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Österreich: Herbert Kickl vor Kanzlerschaft – die Pressestimmen

In Österreich könnte erstmals die rechtsnationale FPÖ den Bundeskanzler stellen. Die österreichische und europäische Presse ist alarmiert. Österreich steht vor der Bildung einer FPÖ-geführten Regierung. Der Chef der rechtsnationalen Partei, Herbert Kickl, bot der konservativen ÖVP am Nachmittag Koalitionsgespräche an . Es wäre das erste Mal, dass die Rechtsaußenpartei den Regierungschef stellt. So kommentieren österreichische und europäische Zeitungen die Aussicht auf einen Bundeskanzler Herbert Kickl. Der "Falter" aus Wien schreibt : Österreich erlebt das Versagen seiner politischen Klasse. Es drückt sich in unterschiedlichen Abstufungen aus, und konsequenterweise endet es mit dem Ende der Zweiten Republik. Das Versagen der politischen Klasse bemisst sich daran, dass sie ohne Not das Amt des Bundeskanzlers einem Faschisten überträgt, einem deklarierten Feind der liberalen Demokratie. Wie üblich bei solchen Übergaben sind es die Kreise "der Wirtschaft", die den endgültigen Anstoß gaben, den Kipppunkt zu überschreiten. Blind gemacht durch ihre partikularen Interessen, sehen sie die Europäische Union allein als Wirtschaftsprojekt, nur als Idee eines gemeinsamen Markts, unabhängig von demokratischen Verhältnissen. Blind für geschichtliche Entwicklungen sehen sie nicht, dass dieser gemeinsame Markt demokratischer Verhältnisse bedarf, soll er ein fairer Markt bleiben. Es besteht der begründete Verdacht, dass diesen Kreisen die Fairness des Markts egal ist und sie einem Modell zuneigen, das uns in unterschiedlicher Akzentuierung überall auf der Welt vorgeführt wird: als oligarchische Verzerrung der marktwirtschaftlichen Demokratie in den USA , als autoritäre Oligarchenwirtschaft in den modernen Despotien, mit Tendenzen zu Gangsterpolitik da und dort. "Die Presse" aus Wien kommentiert : Nun bekommt Herbert Kickl seine Chance. Das Zustandekommen einer Regierung aus FPÖ und ÖVP ist jedoch alles andere als sicher. Allein der Ton von Herbert Kickl gegenüber dem potenziellen Koalitionspartner in seinem Statement am Dienstagnachmittag war wenig einladend, sondern schuldzuweisend und unterschwellig aggressiv. Taktisches Feingefühl fehlt Kickl offenbar. Außer er legt es ohnehin auf Neuwahlen an. Regierungsbildung : FPÖ vor Machtübernahme in Wien – Signal für Deutschland? Allerdings kann es, wie die Vergangenheit zeigt, schnell gehen, wenn ÖVP und FPÖ die Animositäten beiseite lassen. Wolfgang Schüssel und Jörg Haider brauchten im Jahr 2000 – offiziell – gut eine Woche. Noch schneller ging es dann zwei Jahre später zwischen Wolfgang Schüssel und Herbert Haupt. Auch Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache waren 2017 relativ flott. Herbert Kickl stünde auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er hätte es kraft seines Eigensinns, seines rhetorischen Talents, dank taktischen Geschicks und auch seiner Skrupellosigkeit – vor allem zu Corona-Zeiten – ins Kanzleramt geschafft. Die Basis dafür – wie für alle freiheitlichen Wahlerfolge der jüngeren Vergangenheit – hat ein Thema gelegt: die Migration. Oder in einem noch umfassenderen Sinne: die Nostalgie, die Sehnsucht nach einer (gefühlt) verlorenen Vergangenheit. "Der Standard" aus Österreich meint : Herbert Kickl war freundlich im Ton, aber brutal in der Aussage. Er forderte von der ÖVP so etwas wie eine Unterwerfungsgeste. Das Statement, mit dem der FPÖ-Chef am Dienstag an die Öffentlichkeit ging, war direkt an die Volkspartei und ihren neuen Chef Christian Stocker – und alle, die ihn halten und stützen – gerichtet: Die ÖVP möge sich ohne Wenn und Aber fügen und unterwerfen. Das wird nicht lustig für die ÖVP, wenn sie schon beim Einstieg in die Verhandlungen ihrem neuen freiheitlichen Meister huldigen muss und gefügig seinen Anweisungen folgen soll. Ganz unverhohlen breitet Kickl sein Drohpotenzial aus, er habe keine Angst vor Neuwahlen, das sei sogar der einfachere Weg für ihn. Er habe keinen Zweifel daran, seine Machtposition noch auszubauen und in Wählerstimmen zu materialisieren. Wie offensiv Kickl versucht, der ÖVP hier in aller Öffentlichkeit die Schneid abzukaufen, ist schon beachtlich. Den zukünftigen Partner schon vor der ersten Verhandlungsrunde so kleinzureden, ihn so vorzuführen, das ist die große Kunst der politischen Demütigung. Die ÖVP wird sich gut überlegen müssen, ob sie sich auf Jahre hinaus tatsächlich auf diese Rolle festlegen lassen will, in der sie Kickl offenbar bestenfalls die Tasche tragen darf. In der "Neuen Zürcher Zeitung" ist zu lesen : "Nun ist also wahrscheinlich, was (fast) alle politischen Akteure verhindern wollten: dass Herbert Kickl bald die Geschicke des Landes führt. Für Österreich wären Rechtsnationalisten in der Regierungsverantwortung zwar keine Zäsur mehr. Anders als etwa in Deutschland gibt es in dem Land keinen Reflex, Brandmauern gegen rechts zu errichten. Einen FPÖ-Kanzler gab es allerdings noch nie. Gerade Kickl empfiehlt sich bis anhin nicht für politische Experimente. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die an Regierungskoalitionen beteiligt waren, gilt der 56-Jährige als knallharter Ideologe. Er macht kein Geheimnis daraus, dass er die illiberalen Ideen von Viktor Orbán als Inspiration sieht und sein Land weg von der EU und ihren "Zwängen" führen will, mehr Nähe zu Russland wäre in seinen Augen kein Problem. Für Österreich sind das keine guten Aussichten. Aber noch ist Kickl nicht im Kanzleramt. Will er bald dorthin, braucht er einen Partner – und muss zwangsläufig Kompromisse machen. Inhaltliche Überschneidungen zwischen den beiden Parteien – etwa in der Sicherheits- und Migrationspolitik – gibt es zwar schon lange. Doch Kickl hat sich in vielen Positionen radikalisiert. Die Verantwortung, ihn zu zügeln, liegt nun bei der ÖVP." In der italienischen Zeitung "La Stampa" heißt es : "Die Brandmauer, der berühmte Widerstand gegen die Rechten, hat in Österreich nicht gehalten, wenn sie überhaupt jemals Bestand hatte. Und die Strategien, Kickl von der Regierung fernzuhalten, haben nicht nur ihre ganze Zerbrechlichkeit offenbart, sondern auch deutlich gemacht, dass es überhaupt keine politische Vision für eine Zukunft ohne die Rechten gibt. Die nahe Gegenwart wird zeigen, ob die Zweifel und Unsicherheiten berechtigt sind, dass wir mit einem pro-russischen Österreich rechnen müssen, mit einer ,Remigrations'-Politik, die im Gegensatz zu der des übrigen Europas steht, mit Vorschlägen, die von Klimaleugnung und Fremdenfeindlichkeit geprägt sind sowie durch die Einschränkung der Rechte von Minderheiten. Die Möglichkeit, dass sich das österreichische Szenario nach den Februar-Wahlen in Deutschland wiederholt, ist nicht auszuschließen." Die Tageszeitung "Nepszava" schreibt : "Das Jahr 2025 hätte aus Sicht der Europäischen Union nicht schlechter beginnen können. In Österreich scheiterten die Koalitionsverhandlungen zwischen der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP), den Sozialdemokraten und den liberalen Neos. Das bedeutet jedoch, dass die rechtsextreme Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) an die Macht gelangt, indem sie in eine Koalition mit der ÖVP geht. Damit wird einer derextremistischsten Politiker Europas, Herbert Kickl, österreichischer Bundeskanzler. Seine Partei ist im Europaparlament Bündnispartner der Fidesz, der ungarischen Regierungspartei von Viktor Orbán. Eine Zukunft, in der Österreich einen Bundeskanzler hat, der offen prorussische Ansichten äußert, stimmt nicht zuversichtlich. Und Donald Trump hat noch gar nicht sein Amt angetreten. Besser, man denkt erst gar nicht daran, was die Zukunft noch so bringt."

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