Isabell Werth schreibt Geschichte: Mit dem Team-Gold der deutschen Dressurmannschaft ist die 55-Jährige zur deutschen Rekord-Olympionikin geworden. Doch der Sieg hatte für sie sicher auch emotionalen Wert.
Zitternd stand Isabell Werth im Schlosspark von Versailles, dann hatte das bange Warten ein glückliches Ende. Teamkollegin Jessica von Bredow-Werndl rettete mit ihrem Pferd Dalera einen hauchdünnen Vorsprung ins Ziel und sicherte der deutschen Dressur-Mannschaft erneut die Goldmedaille bei Olympia. "Das war Wahnsinn. Ich dachte schon, es reicht nicht. Es ist super, wunderbar", sagte Werth, die durch ihre achtes Gold zu Deutschlands Rekord-Medaillengewinnerin aufstieg, dem ZDF.
"Ich glaube, es hat noch nie eine knappere Entscheidung gegeben", ergänzte Werth. Mit der Winzigkeit von 0,121 Punkten setzten sich Werth mit Wendy, Frederic Wandres mit Bluetooth, und von Bredow-Werndl mit Dalera vor Dänemark durch und sorgten für das vierte deutsche Gold bei den Sommerspielen 2024. Bronze ging an Großbritannien. 03: Rapper wird für Dressur-Finale zum Reiter - spoton_article_1072180
Werth war es auch, die das deutsche Team mit einem starken Ritt auf Gold-Kurs manövrierte, nachdem Wandres im ersten Umlauf zuvor nur den dritten Platz belegt hatte. Von Bredow-Werndl, Doppel-Olympiasiegerin von Tokio, ritt schließlich trotz eines nicht perfekten Auftritts zum Sieg. "Es war ein Krimi. Jetzt soll nochmal einer sagen, Dressur-Reiten ist nicht aufregend. Es war viel spannender als ich wollte", sagte die deutsche Schlussreiterin.
Damit hat Deutschland wieder den Mannschafts-Wettbewerb in der Dressur dominiert. Es war bereits das 15. Team-Gold, allein sieben Mal war Werth dabei. In Werths Olympia-Bilanz stehen nun acht goldene und fünf silberne Olympia-Medaillen. Die Kanutin Birgit Fischer hatte in ihrer Karriere ebenfalls acht olympische Goldmedaillen gewonnen – aber eine Silbermedaille weniger.
"Das war heute echt ein bisschen viel Gefühl. Es ist super. Ich werde mit Birgit bald einen trinken gehen. Wir haben beide echt was hingekriegt", freute sich Werth.
Doch für die 55-Jährige war es sicherlich auch emotional eine ganz besondere Medaille. Sie musste verspätet zu den Spielen anreisen. Der Grund: Ihr Vater war kurz vor dem Turnier verstorben. Sie reiste zurück nach Deutschland, um an der Beerdigung teilzunehmen, verpasst dadurch sogar das erste Training. Nun konnte sie diese emotionale Achterbahnfahrt als Rekord-Olympionikin krönen. NEU_Olympia Kompakt 14:49
Werths einzigartige Karriere hatte bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona begonnen, wo sie mit Gigolo Team-Gold gewann. Vier Jahre später feierte sie Doppel-Gold mit demselben Pferd. Weitere Goldmedaillen holte sie mit den Pferden Satchmo, Weihegold und Bella Rose. Zu Werths außergewöhnlicher Erfolgsbilanz gehören außerdem neun WM-Titel.
"Ich bin wahnsinnig stolz auf Wendy. Sie ist fantastisch, mit zehn Jahren solch eine Prüfung zu absolvieren. Ich habe schon gesagt: Wenn ich keinen Fehler mache – sie will keinen Fehler machen. Der kleine Fehler auf der Mittellinie ist meiner, ich war ein bisschen rückwärts. Ich wollte ein bisschen zu viel Kontrolle bewahren, am Ende des Tages war es eine Kleinigkeit", schwärmte Werth nach ihrem Ritt von ihrem Pferd.
Die Reiter sorgten in Versailles bereits für die zweite von insgesamt vier deutschen Goldmedaillen. In der Vielseitigkeit hatte dort Michael Jung die Einzel-Konkurrenz für sich entschieden.