Das chinesische Handelsministerium prüft aktuell landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der EU, insbesondere Milchprodukte. Erzeuger dieser Produkte werden von Brüssel subventioniert, und zwar mit 20 Prozent der Kosten, behauptet Peking. Diese Meldung wiegt viel schwerer, als sie auf den ersten Blick scheint. Schließlich sind die Milchexporte nach China seit vielen Jahren der wichtigste Motor des EU-Außenhandels.
Vor kurzem hat Brüssel die Einfuhrzölle auf chinesische Elektroautos auf 38,1 Prozent angehoben und Peking unlauteren Wettbewerb vorgeworfen sowie behauptet, die Produktion von Elektroautos werde vom chinesischen Staat subventioniert. China reagierte daraufhin mit einer Untersuchung von Milchprodukten aus Europa, deren Herstellung durch Brüssel ebenso subventioniert wird wie die Autoproduktion in China durch Peking.
Berichten zufolge ist das chinesische Handelsministerium auf Beschwerden chinesischer Erzeuger über Subventionen für EU-Lieferanten aufmerksam geworden. Die Inspektion der chinesischen Behörden wird eine Reihe von Molkereiprodukten betreffen, darunter Sahne und Käse, berichten die Medien. In der Folge wird China wahrscheinlich Schutzzölle auf Molkereiprodukte aus der EU erheben.
Experten bezeichnen Chinas Vergeltungsmaßnahmen als verheerend für die EU-Wirtschaft. Igor Stroganow, außerordentlicher Professor der Abteilung für strategisches und internationales Management an der russischen Hochschule für Wirtschaft der Nationalen Forschungsuniversität, erinnert daran, dass die Sanktionen, die Peking einst gegen Landwirte im US-Bundesstaat Kalifornien verhängt hatte, viele von den betroffenen Erzeugern ruiniert haben:
"Wie die Praxis gezeigt hat, sind Pekings Vergeltungsmaßnahmen äußerst zerstörerisch. China vermeidet eine direkte wirtschaftliche Konfrontation bis zum Schluss. Aber dann drückt es konsequent und vorsichtig auf die wichtigsten Schwerpunkte. Der Schlag gegen die Milchwirtschaft ist für die Europäische Union sehr unangenehm: Viele Jahre lang war die Milchwirtschaft der wichtigste Treiber des Auslandsumsatzes."
Experten gehen davon aus, dass Pekings Schutzzölle die EU-Exporte nach China um 15 bis 20 Prozent verringern werden.
Ein weiterer sensibler Punkt in den Handelsbeziehungen zwischen China und der EU ist Germanium und Gallium, die für Solarpaneele, Glasfaseroptik, Nachtsichtgeräte und vor allem für moderne Mikroprozessoren unerlässlich sind, berichtet die Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Der US Geological Survey schätzt, dass 98 Prozent der weltweiten Galliumproduktion und 60 Prozent der Germaniumproduktion auf China entfallen, so die Agentur weiter.
Während die USA über eigene Vorkommen an seltenen Metallen verfügen, die bis zu 85 Prozent des Eigenbefarf des Landes decken können, sieht die Situation in der EU ganz anders aus. Ein Mangel an Seltenerdmetallen würde die Herstellung von High-Tech-Produkten, einschließlich solcher für den militärisch-industriellen Komplex, erschweren.
Zudem wird es der EU nicht möglich sein, die eigenen Kapazitäten zu erhöhen. "Der belgische Konzern Umicore ist bis an die Grenze ausgelastet und es gibt keine anderen", erklärt Leonid Chasanow, ein unabhängiger Industrieexperte, gegenüber der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. "Die Technologien zur Herstellung von Gallium und Germanium sind spezifisch und nicht für alle metallurgische oder chemische Unternehmen geeignet."
Die USA, Kanada, Finnland, Südkorea und Japan, die Vorkommen dieser seltenen Metalle haben, werden da nicht helfen können, erklären die Branchenexperten weiter, denn diese Vorkommen sind klein. Außerdem geht das meiste davon auf den heimischen Markt, "sodass Peking den technologischen Würgegriff um die EU so festziehen kann, wie es will".
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