Die Deutschen haben weniger Schulden als im vergangenen Jahr. In zwei Regionen haben die Menschen trotzdem überdurchschnittlich oft Geldsorgen.
Die gute Nachricht vorweg: In Deutschland sind immer weniger Menschen verschuldet. Bereits zum sechsten Mal in Folge sank die Zahl der überschuldeten Verbraucher, wie aus dem sogenannten Schuldneratlas 2024 der Kreditauskunft Creditform hervorgeht. Demnach seien derzeit 8,09 Prozent der Deutschen überschuldet – was heißt, dass weder ihr Vermögen noch ihre erwarteten Einnahmen die bestehenden Schulden übersteigen. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 8,15 Prozent, sprich: kaum höher, weshalb Creditform auch vielmehr von einer "Seitwärtsbewegung" bei den Schulden spricht, statt eines signifikanten Abfalls.
Generell, so erklärt Creditform, seien viele Entwicklungen ambivalent. Ein klares Bild zeichnet sich neben der Seitwärtsbewegung kaum ab. So könnte die niedrigere Schuldenquote auch ein Krisensymptom sein. Weil viele Menschen Angst vor Jobverlust und Inflation haben, sparen sie mehr und verschulden sich seltener.
Allerdings stimmt das zwar für die Breite, aber nicht für jede einzelne Gruppe. Vor allem drei von Creditreform definierte Gruppen fallen dabei auf: Dauerüberschuldete, Konsum-Überschuldete und Überschuldungspragmatiker, die vorübergehende finanzielle Risiken eingehen, um zu konsumieren. Der Effekt nennt sich "Buy now, pay later" und spielt auf die Zahlungsart an, die Dienstleister wie Klarna anbieten und die vor allem junge Menschen nutzen. Alle drei Gruppen weisen mehr oder weniger starke Verschuldungs-Zuwächse zwischen 1,7 und 6,2 Prozent auf.
Ein Teil der Seitwärtsbewegung erklärt sich auch aus statistischen Effekten, vor allem durch den sogenannten "Zensus-Effekt": Der Zensus, also die deutschlandweite Bevölkerungsbefragung, ergab zuletzt eine geringere Bevölkerungszahl von 1,4 Mio. Menschen. Wenn die gleiche Zahl an Überschuldeten auf eine insgesamt geringere Bevölkerungszahl entfallen, erhöht das die Schulden pro Kopf. Ohne diesen Zensus-Effekt hätte die Schuldenquote bei 8,01 Prozent gelegen.
Interessant ist ein Blick auf die einzelnen Regionen im Schuldneratlas. In welchen Regionen hat die Verschuldung zugenommen, in welchen abgenommen? Hierfür stellt Creditreform eine Tabelle mit den zehn größten Gewinnern und Verlierern bei den Überschuldungsquoten zusammen.
Dabei zeigt sich, dass Bremerhaven (-0,9 Prozentpunkte), Pforzheim (-0,81 Prozentpunkte) und Flensburg (-0,78 Prozentpunkte) die Überschuldungsquote am stärksten abbauen konnten. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen haben die Menschen vor Ort demnach tatsächlich gespart, sodass es inzwischen etwas weniger Überschuldungsfälle gibt. Zum anderen gab es in diesen Kreisen ein besonders großes Bevölkerungswachstum. Mathematisch gesprochen heißt das: Die Zahl der Überschuldungsfälle im Zähler ist leicht rückläufig, die Zahl der Einwohner im Nenner steigt deutlich. Beides führt dazu, dass das Ergebnis – die Überschuldungsquote – kleiner wird.
Aus den gleichen Gründen stehen Halle (Saale) (+0,4), Holzminden (+0,39) und Trier (+0,36) oben auf der Verlierseite. Sie hatten besonders stark mit Bevölkerungsverlusten zu kämpfen. Allein aus Halle (Saale) zogen (inklusive Zensus-Effekt) fünf Prozent der Menschen im vergangenen Jahr weg.
Grundsätzlich bleiben die Trends hier aber gleich: vor allem im Ruhrgebiet und in weiten Teilen von Sachsen-Anhalt ist der Anteil überschuldeter Verbraucher auffallend hoch. An der Spitze stehen hier weiterhin Bremerhaven, Pirmasens und Gelsenkirchen. Auf der Gegenseite sind die Menschen in Eichstätt, Erlangen-Höchstadt und Schweinfurt besonders selten überschuldet. Aber: In den vergangenen 20 Jahren ist es immerhin gelungen, dass die Schuldenquote vor allem in ostdeutschen Ländern deutlich zurückgedrängt werden konnte. Unter den zehn Kreisen mit den höchsten Rückgängen seit 2004 befinden sich acht aus dem Osten Deutschlands.
Erstmals untersuchte Creditreform auch, inwieweit die Überschuldung von Verbrauchern und die Innovationskraft der Unternehmen korrelieren. Das Ergebnis sei dabei eindeutig, wie Creditreform schreibt: "Die Daten zeigen, dass die Innovationskraft der Unternehmen einer Region offensichtlich in vielen Kreisen und kreisfreien Städten positiven Einfluss auf die sozioökonomische Lage der Verbraucher hat. In diesen liegt die Überschuldungsquote zum Teil deutlich unter dem Durchschnitt."
Sprich: dort, wo die Unternehmen besonders innovativ sind, sind auch weniger Menschen überschuldet. Das sei besonders in den Innovations-Hochburgen Jena und Freiburg zu sehen. Anders sieht es in Herne und dem Altmarkkreis Salzwedel aus, sie gelten als besonders strukturschwache und innovationsarme Regionen.