46ers-Kapitän Robin Benzing ist im Podcast „Erstklassig zweitklassig“ aufgeschlossen, redegewandt und informativ.
Robin Benzing bittet darum, ein paar Minuten später kommen zu können. Duschen, umziehen, abschalten, vor allem aber umschalten. Vom Modus des Zuhörers in den des Redners. Erst „Frenki“ Ignjatovic auf dem Ohr, dann den Mund am Mikro.
Also plaudern sie bei der Zuschauer-Premiere von „Erstklassig zweitklassig“, dem Podcast schlechthin für alle Fans der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA, von denen am Dienstagabend rund 50 die Einladung in den VIP-Raum der Osthalle bei Getränken zum Selbstkostenpreis wahrgenommen haben, über die Trainerwechsel in Nürnberg, Düsseldorf und Quakenbrück, über Hagen und die Pyrotechnik sowie über die Nationalmannschaft mit Shootingstar Jack Kayil. Ehe Robin Benzing das launige Analysten-Trio, bestehend aus Simon Schornstein, Lukas Becker und Thorsten Dlugosch, das alle 14 Tage mit detaillierten Analysen, exklusiven Interviews und spannenden Hintergrundgeschichten aufwartet, ergänzt.
Der Hüne schiebt erst einmal eine Pflanze beiseite und machte es sich inmitten eines improvisierten Wohnzimmers, bestehend aus vier Stühlen, einem Beistelltisch, einem Teppich, etwas Grünzeug und einer Stehlampe, bequem. „Du trinkst doch sicher ein Bier mit uns“, bricht Lukas Becker beim Kapitän der GIESSEN 46ers, der das Kaltgetränk aus dem Herzen der Natur dankend annimmt, schnell das Eis. Ehe der 167-fache Unternationale 65 Minuten lang munter drauflos plaudert. Und dabei mit gar mancher Anekdote, mit gar mancher Erkenntnis und natürlich auch mit gar manchem Spruch nicht nur überrascht, sondern die Anhänger auch zu schallendem Applaus und vielen Lachern hinreißen lässt. Weil sich der 35-Jährige offen äußert zu …
… zwei Wochen Länderspielpause: „Die taten manchmal schon echt weh. Ich wäre am liebsten hingefahren und hätte mitgemischt.“
… den besten Fans, die er in seiner Karriere erlebt hat: „Gießen ist schon etwas ganz Besonderes. Die sind eine muntere Truppe, sie machen Radau ohne Ende. Aber auch in Saragossa, wo wir oft vor 10.000 Zuschauern gespielt haben, in Istanbul oder in Montevideo war die Stimmung außergewöhnlich.“
… dem Niveau der ersten Liga in Uruguay, in der er 2022/23 ein gutes halbes Jahr für Penarol Montevideo gespielt hatte: „Die Qualität ist mit der der deutschen ProA zu vergleichen. Es wird sehr physisch gespielt, die Schiedsrichter sind meist nur zur Zierde da. Ein Mitspieler hat mal zu mir gesagt: Pass auf, sie alle wollen dich hier nur verprügeln. Das hat mir aber nichts ausgemacht, ich bin ja nicht gerade klein und weiß mich zu wehren.“
… dem Playoff-K.o. gegen Karlsruhe: „Immerhin haben wir gegen den späteren Meister verloren. Aber sachlich: Wir waren schlicht und ergreifend in dieser Serie nicht gut genug. Wir haben das erste Spiel wahrscheinlich zu deutlich gewonnen und hatten danach keine Antworten mehr auf ihre Veränderungen.“
… den letzten Länderspielen ohne Bayern-Profi Andreas Obst: „Ich habe ihm offen gesagt, dass ich mir gewünscht hätte, er wäre zur Nationalmannschaft gereist. Ich weiß, dass die Belastung für einen EuroLeague-Spieler hoch ist. Für mich aber war die Nationalmannschaft immer das Größte. Ich habe jede Stunde genutzt, um zu ihr zu fahren, egal wie kaputt ich auch war.“
… dem diesjährigen Plan der GIESSEN 46ers: „Wir sind individuell stärker besetzt als im letzten Jahr. Die Minuten sind deshalb besser verteilt. Wir verteidigen gut, wir haben starke Werfer, wir sind inside zu beachten und wir haben mit Kevin McClain klasse nachverpflichtet.“
… seiner Olympiateilnahme 2021 in Tokio: „Das war etwas ganz Besonderes. Egal, wo ich auch hingegangen bin, ich habe nur Legenden getroffen. Für mich ist in Japan ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen.“
… dem Leben nach der Karriere: „Es wird schwer werden zu akzeptieren, dass ich irgendwann einmal nicht mehr auf dem Feld stehe. Loszulassen muss man können und lernen, denn Training und Spiele haben bisher mein Leben bestimmt. Es wird der Tag kommen, an dem ich nicht mehr von Frenki angebrüllt werde, daran muss ich mich auch erstmal gewöhnen. Aber Spaß beiseite: Ich denke, ich kann dem Basketball noch viel geben. Ich spreche mit Leuten aus Europa und Amerika, ich bin für alles offen. Reizvoll wäre es für mich, vielleicht als Nachwuchs-Coach zu einem NBA-Team zu gehen und den Jungs mein Wissen und meine Erfahrung weiterzugeben. Ich könnte mir aber auch vorstellen, noch ein Jahr in Gießen zu bleiben und dann offen zu kommunizieren, dass der Countdown läuft. Mal schauen, was das Leben noch bringt. Einen perfekten Plan habe ich noch nicht.“
… Fehlern in der Vergangenheit: „Natürlich weiß man nachher immer alles besser, natürlich hätte ich die eine oder anderen Entscheidung anders fällen können und vielleicht eine College-Karriere einschlagen sollen, um irgendwann einmal in der NBA aufzutauchen. Unter dem Strich bin ich aber stolz und glücklich, wie alles gelaufen ist. Ich habe mein Leben für die Nationalmannschaft geopfert, ich habe für mein Land spielen dürfen. Das ist das Größte, was es für einen Sportler gibt.“
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