Jahrelang hat Dominique Pelicot seine Frau betäubt, missbraucht und von Fremden vergewaltigen lassen. Er und 50 Männer stehen dafür vor Gericht. Jetzt soll das Urteil fallen.
Das Mammutverfahren um jahrelange Vergewaltigung in Südfrankreich mit 51 Angeklagten neigt sich dem Ende zu. Die Entscheidung des Gerichts rund um den Missbrauch an Gisèle Pelicot wird nach 14 Verhandlungswochen ab 9.30 Uhr erwartet. Pelicots Ex-Mann hatte seine damalige Frau über fast zehn Jahre hinweg immer wieder mit Medikamenten betäubt, sich an ihr vergangen und sie Fremden zur Vergewaltigung angeboten, wie er vor Gericht gestand. Ihm drohen 20 Jahre Haft.
Etwa 200 Vergewaltigungen dürfte Gisèle Pelicot auf diese Art erlitten haben, wie sie vor Gericht angab. Ihr Ehemann hielt die Taten auf Hunderten Videos und Fotos fest. Die Ermittler vermuten, dass es ein Dutzend weitere Täter gibt, die jedoch nicht identifiziert werden konnten.
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Pelicot bekam wegen der starken Medikamente, die ihr damaliger Gatte ihr unters Essen mischte, von den jahrelangen sexuellen Übergriffen nichts mit. Ans Licht kamen die Taten erst, als Dominique Pelicot im September 2020 festgenommen wurde, weil er im Supermarkt Frauen unter den Rock gefilmt hatte. Ermittler fanden dann bei ihm die Missbrauchsbilder.
Neben dem Ex-Mann stehen 50 Männer vor Gericht. Zum Tatzeitpunkt sollen sie zwischen 21 und 68 Jahren alt gewesen sein. Einem von ihnen wirft die Staatsanwaltschaft lediglich sexuelle Gewalt vor und forderte vier Jahre Haft. Den übrigen 49 lastet sie Vergewaltigung an und plädierte für Gefängnisstrafen zwischen 10 und 18 Jahren.
Die Angeklagten zeichneten hingegen ein anderes Bild. Nur etwa ein Dutzend bekannte sich zu den Vorwürfen. Manche gaben zwar zu, Gisèle Pelicot ohne deren Einwilligung penetriert zu haben, wiesen aber von sich, dass es sich dabei um eine Vergewaltigung gehandelt habe - etwa weil der damalige Ehemann einverstanden gewesen sei. Andere sagten vor Gericht, unter dem Einfluss des Gatten gestanden zu haben. Manche gingen so weit, zu behaupten, sie hätten gegen ihren Willen oder unfreiwillig vergewaltigt. Mehr als die Hälfte der Angeklagten ließ über die Verteidigung Freispruch fordern.
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Die lokale feministische Organisation "Les Amazones d'Avignon" hat hingegen einen anderen Ausgang des Prozesses vor Augen. Das Urteil solle exemplarisch sein, forderte die Vorsitzende der Gruppe, Blandine Deverlanges, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Es dürfe nie wieder Ausreden für Vergewaltiger geben.
Auch die Anwälte der Nebenklage forderten eindringlich, die Angeklagten zur Verantwortung zu ziehen. "Alle haben, zumindest als sie dieses Horrorhaus verlassen haben, verstanden, dass andere vor ihnen kamen und andere folgen würden", sagte Anwalt Antoine Camus. "Jeder hat in seinem Maß, auf seinem Niveau zu dieser Monstrosität, zu diesem Martyrium dieser Frau beigetragen." Das Strafrecht könne die Schwere der Taten nicht in Gänze fassen.
Der Fall hat Frankreich aufgewühlt. Täglich kamen Dutzende Menschen, um den Prozess beizuwohnen und Gisèle Pelicot zu unterstützen. Das Verfahren hat auch die Debatte um "Ja heißt Ja" wieder angestoßen. Eine Änderung des Strafrechts, um die explizite Einwilligung in sexuelle Handlungen aufzunehmen, könnte kommen.
Missbrauchsopfer Gisèle Pelicot wurde für ihr mutiges und entschiedenes Auftreten gefeiert und ist in Frankreich zum feministischen Vorbild geworden. Sie hatte entschieden, den Prozess öffentlich führen zu lassen, auch um anderen missbrauchten Frauen Mut machen. "Ich will, dass sie keine Schande mehr verspüren. Nicht wir sollten uns schämen, sondern sie."