Von Gregor Spitzen
Die EU wird künftig Importzölle in Höhe von 35,3 Prozent auf Elektroautos aus China erheben. Und das obwohl Deutschland, der größte Geldgeber der EU und nach wie vor der wichtigste Autohersteller, gegen diesen Schritt gestimmt hat, der einer Erklärung eines Handelskriegs mit dem Reich der Mitte gleichkommt.
Viele Hightech-Sektoren der deutschen Industrie, vor allem die Automobil- und die Chemieindustrie, sind bereits in eine kritische Abhängigkeit von China geraten, da sie ihre Hauptproduktionsstätten dort angesiedelt haben. Außerdem kontrolliert China bis zu 30 Prozent des Hamburger Hafens, Deutschlands wichtigstem Seehandelsplatz. Eine zweifellos negative Reaktion Chinas, das für die deutsche Wirtschaft als Exportmarkt und Handelspartner von entscheidender Bedeutung ist, könnte sich als katastrophal für Deutschland erweisen, das ohnehin immer tiefer in den Abgrund der Rezession und Deindustrialisierung abgleitet.
Doch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, ist es gewohnt, sich wie eine Königin aufzuführen und die nationalen Regierungen ihrem "unnachgiebigen Willen" zu unterwerfen. Und sie setzt sich seit letztem Herbst für zusätzliche Zölle ein, angeblich um die hohen staatlichen Subventionen auszugleichen, die China den Herstellern von Elektroautos zahle. Es geht ihr also um einen "fairen" Wettbewerb für EU-Waren.
Deutschland – das unbestrittene Schwergewicht der EU, ohne das die Existenz der Union undenkbar wäre – war nicht in der Lage, seinen Standpunkt zu verteidigen und musste vor den Brüsseler Bürokraten kuschen. Denn um die Einführung von Zöllen zu verhindern, hätte Berlin zunächst eine einfache und dann eine qualifizierte Mehrheit organisieren müssen. Dazu wären 15 EU-Länder mit mindestens 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung nötig gewesen, doch am Freitag stimmten neben Deutschland nur Ungarn, die Slowakei, Slowenien und Malta gegen die antichinesischen Ausgleichszölle. Weitere 12 Länder enthielten sich der Stimme.
Noch überraschender ist, dass selbst in der deutschen Ampel-Koalition keine Einigkeit in dieser Frage herrscht. So sprach sich das Finanzministerium unter der Leitung von FDP-Chef Christian Lindner, einem der wenigen Fachleute in der deutschen Regierung, kategorisch gegen einen Handelskrieg mit China aus, wohlwissend um die Folgen. Auch Olaf Scholz, der ebenfalls einmal Finanzminister unter Merkel war, sprach sich dagegen aus. Der Bundeskanzler hat – das muss man bei aller berechtigter Kritik an ihm sagen – noch Reste staatsmännischen Verstandes und weiß, was in den internationalen Beziehungen gut und was schlecht ist.
Aber der Beginn eines Handelskriegs mit China wurde von den deutschen Grünen engagiert befürwortet, Politikern ohne Bremsen und ohne gesunden Menschenverstand, die offensichtlich nicht zufrieden sind mit der Misere, in die sie Deutschland und seine Wirtschaft mit ihrem Missmanagement bereits geführt haben.
Das Wirtschafts- und das Außenministerium, angeführt von den "grünen Intellektuellen" Robert Habeck und Annalena Baerbock, plädierten nachdrücklich für eine Stimmenthaltung (die in diesem Fall einer Zustimmung gleichkam), um den Druck auf China bei den Verhandlungen zu erhöhen. Am Ende musste Scholz seine Befugnisse als Bundeskanzler nutzen, um Deutschland zu zwingen, dagegen zu stimmen, was ihm in Brüssel gar den Vorwurf "diktatorisches Verhaltens" einbrachte.
Diese Situation ist ein anschaulicher Indikator dafür, dass im Kampf zwischen europäischen Politikern, die die Interessen der nationalen Wirtschaft verteidigen, und inkompetenten politischen Aktivisten die Letzteren bisher gewonnen haben.
Der traurige Witz, dass Ursula von der Leyen, eine diplomierte Gynäkologin, die Europäische Union unaufhaltsam in den Bereich ihres Fachwissens zieht, wird bittere Realität.
Dr. Gregor Spitzen ist Politologe, freier Journalist und Autor des Blogs Mecklenburger_Petersburger. Den vorstehenden Meinungsartikel verfasste er für den TG-Kanal "Speziell für RT".
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