Bayerns umstrittene Wolfsverordnung scheiterte wegen formaler Mängel vor Gericht. Inhaltlich sieht sich die Staatsregierung weiter im Recht. Umweltschützer sind entsetzt und äußern klare Absichten.
Dem Rechtsstreit um Bayerns umstrittene Wolfsverordnung droht eine weitere Verlängerung. Nachdem die Staatsregierung in dem Fall erst am 18. Juli eine peinliche Pleite vor Gericht erlitten hatte, weil das Regelwerk wegen eines Formfehlers für nichtig erklärt wurde, verschickte sie nun die Verordnung zur Verbändeanhörung. Über diesen Umweg soll die Wolfsverordnung wohl ungeachtet aller inhaltlicher Kritik erneut in Kraft treten.
"Wenn die Verordnung so erlassen wird, haben wir gar keine andere Möglichkeit, als erneut zu klagen", sagte der Vorsitzende des Bund Naturschutz in Bayern, Richard Mergner, der Deutschen Presse-Agentur in München. Die neue Verordnung unterscheide sich nicht von der alten – "sie ist tatsächlich identisch. Aus unserer Sicht ist das höchst problematisch und nicht nachvollziehbar." Vertreter der Staatsregierung hatten bereits unmittelbar nach dem Urteil erklärt, die Verordnung inhaltlich nicht ändern zu wollen.
Mergner: Regierung verschwendet Zeit und Steuergeld
"Auch wenn das Verwaltungsgericht in seinem jüngsten Urteil die alte Verordnung lediglich wegen eines Formfehlers zu Fall gebracht hat, die inhaltlichen Mängel sind offensichtlich. Die Staatsregierung handelt hier grob fahrlässig und verschwendet Zeit und Steuergelder", betonte Mergner.
Der umstrittenen bayerischen Regelung zufolge dürfen seit Mai 2023 Wölfe abgeschossen werden, wenn sie die Gesundheit des Menschen oder die öffentliche Sicherheit gefährden - etwa wenn sie sich mehrfach Menschen auf unter 30 Meter nähern oder wenn sie über mehrere Tage in einem Umkreis von weniger als 200 Metern von geschlossenen Ortschaften, Gebäuden oder Stallungen gesehen werden.
Möglich wäre der Abschuss laut Verordnung auch "zur Abwendung ernster landwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden". Dies zielte konkret auf die Alm- und Weidewirtschaft in den Bergen. Dort können Wölfe geschossen werden, wenn sie in "nicht schützbaren Weidegebieten" auch nur ein einziges Nutztier töten. Das sind Gebiete, bei denen ein Herdenschutz entweder nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
Bundestagsgutachten bezweifelt bayerische Verordnung
Die bayerische Wolfsverordnung ist nicht nur bei Tier- und Naturschützern umstritten: Auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags war bereits zu dem Ergebnis gekommen, dass sie nicht mit dem geltenden Bundes- und EU-Recht vereinbar sei. Darin wird bezweifelt, dass Wölfe getötet werden können, obwohl erfolgte Schäden an Weidetieren diesen nicht eindeutig zugeordnet wurden oder werden.
In Bayern gibt es aktuell in zehn Regionen standorttreue Wölfe. Seit Mai gab es dem Landesamt für Umwelt zufolge nur drei Risse, die Wölfen zugeordnet wurden: Ende Juni zwei tote Ziegen im Landkreis Rhön-Grabfeld und Mitte Mai im selben Landkreis ein totes Schaf.