Der Bundespräsident gratuliert und eine Basketball-Legende genießt: Die Gold-Nacht im 3x3 erzeugt maximale Aufmerksamkeit. Der Olympiasieg soll mehr werden als ein einmaliger Triumph.
Mit Gold um den Hals zogen die 3x3-Olympiasiegerinnen vom Place de la Concorde in die Pariser Nacht. Überwältigt von dem historischen und vollkommen unerwarteten Basketball-Triumph wussten Svenja Brunckhorst, Sonja Greinacher, Marie Reichert und Elisa Mevius zunächst gar nicht, wie sie die sportliche Woche ihres Lebens gebührend zelebrieren sollten.
Begonnen hatten die Feierlichkeiten noch auf dem Court mit einem gemeinsamen Foto mit Superstar Dirk Nowitzki. "Er ist die deutsche Basketball-Legende. Unsere Augen haben gefunkelt. Das ist eine schöne Erinnerung", sagte Brunckhorst.
Das Bild mit der nationalen Ikone blieb dem Quartett als zusätzliches Andenken an eine denkwürdige Krönung aus dem Nichts. Für ein gemütliches Bier in einer Kneipe kam der 46-Jährige aber nicht mehr infrage. Nowitzki düste bei seinem Olympia-Gastspiel vor Mitternacht mit einem Shuttle ab.
Erste Olympia-Medaille im Basketball
Brunckhorst, Greinacher, Reichert und Mevius feierten derweil im kleinen Kreis den Erfolg, der auch für den Deutschen Basketball Bund (DBB) geschichtsträchtig war. Nie zuvor hatte der Verband bei Olympia eine Medaille gewonnen. Bis zum Beginn der Spiele von Paris hatte sogar noch nie eine deutsche Basketballerin an Olympischen Spielen teilgenommen.
Und jetzt Gold. "Das ist eine historische Nacht für den deutschen Basketball und auch für die Spielerinnen, die Deutschland hervorragend vertreten haben und Momente für die Ewigkeit geschaffen haben", sagte Präsident Ingo Weiss. Erst in den frühen Morgenstunden kehrten die vier mit Gold dekorierten Basketballerinnen ins olympische Dorf zurück.
Neureuther tanzt auf der Pressetribüne
Das dramatische Finale samt Happy End beim 17:16 gegen Spanien brachte der Trendsportart Aufmerksamkeit wie nie zuvor in Deutschland. Vor Ort fieberten Nowitzki und IOC-Präsident Thomas Bach mit. In der Heimat lief das Spiel um Gold um 22.00 Uhr im Hauptprogramm des ZDF und erreichte damit ein Millionenpublikum.
Auch die Reaktionen auf den Coup gingen weit über den Basketball hinaus. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der abgetretene Fußball-Star Toni Kroos gratulierten über die sozialen Netzwerke. Felix Neureuther, der als Experte für die ARD in Paris ist, führte auf der Pressetribüne spontan einen Freudentanz mit Handballer Pascal Hens auf und bejubelte die Goldmedaille wie ein Tor im Fußballstadion.
"Noch in den Kinderschuhen"
Mit dem Olympia-Schub soll es nun so in die Zukunft gehen, dass 3x3 nicht erst 2028 in Los Angeles wieder groß in der Sport-Öffentlichkeit steht. "Das war ein großes Ziel, 3x3 populärer zu machen. Es steckt noch in den Kinderschuhen. Das Turnier hat gezeigt, was für ein geiler Sport das ist", sagte Greinacher. Sie verwandelte sowohl gegen Spanien als auch im Halbfinale gegen Kanada (16:15) den entscheidenden Wurf.
Im Programm der Sommerspiele hat sich die Basketball-Variante bewährt. In der stimmungsvollen Arena am Place de la Concorde sahen die Zuschauer spannende Spiele und zahlreiche Höhepunkte. Der kurzweilige Schlagabtausch begeistert vor allem das junge Publikum, das in Paris ganz nah an die Spieler herankam. Superstars wie LeBron James ließen sich blicken und genossen live die besondere Atmosphäre.
Damen-Basketball mit Traumjahr
Deutschlands Basketballerinnen erleben ein traumhaftes Jahr 2024. Sowohl das Hallen-Team als auch die 3x3-Auswahl qualifizierte sich erstmals für Olympia. Die erste Medaille ist perfekt. Und auch das Team von Bundestrainerin Lisa Thomaidis ist bei den Spielen noch im Rennen und trifft im Viertelfinale am Mittwoch (18.00 Uhr) auf Gastgeber Frankreich. Der gestiegene Stellenwert zeigte sich schon vor Olympia, als Bundeskanzler Olaf Scholz beide Hallen-Nationalteams in Berlin empfing.
Brunckhorst, Greinacher, Reichert und Mevius haben seit Montagabend sogar den NBA-Multimillionären Nowitzki und Dennis Schröder etwas voraus: eine olympische Medaille. "Es ist schön, dass es ein Frauenteam ist, dass diese Medaile gewonnen hat. Es ist besonders, es ist historisch", sagte Brunckhorst, die bei Olympia ihr letztes Spiel absolvierte und nun ihre aktive Karriere beendet. Der kurzzeitige Ärger darüber, dass sie und Greinacher nicht zusätzlich für das Frauen-Nationalteam spielen durften, war verflogen.
Analyse bescheinigte geringes Medaillenpotenzial
Der in der Öffentlichkeit völlig unbekannte 3x3-Bundestrainer Samir Suliman schwärmte von dem Abend, der dank Nowitzki noch besonderer wurde als ohnehin. "Dirk ist für uns unfassbar, auch für die Spielerinnen. Er ist da und er hat sie alle gedrückt. Das ist der aller, allergrößte Basketballer aller, aller, aller, aller Zeiten in Deutschland. Wenn der live dabei ist, wenn du als Spielerin Olympiasiegerin wirst. Was gibt es Größeres?", sagte Suliman.
Wie bei WM-Gold der Männer im Vorjahr widerlegte auch das 3x3-Quartett das Potenzialanalysesystem (PotAS), das die Basketballer auf dem 26. und letzten Platz der Sommersportverbände geführt hatte. Die Analyse ist Teil der Spitzensport-Reform, bei der die Fördergelder des Bundes stärker anhand von Erfolgserwartungen und Medaillenchancen verteilt werden sollen. Die Kommission verteidigte das Ranking nach der WM noch damit, dass den Männern um Schröder zwar hohes Potenzial bescheinigt werde. Dies gelte aber nicht in gleichem Maße für die Frauen und die 3x3-Teams. Seit Montagabend wissen es Millionen Zuschauer besser.