Der schwerste Brocken zuerst – das kann Bürde oder Chance sein. Zum Saisonauftakt empfängt Borussia Mönchengladbach das überragende Team der vergangenen Saison. Der Double-Gewinner Bayer Leverkusen hat auf nationaler Ebene eine ganze Spielzeit lang keine Partie verloren und konnte sein Team zumindest auf dem Papier im Sommer eher noch verstärken. Theoretisch ist die Sache klar: Schwerer wird’s für Borussia erst zum Rückrundenauftakt. Je nach Lesart kann das Team nach dem Ligaauftakt froh sein, diese Aufgabe schon hinter sich zu haben oder startet direkt mit einem Malus in die weiteren 33 Spieltage. Oder es kommt ganz anders. Erste Spieltage bringen nicht selten überraschende Ergebnisse mit sich. Borussia hat das selbst schon erfahren: Wir erinnern immer wieder gerne an die Spiele gegen den FC Bayern München 2001 und 2011. An dieser Stelle ein kurzer Gruß an Manuel Neuer. Und dann ist ja da noch die einzige Mannschaft, gegen die Leverkusen in der vergangenen Saison kein Tor gelang…
Alle Superlative zu Bayer Leverkusen sind geschrieben. Wir verweisen auf unseren Bundesliga-Check. Jonathan Tah ist auch am ersten Spieltag noch Teil des Leverkusener Kaders. Ob man bei Bayer jetzt weiter mit ihm plant, wird sich wohl auch an der heutigen Aufstellung ablesen können. Sitzt Tah auf der Bank, rechnet Simon Rolfes noch mit einem guten Geschäft und Xabi Alonso minimiert das Risiko, dass das aus gesundheitlichen Gründen platzt. Als Ersatz bietet sich der von Stade Rennes gekommene Innenverteidiger Jeanuel Belocian an. Ansonsten dürfte Alonso auf das aus dem Meisterjahr bekannte Personal setzen. Von den Neuzugängen hat Aleix Garcia, der aus Girona kam, die größten Chancen, zur ersten Elf zu gehören. Stürmer Manuel Terrier, der seinem Namen beim Supercup alle Ehren machten und wegen groben Foulspiels vom Platz flog, wird wohl zunächst zusehen.
Wer es eben nicht mehr auf dem Schirm hatte, der sei daran erinnert: Die einzige deutsche Mannschaft, die es in der vergangenen Saison schaffte, gegen Bayer Leverkusen zu null zu spielen, war Borussia Mönchengladbach. In einem Jahr äußerster Leerdamer- und Schießbudenhaftigkeit der Gladbacher Abwehr ein echtes Kuriosum. Nun gibt es bislang wenig Indizien dafür, dass Borussia zu diesem Zeitpunkt defensiv stärker sein könnte, als in der 67-Gegentore-Spielzeit 23/24. Die Seitenwahl-Redaktion sieht in seltener Einmütigkeit hier ein echtes Problem. Auf ein erneutes Kuriosum zu hoffen, ist das Eine. Ansonsten hilft heute Abend nur eine hochkonzentrierte Leistung der ganzen (!) Mannschaft, um Jonas Omlin beim Toreverhindern zu helfen. Gelingt das nicht, hätte das zumindest die charmante Nebenwirkung, auch Roland Virkus und wer auch immer nach der Demission von Stephan Schippers auf der Kasse sitzt von der Sichtweise unserer Redaktion zu überzeugen: Tu was!
Nach dem überwiegend seriösen Pokal-Auftritt in Aue dürfte sich an der Startelf nicht viel ändern. Die Viererkette stellt sich fast von selbst auf, wobei wir Gerardo Seoane inzwischen gut genug zu kennen glauben, um zu wissen, dass er Fabio Chiarodia durch den genesenen Nico Elvedi ersetzt wird. Die andere offene Frage lautet „Sander oder Reitz“. Hier sehen wir uns kaum zu einer Prognose in der Lage.
Der Borussia-Park wird voll sein, halb Deutschland guckt zu. Borussia könnte ein Zeichen setzen. Fast ist man geneigt zu sagen: Ein gutes Spiel täte es auch. Einen Sieg zu erwarten, wäre vermessen. Alles unterhalb Leverkusener Kantersieg darf man als Erfolg verbuchen, ein Punkt wäre schön, ein Sieg sensationell. Auf geht’s, Borussia!
SEITENWAHL-Prognose
Christian Spoo: Borussia beginnt mutig und kriegt früh einen rein. Leverkusen lässt es hernach ruhig angehen, am Ende steht ein recht aussagearmes 0:2.
Michael Heinen: Der Deutsche Meister erweist sich als zu starke Auftakthürde für Borussia, die mit 1:3 verliert.
Mike Lukanz: Wir halten das Spiel offener als gegen den selben Gegner im Heimspiel der Vorsaison. Ja, wir werden sogar Tore erzielen, was vergangene Spielzeit in zwei Spielen nicht gelang. Einzig, es wird nichts nützen, denn Leverkusen bleibt selbst dann zu stark, wenn Borussia eine Top-Leistung abruft. Immerhin bekommt Fußball-Deutschland ein Spektakel zu sehen: 2:4.
Claus-Dieter Mayer: Borussia hat Glück, Borussia hält aber auch gut dagegen, nutzt seine Chancen und kommt am Ende zu einem hart umkämpften 2:2.