Semenuk, Godziek, McCaul: So lautet das Podium der diesjährigen Rampage. Und das völlig zu recht, denn alle drei Top-Runs überzeugten durch hochwertigste Tricks, riesige Gaps, Flips in beide Richtungen und maximale Radkontrolle. Ein Wermutstropfen bleibt dennoch: Brendan Fairclough konnt die Judges mit seiner einzigartigen Freeride-Line erneut nicht überzeugen. Warum er dennoch mit riesigem Abstand die Publikumswertung und die Herzen der Fans gewann, wer den größten Frontflip aller Zeiten zog und warum sich manches Warten lohnt, zeigen wir euch in der Fotostory des Finales.
Was für ein wildes Spektakel: Die Red Bull Rampage 2024 wird als eine der längsten Ausgaben aller Zeiten wohl in die Geschichte eingehen. Und woran hat et jelegen? Am Wind. Die mittlerweile fast schon zu erwartenden legendären Windpausen sorgten in diesem Jahr dafür, dass insbesondere nach dem ersten Run eine extrem lange Pause entstand. Aber von Anfang an.
Die Veranstaltung startete schon mit einer knapp 90-minütigen Verzögerung, aber dann ging es los, und direkt spektakulär: Brandon Semenuk feuerte ein wahres Trickfeuerwerk in den Berg mit einem Indian Air, einem Tailwhip Drop und einem Flipwhip Drop, bei dem er leider stürzte. So musste sich der Kanadier, der letztes Jahr pausiert hatte, aufgrund des Sturzes mit einem sehr niedrigen Score zufriedengeben – Runde 2 musste es richten.
Im Anschluss zeigte Adolf Silva einen spektakulären Lauf mit einem Doppelflip, zwei Flip Drops und einem großen No-Hand Drop. Der Spanier setzte sich zunächst an die Spitze, doch der Score fiel mit 83,5 Punkten fast etwas ernüchternd aus. Thomas Genon, seit vielen Jahren ein solider Rampage-Kandidat, überzeugte in seinem ersten Run mit 360er Drops und einem insgesamt wilden Ritt, der leider in einem Crash endete. Da Thomas nicht im Zeitlimit von 3 Minuten im Ziel war, verzeichnete der Belgier keinen Score in Run 1.
Kurt Sorge zeigte anschließend, warum er mehrmaliger Rampage-Sieger ist: Mit Flip Drops, enormer Höhe und einer unglaublich sauberen Fahrtechnik holte sich der 36-jährige Kanadier vorerst den ersten Platz und blieb auch vor Reed Boggs, der im Anschluss unter anderem mit einem 360-Drop und einem riesigen Flipdrop einen starken Run zeigte, der ihm 74,66 Punkte einbrachte.
Luke Whitlock bestritt in diesem Jahr seine erste Rampage im Alter von 24 Jahren. Seine Abfahrt überzeugte durch einen stark freeride-orientierten Ansatz, allerdings fehlten ihm im Vergleich zum Top-Fahrerfeld die richtig hochwertigen Tricks, weshalb er „nur“ 70,66 Punkte mitnehmen konnte.
Tom Isted hatte sich zusammen mit Tyler McCaul einen wilden Canyon-Drop ausgedacht – und Tom selbst hatte die Erstbefahrung erst am Vortag hinter sich gebracht. Die technische Kurve für die Anfahrt allerdings klappte nicht so wie gedacht, sodass Tom einen neuen Anlauf nehmen musste – das kostete Punkte. Der weitere Run allerdings blieb hochwertig und Tom beendete die Abfahrt mit einem absolut wilden Backflip über die selbstgebaute Sharkfin. Am Schluss: 50,53 Punkte.
Ethan Nell zeigte einen sehr anspruchsvollen Backflip über seinen Highlightdrop namens „Biggie“. Garniert wurde der Lauf mit sehenswerten Flatspins – am Ende 82,33 Punkte.
Nun war Rampage-Urgestein Tyler McCaul dran und traditionell wird sein Bruder Cam, der den englischsprachigen Kommentar seit vielen Jahren übernimmt, an dieser Stelle immer etwas nervös. Das brauchte es allerdings diesmal gar nicht: Tyler präsentierte einen sehr technischen, hochwertigen Run mit einem Backflip Tabletop und dem schon angesprochenen, zusammen mit Tom Isted gebauten riesigen Canyon-Gap. Ein brutaler Lauf, der satte 90,66 Punkte und die vorübergehende Führung wert war.
Zeit für Szymon Godziek. Und alle wussten durch diverse Videos in den sozialen Medien, dass es eine wilde Fahrt des Polen werden würde. Szymon begann mit einem hochriskanten Frontflip direkt zum Start, zog durch mit einem technischen mittleren Teil und endete mit einem beeindruckenden Doppelflip, der ihm 91,66 Punkte und Rang 1 bescherte. Talus Turk überzeugte im Anschluss mit einer sehr technischen Line und einer der wohl schönsten Chute-Abfahrten des Tages, kam jedoch nicht über 72 Punkte hinaus.
Auch Bienvenido Aguado Alba hatte einiges vor: Der YT-Fahrer hatte viel vor, crashte aber nach einem starken Flip Drop wie schon im Training zuvor hart und ging punktemäßig leer aus.
Nun stand ein weiteres Urgestein der Freeride-Szene am Start. Kyle Strait, seines Zeichens 18-facher (!) Teilnehmer der Red Bull-Rampage, trat an und sorgte mit Singlecrown-Gabel und Tailwhip mit gerade so gehaltener Landung gleichermaßen für Erstaunen wie Freude beim Publikum. Nicht fehlen durfte ein fetter 360 Drop sowie der Signature Nohand-Drop über einen der größten Kanten des Geländes. 78 Punkte für die Legende aus Kalifornien.
Nun kam der Lauf, auf den alle gewartet hatten: Brendan Fairclough. Würde er seine gewaltigen Features und seine riesige Line wirklich fahren? Das tat er! Egal ob „The Rock“, die gefährliche Off-Camber-Sektion, den Backflip über den Canyon oder die praktisch unfahrbare Chute-Abfahrt in Gedenken an Jordie Lunn, Fairclough beeindruckte alle und der Teufel war los. Dennoch vergaben die Judges nur 76 Punkte – und die Kommentarspalten liefen, das kennen wir aus den letzten Jahren, umgehend heiß.
Das Highlight von Carson Storchs Abfahrt war sicherlich die „gerade noch so“-Landung nach einem großen 360-Drop, den er wie durch ein Wunder stand. Und sein guter Lauf zahlt sich aus: 85 Punkte für Carson von den Judges.
Einer der Höhepunkte des Tages und die Vergoldung des besten Tricks des Tages folgte im Anschluss: Tom Van Steenbergen ist seit Jahren bekannt dafür, wilde Frontflips in seine Rampage-Erlebnisse einzubauen – und einen solchen gab es auch in diesem Jahr. Einer der wohl heftigsten Frontflips aller Zeiten samt einem unglaublich starken restlichen Run sorgte für 89,33 Punkte.
Der Titelverteidiger und Rampage-Legende kam ganz zum Schluss dran – leider ging es nicht gut aus: Cam Zink stürzte hart bei seinem ersten großen Backflip im Steilhang und musste per Helikopter abtransportiert werden. Stand jetzt ist Cam wohl stabil, wir wünschen ihm weiterhin gute Besserung.
Nach einer langen Windpause nahmen nur noch wenige Fahrer ihren zweiten Run in Angriff. Thomas Genon zeigte erneut seinen fetten 360-Drop und einen soliden Lauf – diesmal ohne Sturz – der ihm 85,83 Punkte einbrachte.
Und natürlich musste Brandon Semenuk noch einmal antreten. Und das tat er: Mit einem Truck Driver Drop, einem 360 Nac-Nac Drop, einem Flatspin, einem Indian Air und dem beeindruckenden Double Drop, bei dem er im ersten Teil auch noch einen hochriskanten Tailwhip einbaute, sicherte er sich mit 92,73 Punkten den ersten Platz und verdrängte Szymon Godziek noch auf Rang 2.
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