Nach den Protesten vom Jahresanfang haben Bauern in Norden und Landesregierung miteinander geredet. Beim Bauerntag in Rendsburg liefert Ministerpräsident Günther: ein Programm gegen Bürokratie.
Die Bauern in Schleswig-Holstein sollen entlastet werden. Für seinen neun Punkte umfassenden Plan erhielt Ministerpräsident Daniel Günther beim Landesbauerntag in Rendsburg viel Applaus, nachdem Bauernpräsident Klaus-Peter Lucht zuvor hohe Erwartungen geweckt hatte. Kernpunkt der zwischen Landwirtschaft und Landesregierung verabredeten Entlastungen ist ein Abbau der Bürokratie. Es gebe eine Überregulierung in vielen Lebensbereichen in Deutschland, sagte der CDU-Politiker. "Das sorgt schon bei vielen Menschen für Verdruss."
Von Knickpflege bis Düngedokumentation
Entlastet werden die Bauern unter anderem bei der Knickpflege. So dürfen die Landwirte künftig alle drei Jahre den seitlichen Zuwachs entfernen, und zwar schon ab 15. September statt wie bisher ab 1. Oktober. Auf den Stock gesetzt, also komplett runtergeschnitten, dürfen Knicks künftig bis Ende Februar. Beim Pflanzenschutz sollen Möglichkeiten geschaffen werden, gegen schwer zu bekämpfende Unkräuter vorzugehen. Beim Düngerecht soll die landesrechtliche Meldepflicht nur noch halbjährlich nötig sein. Schweinehalter sollen entlastet werden, indem beim Bau von Auslaufflächen keine Baugenehmigung mehr erforderlich ist.
Einheitliches Datenportal angekündigt
Günther kündigte ein einheitliches Datenportal für den Austausch zwischen Bauern und Land an. Das werde Dokumentationen vereinfachen und Doppelerfassungen vermeiden. Den mehreren Hundert Bauern im Saal rief Günther zu: "Sie sind so viel besser aufgestellt im Bereich der Digitalisierung als wir, und es ist schon ein Irrsinn, dass es eher an uns scheitert und Sie damit mehr bürokratischen Aufwand haben."
Der Regierungschefs gab den Landwirten auch die Zusage, Dokumentationspflichten im Bereich von Antibiotika zurückzufahren, die in Schleswig-Holstein strenger sein als in anderen Ländern.
Günther macht den Bauern die Zusage, weiter an den Themen zu arbeiten. "Wir wollen so wenig Bürokratie in Schleswig-Holstein haben, wie es nur möglich ist." Seine frühere Zusage, er wolle Anwalt der Landwirtschaft sein, gelte weiterhin.
Ernährungssouveränität gefordert
Der Präsident des Bauernverbands Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, hatte in seiner Rede einen neuen Blick auf die Versorgung mit landschaftlichen Produkten gefordert. "Wir brauchen Ernährungssouveränität", sagte Lucht beim Landesbauerntag am Rande der Agrarmesse Norla in Rendsburg. Das sei mit Blick auf die Krisen in der Welt, unter anderem Krieg in Europa, dringend nötig, damit nicht eines Tages die Regale leer seien.
Wenn es um Biodiversität oder Klimaschutz gehe, dürfe es kein Gegeneinander von Politik und Landwirtschaft geben, forderte der Präsident. "Es gibt nur ein gemeinsames Miteinander." Die Unternehmen machten in diesem Bereich schon sehr viel. Die Bauern hätten aber auch eine wirtschaftliche Verantwortung ihren Betrieben gegenüber.
Lucht forderte vor allem einen weiteren Abbau von Bürokratie. "Das muss wieder zurückgeschraubt werden." Die Politik müsse den gut ausgebildeten Menschen in der Landwirtschaft mehr vertrauen.
Kritik von Umweltschützern
Kritik vor allem an der künftigen Knickregelung kam von Seiten der Umweltschützer. "Wenn Knicks jetzt schon im September seitlich beschnitten werden dürfen, fürchten wir, dass bei der Einsaat des Wintergetreides die Maschinen zu nah an den Knick heranfahren und diese wertvollen Rückzugsräume der Artenvielfalt schädigen", sagt der Vorsitzende des BUND Schleswig-Holstein, Dietmar Ulbrich. Die Landesregierung sei vor der Agrarlobby eingeknickt.