Norco Optic im Test: Mit gerade einmal 125 mm feinstem High Pivot-Federweg will das neue Norco Optic der etablierten Trail-Bike-Konkurrenz ordentlich einheizen. Ob diese mehr als interessante Rechnung aufgeht, erfahrt ihr in unserem Test.
Einsatzbereich | Trail |
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Federweg | 140 mm/125 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 15,0 kg |
Rahmengrößen | 1, 2, 3, 4, 5 (im Test: 3) |
Website | www.norco.com |
Preisspanne | 4.199 € (Rahmenset) |
Das Norco Optic ist das Modell mit dem geringsten Federweg in unserem Trail-Bike-Vergleichstest 2024. Knackige 125 mm Federweg bietet das spannende Bike aus Kanada am Heck – vorne sind es 140 mm. Basierend auf diesen Eckdaten könnte man das Optic fast schon in die trendige Down Country-Schublade stecken. Der High Pivot-Hinterbau inklusive Kettenumlenkung soll das kurzhubige Gerät aber zu einer echten Trail-Fräse machen, zumal die Geometrie in bester Norco Optic-Manier sehr kanadisch daherkommt.
Beim Rahmenmaterial hat man ebenso wie bei der Laufradgröße die Qual der Wahl. Allerdings bietet Norco das Optic in Deutschland lediglich als Carbon-Rahmenset zu einem stolzen Preis von 4.199 € an. Fans von Aluminium-Rahmen oder Komplett-Bikes schauen hierzulande also in die Röhre. Mit einem Gewicht von rund 15 Kilo tanzt das Optic außerdem eher im hinteren Mittelfeld unseres Testfelds. Wie gut das außergewöhnliche Trail-Bike der Kanadier mit den Hüften schwingt, haben wir für euch in Südfrankreich getestet.
Das Herzstück des Norco Optics ist der auffällige High Pivot-Hinterbau mitsamt Kettenumlenkung. High Pivot-Systeme mit hohem Drehpunkt liegen prinzipiell schon seit einigen Jahren im Trend und erfreuen sich insbesondere im langhubigen Bereich und im Downhill World Cup immer größerer Beliebtheit. Im Trail-Segment darf diese Art von Hinterbau aber definitiv als Exot bezeichnet werden. Schon der Vorgänger des Norco Optic war zu seiner Zeit aber ein sehr innovatives Bike, das Grenzen verschieben wollte. Daher ist es durchaus passend, dass auch das neue Norco Optic mal wieder ziemlich eigene Wege geht.
Wie das alte Optic setzt auch die neue Version auf die Kombination aus 140 / 125 mm Federweg und einen Viergelenk-Hinterbau. Ein wesentlicher Unterschied ist aber, dass das neue Norco Optic nun einen hoch platzierten Hauptdrehpunkt hat, der eine Kettenumlenkung notwendig macht. Die Kettenumlenkung ist auf der hochgezogenen Kettenstrebe befestigt und sitzt direkt auf dem Drehpunkt. I-Track nennt sich dieses System, das Norco für das Optic lizensiert hat.
Ganz generell resultiert ein hoch positionierter Hauptdrehpunkt in einer nach hinten gerichteten Raderhebungskurve. Dadurch soll das Hinterrad bei Hindernissen stärker nach hinten ausweichen und so weniger hängen bleiben als bei Bikes mit einem niedriger positionierten Hauptdrehpunkt. Um wichtige Aspekte wie den Anti-Squat oder den Anti-Rise zu kontrollieren, ist bei Bikes mit hohem Drehpunkt aber eine Kettenumlenkung nötig. Norco stellt zwar keine genauen Raderhebungskurven zur Verfügung, spricht aber von einer moderat nach hinten gerichteten Kinematik.
Im Sag ist die Raderhebungskurve in der 29″-Konfiguration um 6 bis 7 mm nach hinten gerichtet – maximal sind es 10 mm bei etwa 2/3 des Federwegs. Im Gegensatz zu manch anderen Bikes, beispielsweise auch dem hauseigenen Norco Range, ist die Raderhebungskurve beim Optic nicht vollständig nach hinten gerichtet. Schließlich soll das Optic der Trail-Bike-Kategorie entsprechend nicht nur in hartem Gelände brillieren, sondern auch ein direktes Fahrverhalten mit viel Gegenhalt und der notwendigen Effizienz beim Pedalieren bieten.
Auch numerische Angaben zur Progression des Hecks macht Norco keine. Das neue Optic soll aber progressiver als der Vorgänger und dadurch auch mit Coil-Dämpfern kompatibel sein. Dank verschraubter und damit austauschbarer Dämpfer-Aufnahme ist das Norco Optic außerdem mit 29″- und 27,5″-Hinterrädern kompatibel. Für den Umbau ist das sogenannte Missing Link-Kit notwendig. Dieses besteht aus eben jener Dämpfer-Aufnahme sowie Umlenkwippe. In den USA wechselt das Kit für rund $ 130 den Besitzer. Das Umbau-Kit ist so gestaltet, dass sowohl Geometrie als auch Kinematik zwischen den verschiedenen Laufrad-Konfigurationen praktisch identisch bleiben.
Auf ein Staufach verzichtet Norco am Optic. An der Unterseite des Oberrohrs stehen aber Befestigungspunkte für einen Tool Strap zur Verfügung. Am Heck kommt – heutzutage praktisch selbstverständlich – SRAMs UDH-Standard zum Einsatz. Das geschraubte Tretlager ist ein servicefreundliches Detail und auch der umfassende Rahmenschutz inklusive Shuttle Guard am Unterrohr zeigt, dass der Fokus beim Optic trotz knapp bemessenem Federweg auf Langlebigkeit liegt. Dazu passt auch, dass Norco alle Bikes mit einer lebenslangen Garantie und einem Crash Replacement-Programm zu vergünstigten Konditionen ausstattet.
Das Norco Optic wird in fünf Größen angeboten, die von 1 bis 5 durchnummeriert sind: simpler geht’s kaum. Wir haben uns für die goldene Mitte entschieden und – entgegen der Empfehlung von Norco, die uns wohl eher zum längeren Rahmen mit einem Reach von knapp 500 mm geraten hätten – das Optic in Größe 3 getestet. So bietet unser Testbike einen Reach von moderaten 472 mm, der mit einem eher tiefen Stack kombiniert wird. Der Lenkwinkel liegt bei 65°, was für diese Federwegs-Kategorie als durchaus flach bezeichnet werden kann. Die Kettenstreben am Optic wachsen mit den Rahmengrößen mit, sind aber definitiv auf der kurzen Seite: Statische 429 mm sprechen für ein verspieltes und agiles Fahrverhalten in der Praxis.
Rahmengröße | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 422,5 mm | 447,5 mm | 472,5 mm | 497,5 mm | 522,5 mm |
Stack | 608 mm | 617 mm | 626 mm | 635 mm | 644 mm |
STR | 1,44 | 1,38 | 1,32 | 1,28 | 1,23 |
Lenkwinkel | 65° | 65° | 65° | 65° | 65° |
Sitzwinkel, effektiv | 76,5° | 76,8° | 77° | 77,3° | 77,5° |
Oberrohr (horiz.) | 568 mm | 593 mm | 6.117 mm | 641 mm | 665 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 120 mm | 130 mm | 140 mm |
Sitzrohr | 350 mm | 370 mm | 385 mm | 430 mm | 445 mm |
Überstandshöhe | 675 mm | 677 mm | 678 mm | 707 mm | 705 mm |
Kettenstreben | 421 mm | 425 mm | 429 mm | 433 mm | 437 mm |
Radstand | 1.159 mm | 1.193 mm | 1.226 mm | 1.259 mm | 1.292 mm |
Tretlagerabsenkung | 32 mm | 32 mm | 32 mm | 32 mm | 32 mm |
Tretlagerhöhe | 346 mm | 346 mm | 346 mm | 346 mm | 346 mm |
Federweg (hinten) | 125 mm | 125 mm | 125 mm | 125 mm | 125 mm |
Federweg (vorn) | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm |
Aus Gründen der optimalen Vergleichbarkeit haben wir abweichend von der Serien-Ausstattung alle Modelle im Trail-Bike-Vergleichstest mit einheitlichen Reifen von Goodyear sowie mit identischen Griffen und Sätteln von Ergon ausgestattet.
Schon bevor es auf den Trail geht, erwartet einem beim Norco Optic die erste sehr positive Überraschung. Denn wie die Kanadier das Set Up-Prozedere gelöst haben, ist absolut vorbildlich und verdient eine besondere Erwähnung. Füttert man die hauseigene Set Up-Plattform Ride Aligned mit den notwendigen Daten, bekommt man auf sehr übersichtliche Art Empfehlungen, die weit über die typischen Angaben eines Herstellers hinausgehen. Auch Aspekte wie die Art des Trails, die Bodenbeschaffenheit und der persönliche Fahrstil werden in die Empfehlung einbezogen. Hier setzt Norco ganz klar Maßstäbe, zumal die Vorschläge insgesamt gut gepasst haben.
Bergauf kurbelt das Norco Optic zwar nicht die Sterne vom Himmel, aber schlägt sich akzeptabel. Der Hinterbau wippt minimal, bietet dafür aber in technischen Anstiegen ausreichend Traktion. Ein Griff an den gut erreichbaren Plattform-Hebel des Dämpfers kann sinnvoll sein, ist in den meisten Situationen aber nicht nötig. Auch die Sitzposition bei ausgefahrener Sattelstütze und die Gewichtsverteilung im Uphill haben uns gut gefallen. Wer aber erwartet, dass das Optic der langhubigeren Konkurrenz in unserem Trail-Bike-Vergleichstest bergauf mühelos davonzieht, liegt falsch. Das Norco Optic ist keinesfalls träge, aber auch nicht so spritzig, wie es die 125 mm am Heck vermuten lassen.
Hier spielen auch das vergleichsweise hohe Gewicht von glatten 15 kg und die Kettenumlenkung eine Rolle. Letztere wirkt sich zwar eher in der Theorie als in der Praxis negativ auf die Effizienz aus. Aber das komplexe System mitsamt Idler hat unsere Ohren bei den trockenen Bedingungen in Südfrankreich regelmäßig mit einem lauten Knarzen beschallt. Wer also lieber in der Gruppe als alleine bergauf unterwegs ist, sollte Kette und Umlenkung stets gut schmieren und pflegen.
Dass das Norco Optic aber trotz des knapp bemessenen Federwegs vor allem dafür gemacht ist, per Hangabtriebskraft ins Tal – und in unserem Fall Richtung Meer – befördert zu werden, ist beim Blick auf die Ausstattung und die Geometrie sofort klar. Entsprechend gespannt waren wir im Vorfeld, wie sich das Optic nach unserem ersten Test bei widrigen Bedingungen nun im Vergleich zur Konkurrenz schlagen würde. Kann das Hinterbau-System bei trockenen Verhältnissen so richtig seine Stärken ausspielen? Steckt im Optic ein hochpivotierter Wolf im kanadischen Schafspelz?
Die Antwort lautet: Ein ganz klares Jein. Das Heck spricht einerseits sehr sensibel an und verwöhnt auf kleinen Schlägen mit viel Komfort. Bei Schlägen und Hindernissen, die der Geometrie und der Geschwindigkeit des Optics angemessen sind, werden Front und Heck aber spürbar harsch. Die 125 mm Federweg am Hinterbau fühlen sich nach genau so viel an, wie auf dem Papier draufsteht: Nicht weniger, aber eben auch nicht wirklich mehr. Das Heck macht vergleichsweise früh zu und ist sehr progressiv. Dadurch hatten wir ein ums andere Mal das Problem, dass es bei größeren Sprüngen und harten Schlägen unsere Fersen runtergezogen hat. Auch dadurch ist das Norco Optic insgesamt ein recht anstrengend zu fahrendes Rad.
Voll in seinem Element ist das Optic folglich weniger in Enduro-mäßigem Gelände, sondern auf flowigen Trails mit vielen Richtungswechseln, Wellen und kleineren Kanten. Der definierte Hinterbau bietet viel Gegenhalt, sodass das Optic liebend gerne durch die Luft segelt. Diese Disziplin beherrscht das Optic mit Bravour, sofern die Landung ausreichend steil ist oder man den Lenker fest im Griff hat. Auch in Kurven ist das Norco Optic eine Wucht. Es fährt sich sehr präzise und direkt. Die auf dem Papier kompakte Geometrie unseres Testbikes in Größe 3 mit 429 mm kurzem Heck fällt in der Praxis aufgrund der Kettenlängung zwar etwas länger aus, aber insgesamt bietet das Optic eine sehr hohe Agilität. Nicht selten haben wir uns dabei erwischt, mit einem fetten Grinsen im Manual aus Kurven rauszufahren.
Im Vergleich zur Konkurrenz in unserem Vergleichstest nimmt das Norco Optic gewissermaßen eine Sonderrolle ein, denn zum einen handelt es sich um das kurzhubigste Rad im Testfeld, zum anderen ist es das einzige Modell mit High Pivot-System. Und während das Optic auf bestimmten Abschnitten unseres abwechslungsreichen Test-Trails enorm viel Spaß gemacht hat und sich als echter Kurvenräuber entpuppt hat, gab es auch andere Segmente, auf denen das Optic spürbar anstrengender, unkomfortabler und unsicherer unterwegs war.
Was die Geometrie angeht, ist ein Vergleich mit dem Last Glen naheliegend, denn beide Räder verfügen in der von uns getesteten Größe über moderate Reach-Werte, kurze Kettenstreben und niedrige Stack-Werte. Beide Bikes machen gerade bei schnellen Richtungswechseln extrem viel Spaß und bieten ein sehr direktes Fahrgefühl. Das Last ist dabei trotz Aluminium-Rahmen und deutlich mehr Federweg spürbar leichter und kommt ohne komplexe Kettenumlenkung aus.
Ein interessanter Vergleich bietet sich außerdem zwischen dem Norco Optic und dem YT Jeffsy an – nicht nur aufgrund des sehr ähnlichen Farbtons. Beide Räder bieten ein direktes Feeling und vermitteln bei mittleren Schlägen und höheren Geschwindigkeiten vergleichsweise viel Rückmeldung vom Untergrund. Doch während beim Norco mit steigender Reisegeschwindigkeit das Sicherheitsempfinden mehr und mehr schwindet, erwacht das YT Jeffsy mit seinem sehr racigen Charakter hier voll und ganz. Beide Bikes sind keine Leichtgewichte – und zum Preis des Norco Optic-Rahmensets bekommt man ein sehr gut ausgestattetes Jeffsy-Komplettbike.
In Zeiten von Allroundern, die wie ein Ei dem anderen gleichen, geht Norco mit dem Optic eigene Wege – dieser Mut verdient größten Respekt. Vor allem auf flowigen Trails mit überschaubarem Gnar-Faktor bietet das High Pivot-Trail-Bike einen enorm hohen Fahrspaß und ist dabei ein echter Kurvenkiller. Allerdings kommt der begrenzte Federweg trotz hohem Drehpunkt vergleichsweise schnell ans Limit, sodass das Optic im Vergleich zur Konkurrenz als durchaus anstrengend bezeichnet werden muss. Die Kettenumlenkung hat sich außerdem als knarzanfällig erwiesen und erhöht Komplexität und Gewicht.
Testablauf
Die acht Modelle in unserem Trail-Bike-Test wurden im direkten Vergleich auf derselben Strecke unter praktisch identischen Bedingungen gegeneinander gefahren. Unsere Teststrecke in Südfrankreich hatte dabei alle Elemente zu bieten, die ein gutes Trail-Bike beherrschen sollte. Von flowigen Abschnitten über Kurven und steinige Sektionen bis hin zu Sprüngen und Anliegern war alles dabei. Um möglichst viele Tiefenmeter und Testeindrücke zu sammeln, haben wir einen Großteil der Höhenmeter per Shuttle bewältigt. Auf typischen Schotterstraßen- und technischen Singletrail-Anstiegen mussten die Modelle im Test ihre Uphill-Qualitäten beweisen.
Kontaktpunkte & Sponsoren
Zur optimalen Vergleichbarkeit sind alle Bikes im Test mit Goodyear Newton MTF- und MTR-Reifen mit Enduro-Karkasse ausgestattet worden. Alle Lenker sind auf eine Breite von 770 mm gekürzt und mit einheitlichen Ergon GA2-Griffen bestückt worden. Auch beim Sitzbereich haben wir auf einheitliche Ergon SM Enduro Pro Ti-Sättel im Team-Design zurückgegriffen. Außerdem haben wir an jedem Trail-Bike ein Unleazhed M02-Schutzblech montiert. Für den nötigen Schutz und den passenden Style hat iXS zusätzlich die passenden Helme, Protektoren und Outfits zur Verfügung gestellt.
Hier haben wir das Norco Optic getestet
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 87 cm |
Oberkörperlänge | 67 cm |
Armlänge | 63 cm |
Gewicht | 74 kg |
Körpergröße | 186 cm |
Schrittlänge | 94 cm |
Oberkörperlänge | 58 cm |
Armlänge | 65 cm |
Gewicht | 67 kg |
Körpergröße | 183 cm |
Schrittlänge | 85,5 cm |
Oberkörperlänge | 60 cm |
Armlänge | 61 cm |
Gewicht | 76 kg |
Körpergröße | 194 cm |
Schrittlänge | 92 cm |
Oberkörperlänge | 71 cm |
Armlänge | 68 cm |
Gewicht | 100 kg |
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 85 cm |
Oberkörperlänge | 61 cm |
Armlänge | 61 cm |
Gewicht | 93 kg |
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