Nur wenige Bundesländer haben bislang einen Wohnungslosenbericht. Saar-Sozialminister Jung präsentierte jetzt erstmals konkrete Zahlen - und auch, wie die Situation verbessert werden soll.
Im Saarland leben 113 Menschen ohne Unterkunft. 272 gelten als verdeckt wohnungslos. Das heißt, sie haben keine eigene Bleibe, sondern kommen vorübergehend bei Bekannten oder Verwandten oder auch mal auf der Straße unter. 28 sind anderweitig betroffen - wie etwa Bewohnerinnen von Frauenhäusern - und 130 sind von Wohnungslosigkeit bedroht. Das geht aus dem ersten Wohnungslosenbericht für das Saarland hervor.
"Damit haben wir eine wichtige Grundlage dafür, das Problem in den nächsten Monaten und Jahren entschlossener und erfolgreicher angehen zu können", sagte Sozialminister Magnus Jung (SPD). Professor Dieter Filsinger und seine Forschungsgruppe von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes hätten einen "sehr profunden" Bericht vorgelegt, der viele gute Anregungen gebe.
Das Saarland ist nach Angaben des Ministeriums das fünfte Bundesland, das einen Wohnungslosenbericht in Auftrag gegeben habe und nach Nordrhein-Westfalen das zweite Land, das konkrete Zahlen vorlege.
Gründe für Verlust der eigenen vier Wände
Die Daten beruhen laut Filsinger auf umfangreichen Recherchen und Schätzungen, die als verlässlich angesehen werden könnten. Unter Wohnungsnot leiden im Saarland demnach mindestens 543 Menschen, davon seien 130 Personen von Wohnungslosigkeit bedroht. Frauen machen den Angaben zufolge etwa ein Drittel der Wohnungslosen aus, regional liegt der Schwerpunkt im Großraum Saarbrücken.
Suchtprobleme, psychische oder psychosomatische Erkrankungen sowie fehlende finanzielle Absicherung bildeten den Großteil der Problemlagen für Wohnungslosigkeit oder drohenden Wohnungsverlust. "Auch wenn wir 400 Wohnungen zusätzlich hätten, würden sie das Problem der Obdachlosigkeit nicht alleine lösen können", sagte Sozialminister Jung.
Gute Kooperation zwischen Politik und Trägern
Um die Herausforderungen der Wohnungsnot zielgerichtet anzugehen, hatte die Landesregierung gemeinsam mit Fachkräften der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe im Januar 2023 den "Runden Tisch Wohnungsnot" ins Leben gerufen und dort gemeinsam ein Konzept erarbeitet. Nach Ansicht der Forschungsgruppe sei es "gut geeignet, den politischen und fachlichen Herausforderungen von Wohnungslosigkeit im Saarland gerecht zu werden". In dem Zusammenhang lobte Filsinger eine gute Kooperation zwischen den Angeboten von Politik, Trägern und Einrichtungen.
Mit einem Acht-Punkte-Arbeitsplan will Jung das Unterstützungsangebot im Saarland verstärken und besonders vulnerable Gruppen in den Fokus nehmen. Unter anderem soll es zusätzliche Plätze in Notunterkünften insbesondere für Frauen geben und eine ambulante, aufsuchende medizinische Versorgung entwickelt werden - vor allem mit Blick auf die, die psychisch erkrankt seien.
Auch der Ansatz "Housing First" mit der Vermittlung von Wohnraum und weitergehender Unterstützung solle weiter ausgebaut werden. Für die Maßnahmen ständen im Doppelhaushalt zusätzlich 600.000 Euro zur Verfügung.
Letztlich geht es laut Filsinger auch darum, die Selbsthilfe und Partizipation der Betroffenen zu stärken. Jung unterstrich: "Im Mittelpunkt steht, dass wir ihnen ihre Würde wiedergeben, dass wir ihnen so begegnen, dass sie als Menschen angesprochen und ernst genommen werden." Gleichwohl wisse man, dass man niemandem Hilfe aufzwingen könne.