Pep Guardiola bekommt die Krise bei Manchester City nicht in den Griff. Kritik am Star-Trainer gibt es dennoch nicht. Schließlich gibt es da immer noch das Geld der Scheichs.
Pep Guardiola stand einige Sekunden regungslos und mit starrem Blick da, als wäre das alles nur ein böser Traum. Möge ihn mal bitte jemand kneifen und einfach wecken. Das 1:1 gegen den Abstiegskandidaten FC Everton baute die Krisenbilanz des Topclubs Manchester City auf einen Sieg aus 13 Spielen aus. Das Star-Ensemble mit dem Star-Trainer ist aktuell eines der schlechtesten Teams der Premier League.
"Was die Tabelle angeht, habe ich keine Argumente", sagte Guardiola. Siebter ist City nach dem Boxing Day, dem traditionellen Weihnachtsspieltag im Vereinigten Königreich. Tabellenführer Liverpool ist satte 14 Punkte besser. "Wenn man mich aber nach der Leistung fragt, dann geht es im Fußball um Siege, Tore schießen und nicht kassieren - und das haben wir immer getan, bis auf die vergangenen anderthalb Monate."
Probleme in der Mitte und der Abwehr
Die Rettung könnte der 1. Januar sein. Dann öffnet das Transferfenster. Und bei aller Brillanz von Guardiola war es in der Vergangenheit bei City Usus, auf Schwäche mit Transfers zu reagieren. Großen Transfers. Schließlich hat man mit der Herrscherfamilie in Abu Dhabi einen äußerst solventen Besitzer. "Natürlich müssen wir es versuchen", sagte der 53-Jährige. Man habe hinten Probleme und in der Mitte. Auch wenn das so eine Sache sei mit den Winter-Transfers.
Zumal fraglich ist, ob und welche neuen Spieler überhaupt helfen sollten. Zweifelsohne trifft der lange Ausfall von Rodri die Mannschaft hart. Der Ballon-d'or-Gewinner ist das Herz des Teams, fehlt mit einem Kreuzbandriss allerdings noch bis weit ins neue Jahr hinein. Es ist auch nicht so, dass City stets schlecht spielt. Die Leistung gegen Everton war in Ordnung, man erspielte sich Chancen - von denen Erling Haaland mit einem verschossenen Elfmeter beim Stand von 1:1 die größte vergab.
Erschreckende Bilanz
Die Bilanz ist dennoch abenteuerlich. Von den vergangenen 13 Spielen hat City neun verloren - so viele wie in den 106 Spielen zuvor. Der erfolgsverwöhnte Guardiola hat so etwas bislang nicht erlebt und es drängt sich immer mehr die Frage auf, was er außer Transfers für Antworten parat hat. Seine Spieler hat er öffentlich bislang nicht kritisiert, sich immer selbst in die Verantwortung genommen.
In der Kritik steht der Spanier keineswegs. Zwar gab es nach dem Schlusspfiff gegen Everton Pfiffe, doch diese waren so vereinzelt und zaghaft, dass man das kaum als Protest werten konnte. Die Mannschaft vertraut ihrem Trainer, die Besitzer in der Wüste sind entspannt. Guardiola könnte natürlich zurücktreten, doch für diesen Schritt fühlt er sich durch die aktuelle Situation womöglich zu sehr an der Ehre gepackt.
Urteil im "Jahrhundertprozess" erwartet
Fünf Punkte Rückstand sind es aktuell allein auf einen Platz zur Champions-League-Qualifikation. Guardiola sprach sogar schon offen von der Möglichkeit, in der nächsten Saison nicht in der Königsklasse zu spielen. Doch das wird wohl nicht passieren, dafür ist Citys Qualität einfach zu hoch. Schon am Sonntag könnte bei Leicester City die Trendwende eingeläutet werden.
Allerdings droht Anfang des Jahres ein weiterer Rückschlag - und zwar im Gerichtssaal. Im laut britischer Presse "Fußballprozess des Jahrhunderts" ist City in 115 Punkten wegen Verstößen gegen die Finanzregeln angeklagt. Das theoretisch höchste Strafmaß wäre ein Ausschluss aus der Premier League. Dazu wird es jedoch wohl ebenso wenig kommen wie zu einer weiterhin anhaltenden Ergebniskrise.