Regelmäßig tauchen mysteriöse Drohnen am Himmel über der US-Ostküste auf. Die Regierung äußert sich nur vage, während sich im Netz Verschwörungstheorien ausbreiten.
Der Blick in den Nachthimmel beschert derzeit vielen US-Amerikanern an der Ostküste ein mulmiges Gefühl. Immer wieder tauchen rätselhafte Lichtpunkte auf, Videos davon zirkulieren in den sozialen Medien und sorgen für Verunsicherung. Möglicherweise handelt es sich bei den unbekannten Flugobjekten um Drohnen – viel mehr ist allerdings noch nicht bekannt.
Seit Mitte November mehren sich die Sichtungen, unter anderem über New Jersey, New York City sowie in verschiedenen weiteren Bundesstaaten im Osten des Landes – oft in der Nähe von Militäranlagen und Flughäfen. Vergangene Woche wurde am New Yorker Flughafen Stewart International der Flugverkehr wegen Drohnenwarnungen kurzzeitig eingeschränkt, in Massachusetts gab es sogar Verhaftungen in der Nähe des Flughafens. Und das Phänomen ist nicht nur auf die Vereinigten Staaten beschränkt: Auch über der US-Militärbasis Ramstein in Baden-Württemberg wurden Drohnen gesichtet.
Mittlerweile beschäftigt das Thema auch die amtierende sowie die kommende US-Regierung – wenn auch die Äußerungen wenig Licht ins Dunkel bringen. "Es steht außer Frage, dass die Menschen Drohnen sehen", sagte Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas dem Fernsehsender ABC News. "Ich möchte der amerikanischen Öffentlichkeit versichern, dass wir an der Sache dran sind." Bei einigen der Sichtungen handele es sich allerdings auch um bemannte Flugzeuge, schränkte Mayorkas ein.
Hinweise auf ausländische Beteiligung lägen der US-Regierung nicht vor. Mayorkas versucht, Erklärungen für das Phänomen zu finden: "Jeden Tag werden in den Vereinigten Staaten Tausende von Drohnen geflogen, Freizeitdrohnen und kommerzielle Drohnen." Außerdem habe die Bundesluftfahrtbehörde FAA im vergangenen Jahr die Regelungen für Drohnenflüge gelockert, diese dürfen jetzt auch nachts durchgeführt werden. "Das könnte einer der Gründe dafür sein, dass die Menschen heute mehr Drohnen sehen als früher, vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung", so Mayorkas.STERN PAID Thanksgiving 1725
Laut John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, ist das FBI etwa 100 von insgesamt 5000 Hinweisen intensiver nachgegangen. Nach bisherigen Erkenntnissen seien unter den gemeldeten Flugobjekten zugelassene kommerzielle und private sowie einige Drohnen von Ermittlungsbehörden gewesen. Eine Gefahr für die nationale oder öffentliche Sicherheit bestehe deshalb nicht. Ähnlich hatten sich zuvor das FBI und das Ministerium für Innere Sicherheit in einem gemeinsamen Statement geäußert.
Diese relativ vagen Aussagen sorgen nicht gerade dafür, dass die wilden Spekulationen über die Lichtpunkte am Himmel weniger werden – erst recht nicht bei den Menschen, die ohnehin wenig Vertrauen in Regierung und Behörden haben. Stattdessen zeigt sich wie bei vielen anderen gesellschaftlichen Themen ein tiefes Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen, Verschwörungstheorien schießen ins Kraut.
In Facebook-Gruppen spekulieren Tausende über die Hintergründe. Die Vermutungen reichen von harmlosen Jungenstreichen über geheime Militär- oder Geheimdienstoperationen bis hin zu Aktivitäten von Außerirdischen. Ein Youtuber behauptet, die Regierung wolle mit den Drohnen radioaktive Strahlung aufspüren. In anderen Posts ist vom "Project Blue Beam" die Rede: einem Plan von Regierungen und dem Militär, Himmelsereignisse als Vorwand für die Durchsetzung einer autoritären Herrschaft zu inszenieren. Und manche sehen in den Lichtern am Nachthimmel gar Engel. Zudem kursieren im Netz teils veraltete Videos sowie Clips, die in anderen Kontexten aufgenommen wurden, zum Beispiel bei Militärübungen. Andere wurden per KI generiert.
Der kommende US-Präsident Donald Trump trägt ebenfalls zur Verwirrung bei. "Die Regierung weiß, was vor sich geht. Unser Militär weiß, von wo aus sie gestartet sind", sagte er über die Drohnen – ohne seine Aussagen zu belegen oder zu begründen. "Irgendetwas Seltsames geht hier vor." Die Regierung von Joe Biden würde die Menschen im Ungewissen lassen. Einen Wochenendtrip zu seinem Golfclub in Bedminster (New Jersey) sagte Trump ab, nachdem in der Nähe Drohnen gesichtet worden waren.
Solange es keine plausiblen Erklärungen für das Phänomen gibt, dürften die Spekulationen nicht abreißen – ganz im Gegenteil. Der demokratische Abgeordnete Jim Himes, Mitglied im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, fordert ebenfalls mehr Informationen von den Behörden: "'Wir wissen es nicht', ist keine ausreichende Antwort. Wenn die Leute verunsichert sind, füllen sie das Vakuum mit Ängsten, Sorgen und Verschwörungstheorien." Heimatschutzminister Mayorkas zumindest verspricht: "Wenn wir von irgendeinem Grund zur Sorge erfahren, werden wir das transparent kommunizieren."
Quellen: ABC News, CNN, FBI, "Forbes", NBC News, "Wall Street Journal", Reuters, DPA