon recht gut platziert.
Stage 3 war eine super tretintensive Stage und da habe ich gemerkt, dass der Akku langsam Richtung Tiefenentladung ging. Ich fiel ein wenig zurück, aber nach der nächsten Stage war ich immer noch in den Top 20, was für mich echt richtig cool war. Dann wollte ich es natürlich unbedingt auf der letzten Stage nach Hause bringen. Leider habe ich da zu sehr mit der Brechstange versucht, das Ding zu gewinnen, und habe viele Fehler gemacht, wodurch ich viel Zeit verloren hatte. Im Nachgang habe ich Videoanalysen von meinen Practice-Runs und meinem Race-Run gemacht, da ich alles mit der GoPro filme, und in einer Sektion von 15 bis 20 Sekunden habe ich anderthalb Sekunden auf mich selbst im Training verloren. Ich war einfach körperlich so platt, dass ich es koordinativ und physisch nicht mehr halten konnte, das Tempo zu fahren. Man fängt dann eben an, Fehler zu machen, und die Strecken waren so, dass man nicht zehn Zentimeter rechts oder links von der Spur abweichen konnte. Man musste die Sektionen perfekt treffen, sonst funktionierte es nicht.
So habe ich dann leider das Top-20-Ergebnis verloren und bin auf Platz 22 zurückgerutscht. Trotzdem bin ich unterm Strich immer noch stolz, für die wirklich beschissenen Umstände der letzten Wochen und das starke Fahrerfeld, so gefahren zu sein. Das war richtig cool und hat mir Hoffnung gemacht, weil ich jetzt wieder gegen mein mentales und physisches Limit fahren konnte. Ich fühlte mich mental echt frei, konnte gut racen und hatte Spaß. Das war einfach cool, und ich weiß, dass ich am Physischen arbeiten kann. Wenn die Umstände passen, ist da auf jeden Fall mehr abzurufen, das hat mir einfach richtig gutgetan und Spaß gemacht. Natürlich ist es ein bisschen bitter, am Ende die Position verloren zu haben, aber unterm Strich bin ich echt happy und stolz. Es war auch richtig cool zu sehen, wie wir als deutsche Crew aufgetreten sind. Ich glaube, wir waren echt eine solide Gang, und es hat richtig Spaß gemacht, mit den Leuten abzuhängen und zusammen, ja, unser Land zu repräsentieren.
Natürlich bin ich auch super dankbar für mein Team und die ganze Saison. Am Race Day, wo ich als einziger Fahrer am Start war, lastete natürlich schon eine gewisse Verantwortung auf mir. Man möchte performen und das ganze Setup rechtfertigen. Aber es war ein mega Erlebnis zu sehen, wie alle vom Team genau so für mich an den Pits genauso für mich da waren, wie sie es auch machen, wenn Jack und Casper am Start sind und das Team um ein Podium kämpft. Bei mir ging es nicht ums Podium, aber der Support war trotzdem ungebrochen, und das ist einfach richtig cool zu sehen.
Ich glaube, das zeigt, dass das Team eine richtig geile Truppe ist und etwas Besonderes in der Szene darstellt. Jetzt geht es für mich erst mal renntechnisch in die Winterpause. Ich kann ein bisschen Zeit mit der Familie genießen, meine Projekte zu Hause angehen und freue mich darauf, bald wieder von mir hören und sehen zu lassen – hier auch auf MTB-News, denn wir haben da schon die nächsten Projekte in der Pipeline. Ich freue mich!
Euer Texi
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