Die Messerattacke in Solingen hat erneut zu einer Debatte über die Abschiebepraxis geführt. Einige Politiker warnen vor einer überhitzten Diskussion und fordern eine Versachlichung.
Nach der tödlichen Messerattacke in Solingen haben mehrere Politiker in Brandenburg vor einer überhitzt geführten Debatte gewarnt. Ein "Überbietungswettbewerb" in der Öffentlichkeit helfe nicht weiter, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Deutschlandfunk. Es gehe um die konsequente Nutzung der bereits geltenden Abschiebemöglichkeiten. "Hier muss geltendes Recht durchgesetzt werden", so Woidke. "Wir müssen jetzt die Schlussfolgerungen aus den Ereignissen der letzten Monate ziehen." Die müssten "jetzt auch schnell kommen", forderte der Ministerpräsident.
Am Freitag waren bei einem Stadtfest im nordrhein-westfälischen Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet worden. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Der Anschlag hat die Debatte über die Migrationspolitik und Abschiebungen neu befeuert, weil der mutmaßliche Täter bereits nach Bulgarien hätte abgeschoben werden sollen, was aber nicht gelang.
Linken-Fraktionsvorsitzender: Radikalisierung verhindern
Aus diesem Terroranschlag des IS dürfe keine Asyldebatte gemacht werden, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Brandenburger Landtag, Sebastian Walter. Es sei eine Debatte über Radikalisierung und über einen Angriff auf die Demokratie. "Wir müssen dafür sorgen, dass Integration stattfindet", sagte Walter.
Die Diskussionen über Abschiebungen, Waffenlängen, Waffenverbotszonen seien "tagesaktuelle Symbolpolitik", ergänzte er. Durch Waffenverbotszonen ließe sich kein Verbrecher von einem Verbrechen abhalten. Es gehe um andere Fragen. Etwa wie man die Radikalisierung von Menschen verhindere. Gewalt und Kriminalität hingen eng mit sozialen Faktoren zusammen, betonte Walter.
Grünen-Spitzenkandidatin: Lösungen auf Basis des Grundgesetzes
Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 22. September, Antje Töpfer, sagte, es sei nun wichtig, sich nicht gegenseitig im "Populismus zu überbieten". Man müsse nach "wirksamen und vernünftigen" Lösungen auf Basis des Grundgesetzes suchen.
Ihr Fraktionskollege Benjamin Raschke bekräftigte die Forderung der Grünen nach einer Verschärfung des Waffenrechts. "Wir halten es für völlig verkehrt, dass man eine Machete im Baumarkt kaufen kann." Man könne ohne großen Aufwand in Brandenburg mit einer Waffe herumlaufen.
Flüchtlingsrat: Auf den Rechtsstaat verlassen
Der Flüchtlingsrat in Brandenburg warnte nach der Tat vor einer Debatte auf dem Rücken von Geflüchteten. "Wir kriegen ganz viele Anrufe von Geflüchteten, die verunsichert sind, wenn sie sich die Nachrichten anschauen", sagte ein Sprecher des Rates dem rbb.
Solche Einzeltäter gebe es leider überall auf dieser Welt. Man solle sich auf den Rechtsstaat verlassen, führte der Sprecher aus. Die Justiz sei da, um solche Vergehen zu ahnden. Die Politik solle nun nicht weitere Verunsicherung schaffen, sondern schauen, was für die Mehrheit "sinnvoll" sei, betonte der Sprecher.