Die Verkaufsabsichten der Breuninger-Eigner-Familie hat viele in der Modebranche überrascht. Einige der angeblichen Interessenten winken auf Nachfrage ab.
Die Modehauskette Breuninger will laut einem Bericht der "Wirtschaftswoche" ihr Geschäft verkaufen. Angeblich soll es zahlreiche Interessenten geben. Viele in der Branche überrascht der geplante Schritt, schließlich galt das 1881 in Stuttgart gegründete Unternehmen bisher als vorbildlich: die Kaufhauskette konzentriert sich seit jeher auf kaufkräftige Klientel, ihr "Boutiquen in der Boutique"-Ladenkonzept im Stammhaus und den zwölf weiteren Dependancen funktioniert, genauso wie der Onlinehandel.
In Verhandlungskreisen wird dem Bericht der "Wirtschaftswoche" zufolge spekuliert, dass die gesamte Breuninger-Gruppe auf Basis eines Unternehmenswerts von 2,5 Mrd. Euro verkauft werden könne. Abzüglich Schulden könnte der Kaufpreis rund 2 Mrd. Euro betragen, wobei rund 1,8 Mrd. Euro allein auf die Immobilien entfallen dürften. Erste Angebote sollten bis Ende Oktober vorliegen. Einer Aufstellung der Investmentbank Macquarie zufolge hätten 31 Unternehmen Interesse an Breuninger angemeldet, darunter sowohl Finanzinvestoren als auch Handelsunternehmen.
Breuninger selbst wollte den geplanten Verkauf weder bestätigen noch dementieren: "Zu den von Ihnen gestellten Fragen können wir keine Angaben machen, da Breuninger generell keine Marktgerüchte kommentiert", teilte das Unternehmen auf Capital-Anfrage mit.
Noch 2023 betrug der Umsatz, den die rund 6500 Mitarbeiter erwirtschafteten, immerhin 1,5 Milliarden. Laut Breuninger ist das ein Zuwachs um sieben Prozent zu 2019. Die Hälfte des Umsatzes macht Breuninger mit seinem Onlinehandel. Ein schlechtes Geschäft dürfte daher als Grund für die Veräußerungspläne ausscheiden, die Willem van Agtmael (77) und Wienand Meilicke (79) offenbar hegen. Ihren Familien gehört die Breuninger-Mehrheit. Das gehobene Preissegment blieb bisher in der von Insolvenzen geplagten deutschen Modebranche verschont.
Doch wie konkret und wie weit ist der mögliche Verkauf – und wie ernsthaft interessiert sind mögliche Käufer? Laut "Wiwo" haben bereits namhafte Übernahmekandidaten vorgesprochen: El Corte Ingles aus Spanien, Galeries Lafayette aus Frankreich, Richard Baker und die Central Group aus Thailand, der seit kurzem die KaDeWe Group gehört. Gerade letztere Variante böte, so Branchenkenner Jürgen Müller auf dem Portal profashionals.de, erhebliche Synergie-Vorteile: Die KaDeWe-Häuser und Breuninger würden zum Luxus-Platzhirsch avancieren, das Online-Knowhow würde beide beflügeln und die Central Group wäre mit ihrem übrigen Portfolio – Selfridges, Globus, De Bijenkorf und La Rinascente – in einer starken Verhandlungsposition im Einkauf. Und zwar gegenüber Luxusmarken, denen eigene Läden und Onlineshops zunehmend besser gefallen als der klassische Großhandel.
Heute gehören zur Central Group 42 Stores in acht Ländern, womit das Unternehmen der Milliardärsfamilie Chirathivat der größte Luxushändler Europas ist. Außerdem gehören der Familie Hotels in Japan und Österreich. Trotzdem bleibt Thailand noch Hauptstandort der Gruppe. Hier ist sie Marktführer bei Shoppingcentern, betreibt weiterhin klassische Kaufhäuser, Hotels und Restaurants. Außerdem baut sie in Thailand Wohnanlagen und ist nach eigenen Angaben führender Entwickler und Betreiber von Bürogebäuden.
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In Europa bekannt geworden ist die Central Group vor allem über ihre Zusammenarbeit mit dem untergegangenen Signa-Konzern von René Benko. Nach der Pleitenserie bei Signa hatte die Central Group jüngst die Anteile von Benko an der KaDeWe-Gruppe übernommen. Auch die berühmte KaDeWe-Immobilie in Berlin gehört seit diesem Sommer dem Central-Konzern. Auf Nachfrage von Capital wollte sich die Central Group nicht äußern: "Wir werden die Spekulation nicht kommentieren", ließ das Unternehmen mitteilen.
Denkbar ist natürlich auch eine Zerschlagung von Breuninger und ein separater Verkauf der Immobilien und des eigentlichen Einzelhändlers. Wobei sich derlei Strategien, also des Aufsplittens und Wieder-Mietens, nicht nur in der Karstadt-Kaufhof-Saga als große Belastung entpuppten.
Dem Bericht der "Wirtschaftswoche" zufolge sollen Handelsgeschäft und Immobilien definitiv getrennt verkauft werden. Offen bleibt darin, ob alle von Breuninger genutzten Standorte sich im Eigentum der Familie befinden. Dem Bericht zufolge gehören zu den Kaufinteressenten die drei Frankfurter Fondsgesellschaften Deka, DWS und Union Investment, alle drei Anbieter Offener Immobilienfonds. Außerdem werden die US-Bank Morgan Stanley und die Private Equity Gesellschaft Apollo genannt.
Weder DWS, Deka, Union Investment noch Morgan Stanley wollten sich auf Capital-Anfrage zu dem Bericht äußern, Apollo ließ eine Anfrage zunächst unbeantwortet. Hinter vorgehaltener Hand hieß es aber, man habe offenbar ein paar Namen der "üblichen Verdächtigen" fallen lassen, um den Verkaufsprozess anzustoßen. Einer der im Bericht genannten Kaufinteressenten erklärte, er sei definitiv nicht an den Breuninger-Immobilien interessiert. Ein anderer zeigte sich überrascht. "Das ist das Erste, was ich dazu höre", hieß es auf Nachfrage von Capital.
Am 17. Oktober soll die 14. Breuninger-Filiale im Westfield Quartier in der Hamburger Hafencity eröffnen. Möglicherweise ist bis dahin mehr bekannt. Für viele Beschäftigte wäre das wichtig. Die Gewerkschaft Verdi sieht zwar erst einmal keine größere Gefahr für die 6500 Arbeitsplätze. "Ich mache mir um die Arbeitsplatzsicherheit weniger Sorgen. Breuninger steht deutlich besser da als andere Textilhändler", so Wolfgang Krüger, der bei Verdi in Baden-Württemberg den Fachbereich Handel leitet. Manche Beschäftigte seien durchaus beunruhigt.