Krisen und Anschläge - Hessen hat ein neues Gesetz zur Stärkung der Inneren Sicherheit. Die Opposition stimmt dagegen, denkt sogar über eine Verfassungsklage nach. Was darf die Polizei nun mehr?
Hessens Polizei bekommt mehr Befugnisse. Dazu zählen etwa mehr Möglichkeiten für eine Videoüberwachung und ein verstärkter Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Der Wiesbadener Landtag verabschiedete ein Gesetz zur Stärkung der Inneren Sicherheit mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von CDU und SPD. Die Opposition von AfD, Grünen und FDP stimmte dagegen.
Innenminister Roman Poseck (CDU) hatte zuvor auf die angespannte Sicherheitslage einschließlich der jüngsten tödlichen Anschläge in Deutschland verwiesen. Hessen handele bei der Ausweitung der Polizeibefugnisse zügig, entschlossen und rechtlich mit Augenmaß, versicherte der oberste Dienstherr der Polizei im Land.
FDP prüft Verfassungsklage
Die Opposition hieß Teile des neuen Sicherheitspakets für gut, sparte aber auch nicht mit Kritik. Der FDP-Parlamentarier Moritz Promny etwa sprach von einem verfassungsrechtlich fragwürdigen Schnellschuss ohne eine nötige weitere Anhörung von Verfassungsrechtlern und Technikexperten. Mit Blick beispielsweise auf künftige intelligente Videoüberwachung mit KI-Unterstützung auf öffentlichen Plätzen sagte Promny, Schwarz-Rot zwinge die FDP gerade dazu, "vor dem Staatsgerichtshof zu klagen".
Der Freidemokrat Oliver Stirböck ergänzte am Rande des Plenums, noch gebe es keinen FDP-Fraktionsbeschluss zu einer Verfassungsklage, aber sie werde geprüft.
Bei Verdacht auf eine bevorstehende schwere Straftat oder auf Waffen darf die Polizei dem neuen Gesetz zufolge unter bestimmten Bedingungen eine verdächtige Person im Bildmaterial von Videokameras markieren.
Bei drohenden erheblichen Gefahren für Bürger ist auch eine biometrische Fernidentifizierung in Echtzeit möglich - mit den Aufnahmen darf dann gezielt nach dem möglichen Gefährder in den Datenbanken der Polizei gesucht werden.
Videokameras an Brennpunkten
Auch die Suche in Bildmaterial nach Vermissten, Opfern von Entführung, Menschenhandel oder sexueller Ausbeutung soll unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein. Brennpunkte wie das Frankfurter Bahnhofsgebiet stehen bereits unter besonderer Beobachtung der Polizei mit Videoüberwachung. Deren Bildmaterial konnte jedoch bislang ohne KI nicht permanent rasch und vollständig analysiert werden.
Geplant sind auch mehr Videoüberwachungen an besonders gefährdeten Orten und der Einsatz der polizeilichen Body-Cams in Wohnungen. Die Beamten sollen mehr Spielraum bekommen, um Menschen in Gewahrsam zu nehmen. Das neue Gesetz sieht zudem erweiterte Einsatzmöglichkeiten für elektronische Fußfesseln vor, etwa, um Frauen vor gewalttätigen Männern zu schützen.