Im Digitalzeitalter sind die Perspektiven der Computerspiele-Branche zwar positiv, derzeit kriselt es aber. Bei der Gamescom gibt man sich dennoch gut gelaunt - und feiert aufwendig gemachte Spiele.
Nach dem Start der weltgrößten Messe für Computerspiele und Videospiele, der Gamescom in Köln, will die Branche ihre aktuellen Probleme überwinden. Wegen gestiegener Kosten und einer schwächeren Nachfrage sind viele Games-Firmen unter Druck. Weltweit haben schon jetzt deutlich mehr Mitarbeiter der Branche konjunkturbedingt ihre Jobs verloren als im ganzen Vorjahr.
Auch in Deutschland mussten einige kleinere Studios aufgeben. Die Gamescom wiederum will nun bis Sonntag Optimismus verbreiten und das Wachstumspotenzial der Branche betonen.
Auftakt für die Publikumsmesse, die im vergangenen Jahr 320.000 Besucherinnen und Besucher in die Kölner Messehallen brachte, war die "Opening Night Live" am Dienstagabend, eine Veranstaltung mit einer Vielzahl an kurzen Werbefilmen neuer Spiele.
Bei der Show ging es um visuelle Reisen in die Vergangenheit, um düstere Gegenwartsentwürfe oder apokalyptische Zukunftsvisionen, in denen das Böse besiegt werden muss. Zu sehen waren Werbefilme vom Mittelalter-Ritterspiel "Kingdom Come Deliverance II", vom Shooter-Game "Call of Duty: Black Ops 6" und vom Zombie-Gemetzel "Dying Light: The Beast".
In "Dune Awakening" kämpfen die Gamer auf dem Wüstenplanet Arrakis zunächst ums nackte Überleben und später um Macht und Einfluss. Die Macher des visuell opulenten Spiels dürften auf Fans der Kinofilme hoffen, denen die Sandwürmer bereits auf der Leinwand begegnet sind.
US-Technologiekonzerne sind präsent
Die Präsenz großer US-Konzerne war bei der Show am Dienstagabend vor mehr als 4.000 Zuschauern unübersehbar. So wurden etwa die Serie "Secret Level" von Amazon Prime und das Spiel "Squid Game: Unleashed" von Netflix vorgestellt. Für das an die Comicreihe angelehnte Actionspiel "Batman: Arkham Shadow" braucht man die Virtual-Reality-Brille Quest 3 vom Facebook-Konzern Meta. Nach der Show am Abend sollen die Türen zu den anderen Messehallen am Mittwochvormittag öffnen, um Zugang zu den Ständen der unterschiedlichen Firmen zu gewähren.
Gamescom als Publikumsmagnet
Die Gamescom ist eine Publikumsmesse, Tickets sind also im freien Verkauf erhältlich. Allerdings kommen auch viele Firmenvertreter, um Kontakte zu knüpfen und Geschäfte anzubahnen. Spielefans können neue Games ausprobieren. Der Samstag ist schon ausverkauft, am Sonntag endet das Event. Bis dahin dürften auch viele bunt gekleidete Cosplayer, die an Figuren aus Serien und Spielen erinnern, auf dem Messegelände zu sehen sein.
Die Messe hatte 2019 ihr bisher bestes Jahr mit 373.000 Besuchern. Danach setzte die Corona-Flaute ein. Die Vorzeichen für dieses Jahr sind gut, schließlich hat die Messe ihr Angebot erweitert: Mehr als 1.400 Aussteller aus 64 Ländern präsentieren neue Video- und Computerspiele sowie andere technische Innovationen und Dienstleistungen. Das sind 15 Prozent mehr als im Vorjahr.
Streit über Förderpolitik
Auf der Messe mit dabei ist auch das Hamburger Studio Rockfish Games, von dem das Weltraum-Actionspiel "Everspace 2" kommt. Für dieses bereits im vergangenen Jahr erschienene Spiel hat es eine Förderung von 1,65 Millionen Euro vom Bundeswirtschaftsministerium erhalten.
"Das hat uns unsere finanzielle und damit auch unsere kreative Unabhängigkeit garantiert", sagt Firmenchef Michael Schade. Er ist froh, dass er wegen wirtschaftlicher Umstände keine Stellen abbauen musste. Man setze auf moderates Wachstum, sagt er.
Schade wird am Mittwochabend zu einer Bühnenveranstaltung erwartet, bei der auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dabei sein sollen. Das Rockfish-Studio mit rund 30 Mitarbeitern in Deutschland ist ein positives Beispiel für die Wirksamkeit der Games-Förderung des Bundes.
Diese Förderpolitik steht aber in der Kritik. Denn aus Sicht des Branchenverbandes Game stellt der Bund viel zu wenig Geld bereit, um Wettbewerbsnachteile des Standortes Deutschland gegenüber anderen Ländern wie Frankreich und Kanada auszugleichen.
Weil zu wenig Geld da ist, nimmt das Bundeswirtschaftsministerium seit Mai 2023 keine Förderanträge mehr an. Dieses Jahr sollen zwar 50 Millionen Euro fließen, dies aber komplett in längst bewilligte Anträge. Games-Entwicklungen dauern in der Regel sehr lange, das Fördergeld wird schrittweise über mehrere Jahre gezahlt.
Neuer Fördertopf ist noch ungenutzt
Bei der Bundeskulturbeauftragten Claudia Roth (Grüne) ist zwar ein neuer, gut 33 Millionen Euro schwerer Fördertopf für Games angesiedelt - dies hatte ein Bundestagsausschuss im vergangenen November beschlossen. Ausgezahlt wurde hieraus aber noch nichts. Man sei noch in Abstimmungen mit dem Bundeswirtschaftsministerium, heißt es von der Kulturbeauftragten.
Das wiederum sorgt für Unmut aus den Bundesländern. "Die angekündigten Gelder in Höhe von über 33 Millionen Euro [...] müssen sofort an die Branche ausgereicht werden", fordert Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler). Auch beim Branchenverband Game hofft man, dass besagte Förderung endlich losgeht und die angespannte Situation etwas gelindert wird.
Berlin sieht Länder in der Pflicht
Das Bundeswirtschaftsministerium hat zudem vor, die Förderung kleiner Studios den Bundesländern zu überlassen und sich als Bund auf die größeren Vorhaben zu fokussieren. Dann könnte es länger dauern, bis das Jahresbudget ausgeschöpft ist.
Die Bundesländer sind davon aber wenig begeistert. "Es kann nicht Aufgabe der Länder sein, Ausfälle bei der Bundesförderung zu kompensieren", heißt es aus dem NRW-Medienministerium. "Sie können maximal abgemildert werden." Auch aus Baden-Württemberg wird signalisiert, dass man die Landesförderung nicht weiter aufstocken werde.