Nach harten Verhandlungen gibt es in Thüringen einen Regierungsvertrag von CDU, BSW und SPD. In einer Reihe von Fragen ist er ein Kompromiss. Nun hat die Parteibasis das Wort - als erste die der SPD.
Thüringens Sozialdemokraten stimmen nach schwierigen Verhandlungen über den Koalitionsvertrag mit CDU und SPD ab. Der Start der Mitgliederbefragung erfolge an diesem Montag, 12.00 Uhr, sagte SPD-Landesgeschäftsführer Markus Giebe der dpa in Erfurt. Die Abstimmung erfolge online und laufe bis zum Mittag des 9. Dezember.
Die laut Giebe rund 3.400 SPD-Mitglieder entscheiden, ob sie den Vertrag akzeptieren und damit für ihre Partei den Weg frei machen für eine Brombeer-Koalition und damit eine Ministerpräsidentenwahl voraussichtlich im Dezember, bei der CDU-Chef Mario Voigt antreten will.
Online-Abstimmung bei der SPD
Die Aufforderung zur Stimmabgabe über den Vertrag erfolge an die Mitglieder per Mail, aber auch per Post. Mitglieder, die mit einer Online-Abstimmung bisher keine Erfahrungen hätten, bekämen eine Anleitung. "Es wird auch persönliche Hilfe angeboten. Es gibt auch Informationsveranstaltungen", sagte Giebe. Bei der CDU entscheidet ein kleiner Parteitag am 30. November, beim BSW ein Parteitag am 7. Dezember. Die CDU-Landesvorsand hat nach Angaben eines Parteisprechers bereits einstimmig den Koalitionsvertrag gebilligt.
Der eher konservative Seeheimer Kreis in der Thüringer SPD unterstütze das Mitgliedervotum, damit der Vertrag eine möglichst breite Legitimationsbasis erhalte. "Allerdings muss nun auch dafür gesorgt werden, dass tatsächlich alle Mitglieder ihr Votum abgeben können. Denn bei dem gewählten überwiegend digitalen Verfahren steht zu befürchten, dass Menschen nicht mit abstimmen, die sich weniger gut mit den digitalen Medien oder QR-Codes auskennen", erklärte Katja Böhler, Sprecherin der Seeheimer Thüringen. Auch ihre Vereinigung werde SPD-Mitgliedern unterstützen.
Vertrag in der SPD nicht unumstritten
Eine demokratische Regierung ohne die SPD sei nicht möglich, warb Böhler für den Vertrag. "Wir müssen wegkommen von der Polarisierungs- und Skandalisierungsrhetorik der vergangenen Monate – und hin zu einer sachlichen Regierungsarbeit." Dafür biete der Koalitionsvertrag eine tragfähige Grundlage.
Er ist innerhalb der SPD umstritten - massive Kritik kam vor allem von den Jusos. Die Juso-Vorsitzende Melissa Butt erklärte, der Vertrag schleife die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Geflüchteten und sei in der Bildungspolitik eine Rückkehr in die 1990er Jahre. Böhler erwiderte: "Manche sollten sich die Frage stellen, wie sie unseren Anspruch, für Solidarität und Respekt einzutreten, mit ihrem unsolidarischen Handeln in Einklang bringen wollen."
SPD-Chef Georg Maier hatte bei der Vorlage des Vertrags gesagt, es handele sich um einen Kompromiss, der jedoch die Handschrift der SPD trage, beispielsweise bei der Abschaffung von Hortgebühren und dem Einstieg in ein kostenfreies Schulessen. Er enthalte aber auch Punkte, wo die SPD Zugeständnisse machen musste. Er sei beispielsweise kein Freund einer Schuldenbremse, so der Parteivorsitzende. Die SPD ist mit nur sechs Abgeordneten der kleinste Partner einer möglichen Brombeer-Koalition, die auf insgesamt 44 Abgeordnete kommt.