Ein Otto-von-Bismarck-Denkmal in Frankfurt wurde von bislang unbekannten Tätern zerstört. Es sei in der Nacht angesägt worden, dann sei die Bronzestatue vom Sockel gestürzt worden, teilte die Polizei am Freitag mit. Außerdem seien Schriftzüge angebracht worden, die auf eine politisch motivierte Tat schließen ließen. Sie hätten einen Bezug zu der Rolle Bismarcks in der Kolonialzeit. Der Staatsschutz ermittelt wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung, es werden Zeugen gesucht.
Welchen Schriftzug die Täter auf dem Denkmal hinterließen, lässt sich anhand der in den sozialen Medien geposteten Fotos feststellen: Das Denkmal wurde am "Körper" des gestürzten Reichskanzlers mit dem Schriftzug "Colonizer" beschmiert, zusätzlich dazu wird am Sockel mit weißem Farbspray mitgeteilt, dass es sich um eine "Antikoloniale Aktion" handelt.
Der AfD-Abgeordnete Frank Grobe schrieb die Tat "Linksextremisten" zu. "Das ist Teil des linksextremen Kulturkampfes und ein Anschlag auf unsere Geschichte und Identität. Stoppt endlich die Cancel Culture!", schieb er auf X und postete das Foto der demolierten Bismarck-Statue.
#Linksextremisten haben die #Bismarck-Statue in Frankfurt beschmiert und umgestoßen. Das ist Teil des linksextremen #Kulturkampfes und ein Anschlag auf unsere #Geschichte und #Identität. Stoppt endlich die #CancelCulture! pic.twitter.com/pZBbaYQ7kz
— Dr. Frank Grobe (@GrobeDrFrank) November 15, 2024
Mögliche Einzelheiten zum Motiv lieferte ein Facebook-Profil in der lokalen Gruppe Frankfurt-Höchst. Es brachte die Tat mit der am 15. November stattfindenden "Dekolonialen Berliner Afrika-Konferenz". Der Nutzer schieb:
"Genau vor 140 Jahren gab es die Afrika-Konferenz in Berlin 1884/85, die Bismarck einberufen hat. Darin waren ausschließlich europäische und westliche Mächte eingeladen, die sich beim 'Wettlauf um Afrika' ein Stück sichern wollten."
Ein anderer Facebook-Nutzer wies darauf hin, dass das Denkmal schon letzte Woche "wiederholt" mit Farbe beschmiert worden war. Schon im Jahre 2020 war die Bismarck-Statue in Frankfurt-Höchst mit roter Farbe übergossen worden.
Der Streit, ob der erste deutsche Reichskanzler ein "Kolonialist" war, reißt nicht ab. Im Jahre 2020 wurde beispielsweise im Zuge der BLM-Bewegung der Vorschlag des Afrika-Historikers Jürgen Zimmerer diskutiert, die Bismarck-Riesenstatue in Hamburg zu "entheroisieren" indem man die Granitstatue oberhalb der Landungsbrücken auf den Kopf stellen, hinlegen oder halb eingraben könnte.
Seine Begründung: Bismarck war Monarchist, antidemokratisch und antimodern und habe Deutschland zur Kolonialmacht gemacht. Damit sei indirekt für den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts gegen die Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika verantwortlich gewesen.
Dazu lieferte die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) noch im Jahre 2015 eine Klarstellung: Die deutsche Teilnahme am Kolonialwettstreit des ausgehenden 19. Jahrhunderts lehnte Bismarck zunächst ab. "Solange ich Reichskanzler bin, treiben wir keine Kolonialpolitik", schrieb er im Jahre 1881. Die besagte Afrika-Konferenz in den Jahren 1884/85 ("Balgerei um Afrika") habe er viel eher aus innen- und außenpolitischen "Prestige-Gründen" veranstaltet. Auch im Hinblick auf später viel kritisierte Konferenz gilt laut der bpb:
"Seine Interessen waren auf Europa konzentriert, auf die Vermeidung von Spannungen mit den anderen Großmächten, wobei er die Möglichkeit, über koloniale Gefälligkeiten sein Bündnissystem zu stabilisieren, gerne ergriff. Von der wachsenden Kolonialbegeisterung im Deutschen Reich ließ er sich nicht anstecken, und dass er vom Kolonialismus ökonomische Wunder erwartete, ist nicht bekannt."
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