Von Silke Beckman
Ladenburg. Knapp zehn Monate ist es her, dass das Ahrtal von einer verheerenden Flutkatastrophe heimgesucht worden ist. Die Hilfsbereitschaft war groß, auch eine privat organisierte Gruppe aus der Region war mehrfach vor Ort, um Hilfsgüter zu bringen und anzupacken. Unter ihnen war das Ladenburger Ehepaar Monika Gelle und Thorsten Kirsch, die vor Kurzem erst wieder im Ahrtal waren und nun von ihren Erfahrungen berichteten. Denn: "Wir wollen an das Thema erinnern – es ist noch lange nicht erledigt", unterstreicht Gelle, und Kirsch ergänzt: "Wir möchten Leute mobilisieren, weiter hinzufahren und zu helfen." Denn zu tun gebe es nach wie vor genug.
Bei ihrem jüngsten Besuch verbanden sie Schönes, nämlich den Besuch der beeindruckenden Veranstaltung "Dankwelle" im Kurpark von Bad Neuenahr-Ahrweiler, mit Nützlichem, indem sie ihrer vierköpfigen Patenfamilie, die sie durch den Ortsvorsteher des Weinorts Walporzheim kennengelernt hatten, gezielt unter die Arme griffen. Denn die lebt mittlerweile, nach zehn Monaten in einer möblierten Ferienwohnung, wieder im eigenen Haus, in dem zwar noch viele Handwerker-Einsätze erforderlich sind, "aber es ist bewohnbar".
Die Ladenburger hatten im Freundeskreis gesammelte Spendengelder mitgebracht, insgesamt 5000 Euro, die die Eltern Daniela und Martin in die Neuanschaffung von Inventar investieren werden, allem voran eine Küche. Denn Möbel konnten damals, im Juli 2021, nicht gerettet werden. Als Familienvater Martin beobachtete, wie schnell das Wasser stieg, nämlich um fünf Meter in nur 50 Minuten, und ihm klar wurde, dass es sich keinesfalls um ein "normales Hochwasser" handelte, begann er, Inventar aus dem Erdgeschoss nach oben zu räumen: "Und dafür blieben ihm genau 52 Minuten Zeit", erzählt Kirsch.
Wieder hat der Aufenthalt im Ahrtal tiefe Eindrücke beim ihm und seiner Frau hinterlassen. Etwa beim Besuch eines Winzers, dessen aus dem Jahr 1286 stammendes, denkmalgeschütztes Haus im letzten halben Jahr kaum Fortschritte in Sachen Renovierung gemacht hat. "Ich hab’ da keinen Unterschied zum November gesehen", wunderte sich Thorsten Kirsch und erfuhr, dass der Winzer zwar gut versichert, aber für die Instandsetzung an bestimmte Betriebe gebunden sei, "und die haben keine Zeit".
Dass die Einmalzahlungen für viele Flutopfer nur ein Tropfen auf den heißen Stein seien, erfuhr das Ehepaar von seiner Patenfamilie, die damit auch nur ein Teil der Vorleistung für die Interims-Unterkunft decken konnte. "Was mich geschockt hat, ist, dass so viel noch gar nicht angegangen wurde", sagt Monika Gelle und nennt als Beispiel manche Straßen, die nach der Flut nur noch einspurig befahrbar waren und jetzt komplett gesperrt sind, weil der Abbruch weiter vorangeschritten ist. Erst im Herbst soll nach ihrem Kenntnisstand entschieden werden, welche Straßen und Brücken erneuert werden.
Und dennoch: "Das Schöne in all dem Elend ist der Zusammenhalt", finden die Ladenburger und hoffen umso mehr, dass das Engagement nicht abreißt. Im Walporzheimer Versorgungszelt hatten sie etwa eine Architektin und eine Landschaftsgärtnerin getroffen, die im Flutgebiet ehrenamtlich ihr Know-how einbringen möchten. Gekommen waren sie mit dem Helfer-Shuttle (www.helfer-shuttle.de). "Wir möchten gern, dass dieses Shuttle weiterläuft", bekräftigt Kirsch. Aber auch auf anderem Wege könne man die Flut-Geschädigten unterstützen: "Tourismus ist wieder erwünscht", sagt Gelle. Es werde "Flut-Wein" verkauft, dessen Erlös in den Wiederaufbau fließt, ebenso gebe es Merchandise-Artikel, mit deren Kauf jeder seine "SolidAHRität" zeigen könne.
Kirch und Gelle hoffen, dass sich mit ihrer Patenfamilie langfristig eine Freundschaft entwickelt. Und selbstverständlich wollen sie sich auch weiter im Ahrtal nützlich machen: "Wir bleiben dran."